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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Unsere lange Wache ist zu Ende.«
    Kalam verzog das Gesicht zu einer Grimasse, während er die Hand des Mannes ergriff und sich ohne große Anstrengung auf die Beine gezogen fühlte. Der Assassine klopfte den Staub von seinem Gewand. »Dann seid ihr also keine Banditen.«
    Der Fremde stieß ein bellendes Lachen aus. »Nein, das sind wir nicht. Ich bin Leoman, der Hauptmann von Sha'iks Leibwache. Mein Gefährte weigert sich, Fremden seinen Namen zu nennen, und dabei wollen wir es belassen. Wir sind die beiden, die sie erwählt hat.«
    »Ich muss das Buch in Sha'iks Hände legen, Leoman, nicht in deine«, sagte Kalam.
    Der untersetzte Krieger – nach seiner Hautfarbe und seiner Kleidung zu schließen ein Kind dieser Wüste – streckte Kalam das Buch entgegen. »Das musst du, unbedingt.«
    Vorsichtig nahm der Assassine den schweren, mitgenommenen Band wieder entgegen.
    Hinter ihm erklang eine Frauenstimme. »Du darfst es mir jetzt geben, Überbringer!«
    Kalam schloss langsam die Augen; er versuchte, seine ausgefransten Nervenenden wieder zu glätten. Dann drehte er sich um.
    Es konnte nicht den geringsten Zweifel geben. Von der kleinen Frau mit der honigfarbenen Haut, die vor ihm stand, gingen wahre Wogen der Macht aus, der Geruch von windgepeitschtem Sand und Staub, der Geschmack von Salz und Blut. Ihr eher reizloses Gesicht war von tiefen Falten durchzogen, was sie so aussehen ließ, als wäre sie etwa vierzig Jahre alt, obwohl Kalam vermutete, dass sie deutlich jünger war. Die Raraku war eine grausame Heimat.
    Unwillkürlich sank Kalam auf ein Knie. Er streckte ihr das Buch entgegen. »Ich überbringe Euch, Sha'ik, die Apokalypse.« Und gleichzeitig ein Meer aus Blut. Wie viele Unschuldige werden ihr Leben lassen müssen, um Laseen zu stürzen ? Der Vermummte soll mich holen – was habe ich getan?
    Das Gewicht des Buches verschwand, als sie es ihm aus den Händen nahm. »Es ist beschädigt.«
    Der Assassine blickte auf, erhob sich dann langsam.
    Sha'ik runzelte die Stirn; sie fuhr mit einem Finger über die abgerissene Ecke des Lederumschlags. »Nun, das ist eigentlich nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass es tausend Jahre alt ist. Ich danke dir, Überbringer. Wirst du dich meinen Soldaten anschließen? Ich spüre große Fähigkeiten in dir.«
    Kalam verbeugte sich. »Das kann ich nicht. Meine Bestimmung liegt anderswo.« Flieh, Kalam, bevor du die Fähigkeiten dieser Leibwächter auf die Probe stellst. Flieh, bevor die Unsicherheit dich tötet.
    Ihre dunklen Augen verengten sich, als sie ihn forschend anblickte, dann weiteten sie sich plötzlich. »Ich spüre etwas von dem Wunsch, den du in dir trägst, obwohl du ihn gut abschirmst. Dann reite also, der Weg nach Süden steht dir offen. Mehr noch, du sollst eine Eskorte bekommen ...«
    »Ich brauche keine Eskorte, Seherin ...«
    »Und wirst dennoch eine bekommen.« Sie gestikulierte mit den Händen, und eine massige, plumpe Gestalt tauchte aus dem Zwielicht auf.
    »Heilige ...«, zischte Leoman warnend.
    »Du stellst meine Entscheidungen in Frage?«, schnappte Sha'ik.
    »Der Toblakai ist so viel wert wie eine ganze Armee, und auch mir mangelt es nicht an Fähigkeiten, Heilige, aber ...«
    »Seit ich ein Kind war«, unterbrach ihn Sha'ik mit gereizter Stimme, »hat vor allem eine Vision immer wieder von mir Besitz ergriffen. Ich habe diesen Augenblick tausendmal gesehen, Leoman. In der Morgendämmerung werde ich das Buch öffnen, und der Wirbelwind wird sich erheben, und ich werde daraus ... erneuert hervorgehen. ›Klingen in den Händen, und handlos in Weisheit‹, das sind die Worte des Windes. Jung und doch alt. Das eine Leben unversehrt, das andere unvollendet. Ich habe gesehen, Leoman!« Sie unterbrach sich, holte tief Luft. »Ich kann keine andere Zukunft außer dieser einen sehen. Wir sind in Sicherheit.« Sha'ik wandte sich wieder Kalam zu. »Ich habe vor kurzem ein ... ein Schoßtier erworben, das ich dir jetzt mitgeben werde, Überbringer, denn ich spüre, dass du ... Möglichkeiten in dir trägst.« Sie winkte erneut.
    Die große, plumpe Gestalt kam näher, und unwillkürlich trat Kalam einen Schritt zurück. Sein Hengst stieß ein leises Wiehern aus und begann am ganzen Leib zu zittern.
    Leoman ergriff das Wort. »Ein Aptorian, Überbringer, aus dem Reich des Schattens. Er ist von Schattenthron in die Raraku geschickt worden, um ... zu spionieren. Jetzt gehört er Sha'ik.«
    Die Kreatur war ein Gestalt gewordener Albtraum. Sie hockte auf zwei

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