Das Rosie-Projekt
Selektionskriterien zu lockern, wie ich es bereits beim Alkoholkonsum getan hatte.
Die logische Schlussfolgerung lautete, Rosie zu kontaktieren und ihr zu erklären, dass das Vaterprojekt doch keine gute Idee sei. Nach meiner Rückkehr vom Markt um 6 : 43 Uhr rief ich sie an und hinterließ die Nachricht, sie möge mich zurückrufen. Beim Auflegen schwitzte ich, obwohl es an dem Morgen noch kühl war. Hoffentlich bekäme ich kein Fieber.
Rosie rief zurück, während ich eine Vorlesung hielt. Normalerweise stelle ich mein Handy dabei aus, aber ich hatte diese Angelegenheit dringend hinter mich bringen wollen. Die Aussicht auf ein Gespräch, in dem ich ein Angebot zurückziehen musste, machte mich nervös. Dazu war es äußerst unangenehm, in einem Saal voller Studenten zu telefonieren, vor allem, da ich ein Mikrophon am Kragen trug.
Alle Anwesenden konnten meinen Teil des Gesprächs mit anhören.
»Hallo, Rosie.«
»Don, ich wollte nur danke sagen, dass Sie das für mich tun. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie sehr mich diese Sache zermürbt hat. Kennen Sie die kleine Cafeteria gegenüber dem Gebäude für Wirtschaftswissenschaften –
Barista’s
? Wie wäre es morgen um zwei?«
Nun, da Rosie mein Angebot angenommen hatte, wäre es unmoralisch und quasi ein Vertragsbruch gewesen, es zurückzuziehen.
»Im
Barista’s
morgen um 14 : 00 Uhr«, bestätigte ich, wobei ich aufgrund mentaler Überlastung vorübergehend keinen Zugang zum Terminkalender in meinem Kopf hatte.
»Sie sind ein Schatz«, antwortete sie.
Ihr Tonfall deutete darauf hin, dass sie damit das Gespräch beenden wollte. Nun war ich an der Reihe, eine Standardformel zu erwidern, und die offensichtlichste wäre die simple Wiederholung ihrer Phrase gewesen. Aber selbst mir war klar, dass das keinen Sinn ergab. Sie war die Nutznießerin meines Schatz-Seins, da ich über die erforderlichen Genetikkenntnisse verfügte. Bei späterem Nachdenken fiel mir ein, dass ich einfach »Auf Wiedersehen« oder »Bis dann« hätte sagen können, aber mir blieb keine Zeit zum Nachdenken. Auf mir lastete ein beträchtlicher Druck, zügig eine Antwort zu geben.
»Ich mag Sie auch.«
Der gesamte Hörsaal brach in Applaus aus.
Eine weibliche Studentin in der ersten Reihe sagte: »Cool.« Sie grinste.
Zum Glück bin ich es gewohnt, unbeabsichtigt Heiterkeit hervorzurufen.
Ich war nicht allzu unglücklich, dass ich das Vaterprojekt nicht hatte ablehnen können. Der für den DNA -Test benötigte Arbeitsumfang war gering.
Wir trafen uns am nächsten Tag um 14 : 07 Uhr im
Barista’s
. Unnötig zu erwähnen, dass Rosie schuld an der Verspätung war. Meine Studenten saßen bereits in der Vorlesung, die um 14 : 15 Uhr beginnen sollte, und warteten auf meine Ankunft. Eigentlich hatte ich Rosie nur kurz informieren wollen, wie sie an eine DNA -Probe herankommt, aber sie schien nicht in der Lage, die Instruktionen aufzunehmen. Im Nachhinein betrachtet, habe ich möglicherweise zu viele Optionen mit zu minuziösen technischen Details in zu hoher Geschwindigkeit präsentiert. Da insgesamt nur sieben Minuten Zeit waren, um das Problem zu besprechen (eine Minute musste ich für den Spurt zum Hörsaal abrechnen), einigten wir uns als einfachste Lösung darauf, dass wir die Probe zusammen nähmen.
Samstagnachmittag trafen wir am Wohnhaus des vermuteten Vaters ein, Dr. Eamonn Hughes. Rosie hatte uns telefonisch angekündigt.
Eamonn sah älter aus, als ich erwartet hatte. Ich schätzte ihn auf sechzig mit einem BMI von dreiundzwanzig. Eamonns Frau mit Namen Belinda (etwa fünfundfünfzig, BMI achtundzwanzig) kochte uns Kaffee, wie Rosie vorausgesagt hatte. Das war entscheidend, da wir den Rand der Kaffeetasse als idealen Bezugsort für eine Speichelprobe erkoren hatten. Ich saß neben Rosie, vorgeblich als ein Freund. Eamonn und Belinda saßen uns gegenüber, und ich hatte Schwierigkeiten, nicht ständig auf Eamonns Tasse zu starren.
Zum Glück musste ich keinen Smalltalk halten. Eamonn war Kardiologe, und wir führten ein faszinierendes Gespräch über Markergene für Herzkrankheiten. Schließlich leerte er seine Kaffeetasse, und Rosie stand auf, um das Geschirr in die Küche zu bringen. Dort würde sie einen Abstrich vom Tassenrand nehmen, so dass wir eine ausgezeichnete Probe hätten. Beim Besprechen des Plans hatte ich eingewendet, dies stelle einen Bruch gesellschaftlicher Konventionen dar, doch Rosie hatte versichert, sie kenne Eamonn und Belinda gut genug, um
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