Das Rosie-Projekt
Skelett, aber für mein Tanztraining war das nicht weiter relevant. Ich erklärte Gene, wozu ich es brauchte, und deutete auf das Plakat mit der Filmszene aus
Grease
, das an meiner Bürowand hing.
»Aha«, meinte Gene. »Dann ist also gerade Ms. Right – entschuldige, Dr. Right – in deine Mailbox gefallen?«
»Sie heißt nicht Wright«, erwiderte ich, »sondern Rivera.«
»Foto?«
»Nicht nötig. Die Verabredungsdaten sind sehr präzise. Sie begleitet mich zum Fakultätsball.«
»Ach, du Scheiße.« Gene verfiel in Schweigen, und ich nahm meine Tanzübung wieder auf. »Don, der Fakultätsball ist übernächsten Freitag.«
»Korrekt.«
»Du kannst nicht in neun Tagen tanzen lernen.«
»Zehn. Ich habe gestern schon angefangen. Die Schritte sind leicht zu behalten. Ich muss nur den Ablauf üben. Es ist deutlich weniger anspruchsvoll als Kampfsport.«
Ich demonstrierte eine Sequenz.
»Sehr beeindruckend«, sagte Gene. »Setz dich hin, Don.«
Ich setzte mich.
»Ich hoffe, du bist nicht allzu sauer wegen Rosie.«
Das hatte ich schon fast vergessen. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass sie Psychologie studiert? Und von eurer Wette erzählt?«
»Nach dem, was Claudia erzählt, hattet ihr doch viel Spaß zusammen. Ich dachte, wenn sie selbst es dir nicht sagt, wird es schon einen Grund haben. Sie mag ein bisschen durchgeknallt sein, aber nicht dumm.«
»Das klingt logisch«, sagte ich. Warum soll man mit einem Psychologieprofessor über zwischenmenschliche Interaktionen streiten?
»Ich bin froh, dass wenigstens einer von euch damit klarkommt«, meinte Gene. »Ich muss dir gestehen, dass Rosie ein bisschen sauer auf mich war. Ein bisschen sauer auf das Leben im Allgemeinen. Hör zu, Don, ich habe sie überredet, auf den Ball zu gehen. Allein. Wenn du wüsstest, wie oft Rosie meinen Rat befolgt, wüsstest du auch, wie schwer das war. Ich wollte dir dasselbe vorschlagen.«
»Deinen Rat anzunehmen?«
»Nein, auf den Ball zu gehen – allein. Oder mit Rosie als Begleitung.«
Jetzt begriff ich, was Gene vorhatte. Er war so sehr auf sexuelle Anziehung fokussiert, dass er sie überall witterte. Doch diesmal lag er falsch.
»Rosie und ich haben die Beziehungsfrage eingehend erörtert. Keiner von uns ist interessiert.«
»Seit wann diskutieren Frauen irgendetwas eingehend?«, fragte Gene zurück.
Ich besuchte Claudia, um mir einen Rat wegen der entscheidenden Verabredung mit Bianca zu holen. Ich nahm an, als Genes Frau wäre sie an dem Abend ebenfalls zugegen, und wies darauf hin, dass ich möglicherweise Unterstützung bräuchte. Wie sich herausstellte, wusste sie noch nicht einmal von dem Ball.
»Sei einfach du selbst, Don. Wenn sie dich nicht so will, wie du bist, ist sie auch nicht die Richtige für dich.«
»Ich denke, es ist unwahrscheinlich, dass irgendeine Frau mich so akzeptiert, wie ich bin.«
»Was ist mit Daphne?«, fragte Claudia.
Das stimmte – Daphne war anders als die Frauen, mit denen ich ausgegangen war. Ein exzellenter Therapieansatz Claudias: Widerlegung durch ein Gegenbeispiel. Vielleicht wäre Bianca eine jüngere, tanzende Version von Daphne.
»Und was ist mit Rosie?«, fragte Claudia.
»Rosie ist vollkommen ungeeignet.«
»Danach habe ich nicht gefragt«, sagte Claudia. »Nur, ob sie dich so akzeptiert, wie du bist.«
Ich dachte einen Moment lang darüber nach. Es war eine schwierige Frage.
»Ich glaube, ja. Weil sie mich nicht als Partner in Betracht zieht.«
»Wahrscheinlich ist es gut, dass du so fühlst«, meinte Claudia nur.
Fühlst! Fühlen, fühlen, fühlen! Gefühle störten mein Wohlbefinden. Zusätzlich zu dem drängenden Wunsch, lieber am Vaterprojekt weiterzuarbeiten als am Ehefrauprojekt, spürte ich beträchtliche Beunruhigung, was meine Verabredung mit Bianca betraf.
Mein ganzes Leben lang bin ich für meinen auffälligen Mangel an Emotionen kritisiert worden, als wäre dies irgendein Makel. In Gesprächen verlangen Psychiater und Psychologen – einschließlich Claudia – immer, ich solle mehr auf meine Gefühle »hören«. Was sie in Wirklichkeit meinen, ist, dass ich ihnen nachgeben soll. Ich bin absolut zufrieden damit, Gefühle zu entdecken, zu klassifizieren und zu analysieren. Es ist eine nützliche Fähigkeit, und ich wäre gern besser darin. Hin und wieder kann ich ein Gefühl auch genießen – Dankbarkeit meiner Schwester gegenüber, die mich auch in schlechten Zeiten besuchte, das primitive Wohlbefinden nach einem Glas Wein –, aber
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