Das Rosie-Projekt
ohne Verpflichtungen haben wollte, wäre sie die perfekte Kandidatin. Auch sie empfindet mir gegenüber keine emotionale Bindung.«
»Warum dann der Stress?«, wollte Gene wissen. »Hast du schon mal Sex gehabt?«
»Natürlich«, antwortete ich. »Mein Arzt ist sehr dafür.«
»Die Grenzgebiete medizinischer Wissenschaft«, kommentierte Gene.
Das sollte vermutlich ein Witz sein. Ich denke, die Vorzüge von regelmäßigem Sex sind hinreichend bekannt.
Ich fuhr fort: »Natürlich würde es mit einer zweiten Person komplizierter werden.«
»Natürlich«, meinte Gene. »Das hätte ich mir denken können. Warum besorgst du dir nicht ein Buch?«
Die Informationen waren auch im Internet abrufbar, aber schon wenige Minuten nachdem ich die Suchergebnisse für »Stellungen Geschlechtsverkehr« studiert hatte, war ich überzeugt, dass mir ein Buch bessere Anleitungen bei einer geringeren Anzahl irrelevanter Informationen bieten würde.
Ich hatte kein Problem, ein passendes Buch zu finden, und schlug in meinem Büro willkürlich eine Stellung auf. Sie hieß »Umgekehrte Cowboy-Stellung (Variante 2 )«. Ich probierte sie aus – sie war ganz leicht. Aber wie ich Gene bereits gesagt hatte, bestand das Problem in der Einbeziehung einer zweiten Person. Ich holte das Skelett aus dem Wandschrank und drapierte es gemäß der Abbildung auf meinem Körper.
An der Universität besteht die Regel, dass niemand eine Tür öffnet, ohne vorher anzuklopfen. Gene missachtet das bei mir gelegentlich, doch wir sind gute Freunde. Die Dekanin zähle ich nicht zu meinen Freunden. Es war ein peinlicher Moment – vor allem, da die Dekanin in Begleitung war –, aber einzig und allein ihr Fehler. Zum Glück hatte ich meine Kleider anbehalten.
»Don«, sagte sie, »wenn Sie die Reparatur des Skeletts für einen Moment unterbrechen könnten, möchte ich Ihnen Dr. Peter Enticott aus dem medizinischen Forschungsausschuss vorstellen. Ich habe Ihre Arbeit über Zirrhose erwähnt, und er wollte Sie gern kennenlernen. Um gegebenenfalls ein
Förderungspaket
in Erwägung zu ziehen.« Sie betonte es so, als läge mir Universitätspolitik derart fern, dass ich vergessen hätte, wie wichtig ihr finanzielle Förderpakete waren. Sie lag richtig damit.
Ich erkannte Peter sofort. Er war der einstige Vaterkandidat, der an der Deakin University arbeitete und Anlass für den Tassenklau gegeben hatte. Er erkannte mich ebenso.
»Don und ich sind uns bereits begegnet«, sagte er. »Seine Freundin will sich bei uns für ein Medizinstudium bewerben, und erst vor kurzem haben wir uns auch auf einer Gesellschaft getroffen.« Er zwinkerte mir zu und wandte sich wieder an die Dekanin: »Ich glaube, Sie zahlen Ihrem wissenschaftlichen Personal nicht genug.«
Wir führten eine angeregte Diskussion über meine Arbeit mit alkoholisierten Mäusen. Peter wirkte sehr interessiert, und ich musste ihm wiederholt versichern, meine Forschungsarbeit sei so angelegt, dass ich keine externe Förderung benötige. Die Dekanin machte seltsame Bewegungen mit den Händen und verzerrte ihr Gesicht, weil sie mich wohl dazu bringen wollte, meine Studie falsch und als förderungsbedürftig darzustellen, so dass sie das Geld einem anderen Projekt zuteilen könnte, das für sich genommen keine Förderung verdiente. Ich zog es vor, den Begriffsstutzigen zu spielen, doch das verstärkte die Signale der Dekanin nur. Erst später fiel mir ein, dass ich das Buch mit den Sexstellungen vielleicht nicht offen auf dem Boden hätte liegen lassen sollen.
Ich entschied, dass zehn Stellungen vorerst genügen würden. Wenn die erste Begegnung erfolgreich verliefe, könnte ich immer noch mehr lernen. Es hatte nicht lange gedauert – weitaus weniger Zeit als der Cha-Cha-Cha. Hinsichtlich einer Aufwand-Ergebnis-Bilanz schien es dem Tanzen also vorzuziehen zu sein, und ich freute mich schon sehr darauf.
Ich besuchte Rosie an ihrem Arbeitsplatz. Der Bereich der Doktoranden war ein fensterloser Raum mit ringsum Tischen an den Wänden. Ich zählte acht Studenten einschließlich Rosie und Stefan, deren Tische nebeneinanderstanden.
Stefan lächelte mich schief an. Er war mir immer noch nicht sympathisch.
»Sie sind überall auf Facebook zu sehen, Don.« Er drehte sich wieder zu Rosie. »Du wirst deinen Beziehungsstatus ändern müssen.«
Auf seinem Bildschirm prangte ein eindrucksvolles Foto von Rosie und mir, ähnlich dem, das der Fotograf mir geschenkt hatte und das jetzt zu Hause neben meinem
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