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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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Meinung, dass diese nur Müll produzierten. Doch die Abtreibung, von ihren Freundinnen wie ein Verhütungsmittel benutzt, schien sie am Boden zu zerstören.
    Ich wartete vor ihrer Wohnung auf sie, als sie aschgrau im Gesicht und auf wackeligen Beinen zurückkam. In einen Bademantel gehüllt, lag sie zwei Tage auf dem Sofa. Daran, dass sie weder trank noch rauchte, merkte ich, wie schlecht es ihr ging. Die Schuld daran wurde mir in die Schuhe geschoben, doch ich blieb neben ihr sitzen und sah aus dem Fenster, bis sie vom Sofa aufstand, herumzuschreien begann und mir vorwarf, nicht begriffen zu haben, was die Sache für sie bedeute.
    »Das war meine einzige Chance, ein Kind zu kriegen! Stell dir vor, ich lerne niemanden mehr kennen! Stell dir vor, ich bleibe allein! Kapiert du denn nicht, dass ich mein ganzes Leben mit diesem Mord zurechtkommen muss?«
    Ich war noch zu unreif, um sie zu verstehen. Aus meiner Sicht war sie Mitte zwanzig und hatte noch endlos viel Zeit, um schwanger zu werden. Ich war davon ausgegangen, dass Sex nur eine geschäftliche Transaktion für sie war oder eine Möglichkeit, sich die Zeit mit ihren Vorgesetzten zu vertreiben. An Kinder hatte ich überhaupt nicht gedacht. Ich erholte mich noch von meiner Kindheit, und ich glaube fast, das tue ich heute noch. Man könnte Erwachsene durchaus als rekonvaleszierende Kinder bezeichnen. Sie fuhr fort: »Neulich dachte ich: Er mag mich doch nur, weil ich eine Idiotin bin. Eine Art von Unterhaltung. Und warum sollte ein Mann so etwas an einer Frau mögen? Warum bist du bis jetzt mit mir zusammen?«
    »Mir ist nie eingefallen, nicht mehr mit dir zusammen zu sein. Wir haben es doch immer nett gehabt.«
    »Außer, dass du mich nie geliebt hast. Du warst immer nur in Ajita verliebt. Du willst einfach nicht akzeptieren, dass sie verschwunden ist«, sagte sie. »Hast du nicht einmal genug Grips, um die einfachsten Dinge zu kapieren? Ich, die Frau, möchte begehrt werden - mehr begehrt werden als andere Frauen! Wenn das fehlt, fehlt auch alles andere. Glaubst du etwa, wir wären nur befreundet?«
    »Sind wir das denn nicht?«
    »Ich war in dich verliebt.«
    Ich entschuldigte mich und hörte ihr zu. Darauf verstand ich mich immerhin. Doch ich widerte sie an, und meine Unruhe führte dazu, dass sie mich verbannte. All das passte mir nicht. Sie wollte zwar ein Baby von mir, dachte aber keine Sekunde an meine Wünsche. Ja, ich hatte ihr diese nur so mangelhaft verdeutlichen können, dass ich in ihrer Rechnung offenbar so gut wie keine Rolle spielte.
    Nein, es lief nicht gut in meinem Leben. Zwei Beziehungen und ein Mord. Ich war auf dem besten Weg, ein Serienkiller zu werden. Eigentlich hätte Karen der Balsam für jene Wunde sein sollen, die Ajita mir geschlagen hatte, eine Wunde, durch die ich eine Phobie vor romantischer Nähe entwickelt hatte. Doch wie ich feststellen musste, kann man auch dann leiden und von einer Frau verletzt werden, wenn man sie nicht liebt, vor allem, wenn sie zuerst verletzt hat. Trotz eines gewissen Gewinns bleibt es jedoch ein Verlust, und alle Verluste hinterlassen Spuren und erinnern an andere Verluste, und alle muss man betrauern, auch wenn einem das nicht immer ganz gelingt.
    Nach der Trennung hatte ich die Freundschaft eigentlich aufrechterhalten wollen, doch wir hatten lange kaum etwas miteinander zu tun. Sie begann eine Beziehung mit einem Fernsehproduzenten, den sie später heiratete und der neidisch auf mich war. Doch der Kontakt zwischen uns brach nie ganz ab.
    »Aufwachen, Süßer«, sagte Karen zu mir. »Wir sind gleich da.« Wir waren viele Meilen auf schmalen Straßen gefahren, und schließlich bogen wir auf einen ungepflasterten Holperweg ein. »Ich habe das Gefühl«, sagte sie, »dass an diesem Wochenende einer von uns zwei Hübschen flachgelegt werden wird.«
    »Na, super«, erwiderte ich. »Hoffen wir mal, dass du es sein wirst.«
    ZWEIUNDZWANZIG
    Wir hatten eine hohe Mauer mit Stacheldraht oben darauf erreicht, an der wir entlangfuhren, bis wir zu einem großen Tor kamen. Karen ließ das Fenster hinunter und sagte etwas in eine Sprechanlage. Das Tor tat sich auf und enthüllte ein Landhaus.
    Draußen auf dem Hof stand Mustaqs Freund, Alan. Nicht unbedingt fest auf beiden Beinen, aber er balancierte immerhin erfolgreich einen Joint und ein Glas Wein. Er betrachtete ein großes, schwarzes Spinnennetz aus Gusseisen mit einer rot angepinselten Spinne mitten darin und kicherte dabei vor sich hin.
    »Diese Skulptur ist von

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