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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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von seinem Schritt ausbreitete.
    »Der Kerl hat mir die Eier abgeschnitten«, sagte er fassungslos.
    »Bors und das Mädchen«, forderte Tannhäuser.
    »Der Engländer ist unten«, antwortete Ponti. »Ein Wärter bewacht ihn. Das Mädchen ist oben eingesperrt. Wir wissen nicht, wo. Um die Frauen hat sich die sizilianische Alte gekümmert.«
    Tannhäuser sagte: »Und wer sollte dann Amparo töten?«
    Die Italiener schauten sich verdutzt an, wußten offensichtlich nichts davon.
    »Wir haben keine Ahnung, wovon Ihr redet.«
    »Ihr hattet keinen solchen Befehl?«
    Der Ausdruck ihrer Gesichter war Antwort genug. Tannhäuser wurde übel. »Wo ist die Alte?«
    Ponti antwortete: »Wir wissen es nicht.«
    »Stimmt es, daß der Großmeister tot ist?« rief Tasso aus.
    »Nein«, antwortete Tannhäuser. »Er bereitet gerade den Galgen für euch vor. Und für Ludovico.«
    Ihre Schultern sanken herab, mit der Resignation von Spielern, die alles riskiert und alles verloren haben.
    »Gebt auf«, sagte Tannhäuser, »dann könnt ihr wenigstens noch einen Priester sehen, ehe ihr sterben müßt.«
    Der Gedanke an das Höllenfeuer war zuviel für Tasso. Er warf sein Schwert weg.
    »Ich will nicht zum Teufel gehen«, rief er. »Gott wird uns noch vergeben.«
    Ponti jaulte auf und stürzte sich mit erhobenem Schwert erneut auf Tannhäuser. Der parierte, machte einen Schritt zur Seite und hieb auf Pontis Hand ein, dann versetzte er ihm einen heftigen Schlag mit dem Schwertknauf gegen die Knie. Tannhäuser trat zurück, und als er wieder einen sicheren Stand gefunden hatte, machte er eine weit ausladende Bewegung aus der Hüfte, schwang das Schwert und hieb Ponti mit einem einzigen Schlag den Kopf von den Schultern.
    Tannhäuser eilte auf Tasso zu, der auf die Außentür zurannte, um ihm den Weg abzuschneiden. Beide blieben stehen, als Gullu Cakie über die Schwelle trat. Er trieb die sizilianische Hexe vor sich her und hatte ihr den Arm auf den Rücken gedreht. Die Alte schaute auf die Erschlagenen und stieß einen Schrei aus. Tasso wandte sich zu Tannhäuser um und streckte ihm seine leeren Hände hin.
    »Erbarmen und einen Priester für einen Soldaten«, flehte er.
    Tannhäuser trieb ihm das Schwert unter dem Brustkorb geradewegs in die Leber. Der Mann schaute ihn anklagend an und sank sterbend zu Boden. Tannhäuser zog sein Schwert zurück, steckte es wieder in die Scheide und packte die Frau bei ihren weißen Haaren.
    »Führt mich zu Amparo!«
    Ihr zahnloser Mund schnappte zu, und ihr Gesicht bekam jenen boshaften Ausdruck, wie ihn nur alte Frauen im Winter ihrer Jahre aufbringen können. Die winzigen Augen jagten in blindem Schrecken hin und her. Tannhäuser zerrte sie schreiend hinter sich her und warf sie dann mit dem Gesicht auf den Boden. Sie kreischte, als wäre sie bereits eine Verdammte.
    Tannhäuser wandte sich ab und reichte Gullu Cakie seine Pistole.
    »Bors ist irgendwo hier unten. Ein Wächter paßt auf ihn auf.«
    Gullu nahm die Pistole und nickte. Als er durch den Flur ging, hob er Tassos Schwert auf. Tannhäuser packte die Alte und schob sie auf die Treppe zu. Sie stieg voraus wie eine wahnsinnige schwarze Spinne, zitterte und bebte unter Schreckensseufzern.Tannhäuser verspürte nicht die geringste Reue und keinen Funken Mitleid. Oben brannte eine Lampe auf einem Ständer. Tannhäuser nahm sie auf, stieß der Alten grob in den Rücken. Sie stolperte vorwärts und blieb vor einer schweren Tür stehen. Sie nestelte an ihrem Hals herum und zog an einer Schnur einen Schlüssel hervor. Sie drehte ihn im Schloß um und schob die Tür auf, fiel dann zu seinen Füßen auf die Knie, umfing seine Beine mit ihren Armen und brabbelte unverständliche Worte. Da wußte Tannhäuser, daß Ludovico gelogen hatte und daß er viel zu spät gekommen war.
    Er schaute auf die Alte hinunter. Er fragte nur: »Wer?«
    »Anacleto«, jaulte sie.
    Er schleuderte die Frau mit einem Fußtritt ins Zimmer.
    Tannhäuser ging hinein.
    Ein zitronengelbes, fahles Licht strömte durch das hohe Fenster und fiel auf das Bett, auf dem Amparo lag. Er stellte die Lampe ab und ging hinüber. Sie war nackt und kalt, und der Stoff, mit dem man sie erwürgt hatte, war noch straff um ihren Hals gespannt. Er nahm ihr den Strick ab. Er war aus Seide, vom dunklen Rot eines Granatapfels, und hatte an ihrem Hals keine Würgemale hinterlassen. Tannhäuser begriff, daß es Carlas Kleid war, das Kleid, das sie auf seinen Wunsch hin eingepackt hatte. Er warf es auf den

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