Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
bringst dich permanent in Gefahr!“ Wieder ergriff er die Kanne. „Möchte jemand?“ Sander und Igor verneinten. Er goß sich nach, setzte umständlich die Kanne ab und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Sander aufgrund der zuletzt gemachten Bemerkung erschrocken aufsah.
„Horst, ich nenne das Kind beim Namen, denn es macht keinen Sinn, um den heißen Brei herumzureden. Du bist in hohem Maße gefährdet, nicht nur aufgrund der Entdeckungen, die du im Ziarat-Gebirge gemacht hast! Daraus resultiert sicherlich die größte Bedrohung, aber auch sonst hast du es mit deinem Engagement verstanden, in einem an Komplexität kaum zu überbietenden Interessengeflecht herumzustochern, ohne zu berücksichtigen, daß dieses von jetzt auf gleich zu einem leibhaftigen Hornissennest mutieren kann. Auch dein Engagement in Belutschistan schürt das Feuer, denn es ist davon auszugehen, daß etliche Stammesfürsten einen Teil der Mineneinkommen abschöpfen, um die Taliban zu unterstützen. Dort gehst du – sicherlich guten Willens – plötzlich her und steigerst die Produktivität ihrer Minen. Na, was werden die amerikanischen Freunde wohl dazu sagen? Und natürlich kommt auch hier die Öl-Lobby wieder ins Spiel!“
Saeed bemerkte Sanders zweifelnden Blick. „Was hat mein Engagement in Belutschistan mit der Öl-Lobby zu tun?“
Der General nickte, als hätte er den Einwand erwartet. „Ich erklär es dir. In diesem Konzert der Kartelle steht alles in einem Zusammenhang! Da spannt sich der Bogen von der Thar bis nach Turkmenistan, vom Persischen Golf bis Indien, von der Arabischen See bis Shanghai – und mittendrin sitzt der Ingenieur Sander und mischt mit seinen Projekten die Szene auf! Das iranische Pipelineprojekt findet weder die Zustimmung der Amerikaner noch die der pakistanischen Öl-Lobby. Der Grund ist einfach: An der Küste der Arabischen See wollen die Amerikaner aus turkmenischem Erdgas Flüssiggas herstellen, das in Pakistan vermarktet sowie nach Indien, Taiwan, Japan, Südkorea und in andere Länder des asiatisch-pazifischen Raumes exportiert werden soll. Auf die diesbezügliche Logistik kann die pakistanische Öl-Mafia ihren einträglichen Einfluß nehmen, kaum aber auf die iranische Transitpipeline nach Indien. Also sind Amerikaner und pakistanische Ölmafia gleichermaßen engagierte Gegner der iranischen Pipeline. Das heißt im Klartext, wenn der Ingenieur Sander die Produktionsleistung der Kohlenminen in Belutschistan steigert, unterstützt er die Taliban und damit die von den Taliban in ihrem Bestand gesicherte iranische Pipeline. Leidtragende wären also nicht nur die Amerikaner, sondern auch die pakistanische Ölmafia. In logischer Konsequenz bekommt Sander Druck von beiden Seiten! Um das Fass zum Überlaufen zu bringen, bedroht wiederum die Produktion von Thar-Synthesegas nicht nur die Interessen der Amerikaner und der pakistanischen Öl-, Erdgas- und Koksimporteure, sondern auch iranische Interessen, bedeutet sie doch den möglichen Tod ihrer Friedenspipeline nach Indien. Synthesegas aus der nahe gelegenen Thar stünde in Indien im Wettbewerb zu iranischem Erdgas! Wie heißt es bei euch so zutreffend: viel Feind, viel Ehr! Ich gestehe, die Zusammenhänge haben die Qualität eines verschachtelten Dreisatzes, einen Ingenieur sollte das allerdings nicht überfordern. Stellt sich die simple Frage: Hat er sich jemals die Mühe gemacht, über derartige Wechselwirkungen nachzudenken? Ich wage das zu bezweifeln.“
Saeed unterbrach seine Ausführungen, um Sander Gelegenheit zu geben, sich hierzu zu äußern. Als dieser keine Anzeichen machte, setzte der General die entblößende Analyse fort. „Aber selbst das reichte dem Ingenieur Sander nicht! Da hält er in Karatschi einen – natürlich gut gemeinten – Vortrag vor 120 Industriellen, in dem er sich kritisch mit der Politik der Weltbank auseinandersetzt. 120 Leute sahen dich entsetzt an, als du fundiert, wie es sich für einen Ingenieur gehört, den Nachweis brachtest, daß die Finanzierungspolitik der Weltbank die pakistanische Wirtschaft stranguliert. Du erinnerst dich, daß damals euer Generalkonsul zwar Hochachtung vor deinem Mut und Engagement bezeugte, aber gleichzeitig um Verständnis bat, wenn er für die Dauer des Vortrages den Saal verließe? Da hätten doch alle Alarmglocken läuten müssen! Statt dessen stelltest du dar, daß durch bessere Ausbildung pakistanischer Fachkräfte die Verfügbarkeit der existierenden Kraftwerke von allenfalls
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