Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
noch den zweiten Hieb an die Schläfe, seinen harten Aufschlag auf dem schäbigen Linoleum, dann nur noch schwach, als sei es aus großer Ferne, wie ihn kräftige Fäuste durch die Tür in den Wohnungsflur zerrten. Gedämpft wahrnehmbares Stimmengewirr verlor sich in rauschender Unendlichkeit. Dann wurde es dunkel um ihn.
Teil 3
Tödliches Ringen
17. August, 14:20 Uhr Ortszeit; Ramstein Air Base, Colonel Matthews‘ Office
„Herein!“ dröhnte Roy Matthews sonore Stimme.
Ein Sergeant betrat das Büro, grüßte militärisch und meldete mit knappen Worten: „Ihr Besuch, Sir!“
Der Oberst erhob sich von seinem Chefsessel und musterte die hinter dem Rücken des Sergeant halb verborgen im Flur stehenden Gäste mit neugierigem Interesse. „Treten Sie näher, meine Herren!“ Mit der Hand wies er in Richtung des Konferenztisches. „Bitte! Nehmen Sie Platz!“ Er blickte zu dem Sergeant hinüber. „Sie können wegtreten. Sagen Sie Stella, sie möge uns Kaffee und Tee kochen, Gebäck, das Übliche, sie weiß Bescheid.“
Cannon und Sander warteten neben den Besuchersesseln, bis der Oberst an den Tisch trat. „Bitte, setzen Sie sich doch!“ Er zeigte auf die Landschaft, deren bewaldete Höhen sich jenseits der Fensterfront in vielfältigem Grün bis zum Horizont erstreckten. Darüber spannte sich das wolkenlose Blau eines Gemüt und Seele verwöhnenden Hochsommertages. „Wunderschöner Tag heute! Willkommen in Ramstein!“ Sander spürte die kaum zu bezähmende Unruhe, wieder deutschen Boden unter den Füßen zu haben, nicht einmal 300 Kilometer entfernt von seiner Familie zu sein. Es kam ihm alles unwirklich vor, irgendwie bedrückend, als müsse er befürchten, jeden Moment aus einem Traum zu erwachen und mit lähmender Ernüchterung festzustellen, daß er sich nach wie vor in der schwarzen Hölle der Sulaiman-Mine befand. Vergebens kämpfte er gegen immer wieder aufkommende Angstgefühle an.
„Aber setzen Sie sich doch!“ Sander fuhr zusammen, als die Aufforderung des Oberst ihn aus seinen Gedanken riß. „Stella wird uns gleich etwas zu trinken und zu knabbern bringen. Erzählen Sie, wie geht‘s meinem alten Akademie- und Stubengenossen Dick Bassett? Ist der immer noch so wild? Als er mich vorgestern anrief, fielen mir schlagartig unsere Schandtaten in Annapolis ein. Aber lassen wir das für den Moment! Was Dick mir in knappen Worten berichtete, ist unglaublich, doch leider nicht undenkbar. Wir rechnen in den Staaten schon seit langem mit derartigen Attacken, allerdings vor dem Hintergrund eines fanatischen Islamismus. Was Dick als Szenario an die Wand warf, scheint mir noch ungleich gefährlicher. Das ist eine Form des Krieges, die keinerlei Kategorie zuzuordnen ist. Nicht nur die Art der Kriegsführung wird immer diffuser, sondern auch die Struktur kriegsführender Parteien. De facto kann jeder beliebige Ort zum Kriegsschauplatz werden, unangekündigt, zu jeder beliebigen Zeit, aus beliebigem Anlaß. Jeder könnte der Gegner sein. Das ist eine gänzlich neue Qualität, der wir mit traditionellen Verteidigungsstrukturen nur wenig entgegenzusetzen haben. Dick hat mich zu strengster Verschwiegenheit vergattert, fragt sich allerdings ...“
Der Oberst unterbrach seinen Vortrag, als Stella, routiniert ein prallvolles Tablett balancierend, den Raum betrat, eine minimalistisch, doch geschickt gestylte Schönheit irgendwo aus den Südstaaten, sicherlich Latina, vielleicht zwanzig Jahre alt, höchstens zweiundzwanzig. War aufgrund der Thematik die Atmosphäre eben noch spürbar angespannt, so breitete sich schlagartig eine der sommerlichen Atmosphäre angepaßte beinahe euphorische Stimmung aus. Stella verteilte in Windeseile die Utensilien auf dem Konferenztisch, goß wahlweise Tee oder Kaffee ein und entschwand mit einem grenzenlose Sympathie auslösenden Lächeln geräuschlos durch die Tür. Minutenlang noch schwang die zarte Frische ihres Parfüms durch den Raum.
Der Oberst registrierte lächelnd die Überraschung seiner Gäste. „Nun, Sie sehen, die US Air Base in Ramstein hat einiges zu bieten. Doch Vorsicht, das filigrane Äußere täuscht! Die Dame ist eine hochtalentierte Karatekämpferin, sechster Dan. Kommen wir also lieber zurück zum eigentlichen Thema. Wo war ich unterbrochen worden? Ach ja, ich wollte die Frage stellen, mit welchen Maßnahmen man dieses Übel in den
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