Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
meine Suche nach den Abgasschächten, von der Bergflanke ausgehend, aufnehmen und das Gebiet sukzessive in südwestlicher Richtung erweitern. Ist das verstanden worden?“ Aamirs Blick kreiste über seine Zuhörerschaft.
„Eine Menge Aufwand, den Sie getrieben haben! Geistig, meine ich. Kapiert hab‘ ich nichts, aber darauf kommt es jetzt nicht an. Wichtig ist: Hat‘s was gebracht?“ Diese Frage konnte nur Bassett gestellt haben! Aamir war Dank seines Vortrages, insbesondere aber der Erkenntnisse, über die er noch zu berichten hatte, selbstbewußt genug. Der Amerikaner konnte ihn nicht mehr irritieren.
„Wir bewegen uns hier in unzugänglichem Gebirge! Da spaziert man nicht einfach herum, da muß man erhebliche Erschwernisse in Kauf nehmen, insbesondere dann, wenn man Lasten zu transportieren hat und auf sich allein gestellt ist! Da ist es allemal sinnvoll, zunächst geistigen Aufwand zu treiben, um den physischen auf das unerläßliche Minimum reduzieren zu können!“ Er schaute Bassett herausfordernd an. „Ist hiermit Ihrer Bemerkung Genüge getan?“
Bassett grinste anerkennend. ‚Gar nicht so übel, der Junior!‘ „Sicher doch! Ich bin beeindruckt! Machen Sie weiter!“
Es gelang Aamir – um souveräne Abgeklärtheit bemüht – nicht, seine Freude über diese Anerkennung aus Bassetts Mund zu verbergen. Mit erkennbar gesteigerter Motivation fuhr er fort: „Ob es etwas gebracht hat? Ich würde sagen: ja! Ich hab‘ auf diese Weise die Kamine gefunden. Und nicht nur die! Auf der gedachten Verlängerung stieß ich keine fünfzig Meter entfernt auch auf die vertikalen Abluftschächte der Luftaufbereitung! Diese sind kaum sichtbar unter Felsnasen versteckt. Man sieht sie erst, wenn man unmittelbar vor ihnen steht. Zwei Dinge habe ich vor Ort festgestellt: Es findet in dem System noch immer eine natürliche Luftzirkulation statt, und die ausströmende Luft ist radioaktiv belastet! Demzufolge muß es einen Luftzutritt, vielleicht sogar einen nutzbaren Zugang, in den Produktionsbereich geben. Ferner ist zu berücksichtigen, daß ein Eindringen ohne Strahlenschutzkleidung möglicherweise lebensgefährdend ist.“
Er wies auf die Karte, die das fragliche Areal vergrößert wiedergab, dort auf zwei blau angelegte Quadrate. „Das hier ist der angenommene Standort der Generatoren, und hier, das größere Quadrat unter den Abluftaustritten, das ist das Areal, in dem ich die Säurebecken vermute, von denen Igor sprach. Beides liegt im Nahbereich der Längsachse des stillgelegten Zentralstollens. Demzufolge wäre nordöstlich davon, hier, in diesem Bereich …“ – er markierte mit dem Stift eine Stelle unterhalb der untersten Höhenkote der aus der Ebene unvermittelt aufsteigenden Bergflanke – „… der Eingang zu vermuten. Wie wir von Igor wissen, gelangte er nach Durchquerung einer Halle zu einem engen Treppenabgang, einer Wendeltreppe, die in einen wasserführenden unterirdischen Kanal mündete. Diesem mußte er über eine Wegstrecke unbekannter Länge folgen. Irgendwann verließ er nach rechts durch eine in den Fels getriebene Schleuse den Kanal. Von dort gelangte er durch einen ansteigenden Gang über eine weitere Schleuse in die unterirdische Anlage.“
Aamir tauschte die Karten aus. „Nochmals: Igor sagte, er sei durch ein großes Gebäude geführt worden, er vermutete eine Halle, um danach auf einer Wendeltreppe nach unten zu steigen. Sehen Sie, damit kann nur die Koranschule mit der angrenzenden Moschee gemeint sein. Etwas anderes bietet sich im weiten Umkreis nicht an. Deren Minarett ist übrigens das einzige Gebäude, das infolge des Erdbebens einstürzte. Auch das hat eine Bedeutung, auf die ich noch zu sprechen komme. Zäumen wir das Pferd zunächst einmal von hinten auf ...“
Bassett unterbrach unvermittelt Aamirs Vortrag: „Wo soll das Wasser herkommen? Und was soll es bewirken?“
Aamir nickte heftig. „Genau das ist der Punkt! Darum sagte ich, laßt uns das Pferd von hinten aufzäumen! Bevor wir uns der Suche nach dem Minenzugang annehmen, müssen wir zunächst recherchieren, ob es diesen unterirdischen Kanal tatsächlich in dem angenommenen Bereich gibt und welchem Zweck er ursprünglich diente, beziehungsweise, welchem Zweck er heute dient. Eines ist sicher: Ohne Wasserzufuhr ist die Aufbereitung des Plutoniums in Säurebädern nicht darstellbar!“ Aamir genoß es sichtlich, daß ihm der General und der Amerikaner plötzlich an den Lippen hingen. Er deutete hinüber zu seinem
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