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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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»Ich danke dir!«
    Am anderen Tage kam der Alte vom Ölkauf zurück. Er sagte, als er in die Nähe des Grabes kam: »Ich möchte doch wissen, ob der Bursche, der sich zu der toten Aini ins Grab gelegt hat, noch lebt, oder ob er auch gestorben ist.« Er ging zu dem Grab, legte sein Ohr an die Platten und horchte. Da hörte er, daß der Bursche mit Aini sprach. Der Alte sagte: »Sie leben beide.« Der Alte nahm die Steinplatten auf. Aini und der Bursche lachten. Aini und der Bursche stiegen aus dem Grab, dankten dem Alten und verabschiedeten sich von ihm. Aini und der Bursche gingen von dannen.
    Der Bursche sagte: »Aini, wir wollen weitab von den anderen Menschen im Wald uns ein Haus bauen und da die zwanzig Jahre, die uns zu leben erlaubt sind, verbringen.« Aini war einverstanden. Der Bursche baute im Wald ein Haus, das war stark und fest und hatte sieben Türen, so daß von außen niemand hereinkam, wenn es zugeschlossen war. In dem Haus wohnte der Bursche mit Aini. Tagsüber ging der Bursche auf die Jagd und schloß stets die sieben Türen ab. Aini konnte dann nicht aus dem Haus heraus, und es konnte außer dem Burschen, der den Schlüssel hatte, auch niemand in das Haus herein. Aini saß dann aber am Fenster und blickte in den Wald oder zum Himmel empor.
    Eines Tages kamen zwei Jäger, die der Agellid der benachbarten Ortschaft täglich zur Jagd sandte, an dem Hause der Aini vorbei. Sie sahen zum Fenster empor und sahen Aini. Sie blieben stehen und betrachteten Aini. Aini war so schön, daß die Jäger sich von dem Anblick nicht trennen konnten. Sie gingen nicht weiter zur Jagd, sondern blieben bis zum Abend stehen und betrachteten Aini. Erst abends kehrten sie in das Dorf des Agellid zurück. Der Agellid fragte die Jäger: »Weshalb kommt ihr heute ohne Jagdbeute zurück?« Die Jäger sagten: »Wir kamen im Wald an einem Hause vorbei. Eine Frau sah zum Fenster heraus, die war so schön, daß wir uns nicht entfernen konnten, sondern sie immer anschauen mußten. Keiner von uns beiden hätte vorher geglaubt, daß es etwas so Schönes auf der Erde gibt. Auch du, Agellid, hast nie etwas so Schönes gesehen.« Der Agellid sagte: »Ich werde morgen mit euch gehen und sehen, ob ihr die Wahrheit gesprochen habt. Dann will ich euch verzeihen, daß ihr heute so lässig wart.«
    Am anderen Tage ließ der Agellid sich von den Jägern den Weg zu dem Hause Ainis zeigen. Der Agellid kam zum Hause Ainis. Aini sah zum Fenster hinaus. Aini sah, daß der Agellid ein sehr schöner Mann war. Der Agellid sah Aini und blieb stumm. Er schaute Aini an und konnte nichts sagen. Er blieb bis zum Abend stehen. Als es Abend war, sagte Aini: »Mein Mann wird sogleich von der Jagd nach Hause zurückkehren. Wenn er dich trifft, wird er dich töten.« Der Agellid sagte: »Kann ich dich nicht einmal besuchen?« Aini sagte: »Mein Mann schließt das Haus jeden Tag mit den Schlössern an den sieben Türen ab; es kann daher niemand hinein. – Geh jetzt, mein Mann wird sogleich kommen.« Der Agellid ging.
    Der Agellid rief am anderen Tage alle Männer seines Dorfes zusammen und sagte: »Grabt mir ein Loch und einen Gang in dieser Richtung.« Der Agellid ließ vom Boden seiner Kammer aus einen Gang graben, der bis unter die Kammer Ainis unter dem Hause im Wald führte. Als der Bursche eines Morgens in den Wald zur Jagd gegangen war und die sieben Schlösser an den sieben Türen hinter sich abgeschlossen hatte, kam der Agellid durch den Gang und trat in die Kammer Ainis. Aini erschrak und fragte: »Weshalb bist du gekommen?« Der Agellid sagte: »Deine schöne Gestalt hat mich hierher geführt.« Aini sagte nichts mehr. Aini sah wieder, daß der Agellid ein schöner, starker Mann war. Der Agellid führte Aini zu ihrem Lager. Der Agellid legte sie nieder. Aini sagte nichts. Der Agellid beschlief Aini. Aini sagte nichts. Der Agellid lag ihr mehrmals bei. Aini sagte: »Nun geh, denn mein Mann kommt bald wieder. Schließe Freundschaft mit meinem Manne.« Der Agellid ging.
    Am anderen Tage begab sich der Agellid auf die Jagd. Der Agellid traf den Burschen und sah ihm eine Weile zu. Dann sagte er: »Du scheinst die Jagd ausgezeichnet zu können.« Der Bursche sagte: »Ich verstehe einiges davon.« Der Agellid sagte: »Lehre mich die Jagd. Alles was ich so erlege, soll dein sein.« Der Bursche jagte mit dem Agellid den Tag über. Sie gewannen viel Beute. Der Agellid gab seinen Anteil dem Burschen. Der Bursche kehrte mit reicher Beute heim. Aini sah, daß ihr

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