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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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Privatangelegenheit. Sie konnte ausgesessen, überlistet, ergründet werden. Kein vernünftiger Mensch nahm solches Zeug ernst: Wie ein Sommersturm blies es herein, blies es wieder hinaus. Als er jetzt bei Grün über die Kreuzung in Centralia rollte und mit der reflexartigen Aufmerksamkeit eines Cops die auf dem Parkplatz der Sand Bar aufgereihten fünf Harleys bemerkte, spürte er, dass er die Schwierigkeiten dieses Nachmittags nüchterner zu beurteilen begann. Es war völlig logisch, dass er außerstande – nun, sagen wir nicht willens – gewesen war, die Kühlschranktür zu öffnen. Schlimme Überraschungen machen einen vorsichtig. Im Wohnzimmer war eine Lampe durchgebrannt, aber als er zu der Schublade gegangen war, in der er ein halbes Dutzend neue Halogenlampen aufbewahrte, hatte er sie nicht öffnen können. Tatsächlich war er nicht imstande
gewesen, im gesamten Haus irgendein Schubfach, irgendeine Schiebe- oder Schranktür zu öffnen, was ihn der Möglichkeit beraubt hatte, sich eine Tasse Tee zu machen, sich umzuziehen, sich ein Mittagessen zuzubereiten oder mehr zu tun, als halbherzig in Büchern zu blättern und fernzusehen. Als die Briefkastenklappe gedroht hatte, eine Pyramide aus kleinen blauen Eiern zu verbergen, hatte er beschlossen, seine Post erst morgen herauszuholen. Er bekam ohnehin nur Bankauszüge, Zeitschriften und Werbedrucksachen.
    Wir wollen die Sache nicht übermäßig dramatisieren, ermahnt Jack sich. Ich hätte jedes Schubfach, jede Schiebe- oder Schranktür im ganzen Haus öffnen können; ich wollte nur nicht. Ich habe mich nicht davor gefürchtet, dass Rotkehlcheneier aus dem Kühlschrank oder dem Kleiderschrank quellen könnten – ich wollte nur nicht riskieren, eines der verdammten Dinger zu finden. Zeigt mir einen Psychologen, der das neurotisch nennt, und ich zeige euch einen Trottel, der keine Ahnung von Psychologie hat. Alle erfahrenen Kollegen haben mir erzählt, dass einem die Arbeit in der Mordkommission irgendwann auf den Geist geht. Teufel, schließlich habe ich deshalb den Dienst quittiert!
    Was sollte ich tun, bei der Polizei bleiben, bis ich eines Tages durchdrehe? Du bist ein cleverer Kerl, Henry Leyden, na gut, ich mag dich, aber es gibt Dinge, von denen du einfach nichts verstehst !
    Okay, er fuhr in die Sumner Street. Alle verlangten lautstark, er solle etwas unternehmen, und das tat er jetzt. Er würde Hallo zu Dale sagen, die Jungs begrüßen, sich mit diesem Fred Marshall, dem soliden Bürger mit dem verschwundenen Sohn, zusammensetzen und ihm die übliche Beruhigungspille verpassen, dass alles Menschenmögliche getan werde, blabla, das FBI arbeitet in dieser Sache eng mit uns zusammen, und das Bureau hat die besten Ermittler der Welt. Diese Beruhigungspille. Aus Jacks Sicht bestand seine Hauptaufgabe daraus, Fred Marshalls Fell zu streicheln, als wollte er eine verletzte Katze beruhigen; sobald Marshall sich wieder beruhigt hatte, war Jacks angebliche Verpflichtung der Gemeinschaft gegenüber – eine Verpflichtung, die nur in den Köpfen anderer
existierte – erfüllt, sodass er sich wieder in sein wohlverdientes Privatleben zurückziehen konnte. Passte Dale das nicht, konnte er sich in den Mississippi stürzen; passte Henry das nicht, würde Jack sich weigern, ihm weiter Bleak House vorzulesen, und ihn stattdessen zwingen, sich Lawrence Welk, Vaughn Monroe oder etwas ebenso Qualvolles anzuhören. Schlechten Dixie. Vor Jahren hatte irgendjemand Jack eine CD mit dem Titel Fats Manassas & His Muskrat All Stars Stompin’ the Ramble geschenkt. Nach dreißig Sekunden Fats Manassas würde Henry um Gnade winseln.
    Bei dieser Vorstellung fühlt Jack sich wohl genug, um beweisen zu wollen, dass hinter seinem Zögern vor Schränken und Schubladen keine auf einer Phobie basierende Unfähigkeit, sondern nur eine vorübergehende Unwilligkeit gesteckt hat. Auch während seine Aufmerksamkeit anderen Dingen galt, was überwiegend der Fall war, hat der geschlossene Aschenbecher unter dem Armaturenbrett ihn gereizt und verspottet, seit er sich ans Steuer des Pickups gesetzt hat. Eine Art unheilvoller Anzüglichkeit, eine Aura von latenter Bosheit umgibt das flache Rechteck des Aschenbechers.
    Fürchtet er, hinter der Blende könnte ein kleines blaues Ei lauern?
    Natürlich nicht. Dort befindet sich nichts außer Luft und schwarzen Formteilen aus Kunststoff.
    Also kann er das Fach herausziehen.
    Vor den Fenstern des Pickups gleiten die Gebäude der Au ßenbezirke von French

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