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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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übrig bleibt, als mit einem Fuß im Grab und mit dem anderen auf der sprichwörtlichen Bananenschale zu tanzen, tanzen tun sie doch . Außerdem weiß er, dass Miller nach seiner Einberufung dem Arrangeur Billy May von seinem Vorsatz erzählt hat, »aus diesem Krieg als irgendeine Art Held rauszukommen«, und hol’s der Teufel, er hat Wort gehalten, was?
    Henry erreicht das Mikrofon und lässt die rotierende LP mit einer nachlässigen Bewegung der rechten Hand auf den Plattenteller gleiten. Die Menge applaudiert ihm mit einem gehauchten Oh.
    »Willkommen, willkommen, all ihr Hepcats und Hepkitties«, sagt Henry. Aus den Lautsprechern kommen seine Worte in der flüssigen, leicht abgehobenen Redeweise eines wahren Rundfunkreporters aus dem Jahr 1938 oder 1939, einem jener Männer, die Live-Übertragungen aus Tanzlokalen und Nightclubs zwischen Boston und Catalina kommentierten. Honig troff über die Lippen dieser Musen der Nacht, denen nicht so leicht etwas entging. »He, sagt mal, ihr Alligators, gibt’s eine bessere Art, eine swingende Soiree zu beginnen, als mit Glen Miller? Kommt schon, Brüder und Schwestern, lasst mich ein Yeah hören!«
    Von den Bewohnern des Maxton – von denen einige bereits auf der Tanzfläche sind, während andere in unterschiedlichen
Posen von Verwirrung oder geistiger Leere in Rollstühlen an ihren Rändern hocken – kommt eine geflüsterte Antwort, weniger ein Partyschrei, als das Rascheln eines Herbstwindes in kahlen Baumkronen. Symphonic Stan grinst wie ein Hai und hebt beide Hände, als wollte er eine tobende Menge beschwichtigen; dann wirbelt er herum wie ein von Chick Webb inspirierter Tänzer im Savoy Ballroom. Seine Frackschöße breiten sich wie Schwanenflügel aus, seine glänzenden Füße fliegen und landen und fliegen erneut. Im nächsten Augenblick erscheinen zwei schwarze Wasserbälle auf den Handflächen des DJs, von denen einer durch einen Taschenspielertrick verschwindet, während der andere auf dem Plattenteller landet.
    »All-reety, all-righty, all-rooty, ihr Hoppin’ Hens und Boppin’ Bunnies, hier kommt der Sentimental Gentleman, Mr. Tommy Dorsay persönlich, also greift euch euren Schatz und legt los, während der Sänger Dick Haymes, der Stolz von Buenos Aires, Argentinien, die musikalische Frage stellt ›How Am I to Know You?‹. Frank Sinatra hat das Gebäude noch nicht betreten, Brüder und Schwestern, aber das Leben ist trotzdem fein wie, mmmh, Wein.«
    Rebecca Vilas will ihren Augen nicht trauen. Dieser Kerl schafft es, praktisch alle auf die Tanzfläche zu holen, sogar einige der Rollstuhlfahrer, die jetzt wie die besten Tänzer herumwirbeln. In seinem exotischen, staunenswerten Outfit herausgeputzt ist Symphonic Stan – Henry Leyden, korrigiert sie sich selbst – abgedroschen und atemberaubend, absurd und überzeugend, alles zugleich. Er ist wie … eine Art Zeitkapsel, nur seiner Rolle und dem verpflichtet, was diese alten Leute hören wollen. Er hat sie wie durch Zauberei ins Leben zurückgeholt – in so viel Jugend, wie noch in ihnen steckte. Unglaublich? Das ist das einzig passende Wort. Menschen, die sie als schlurfende Zombies abgeschrieben hatte, blühen vor ihren Augen auf. Was Symphonic Stan angeht, führt er sich wie ein eleganter Derwisch auf, sodass ihr Wörter wie verbindlich, geschliffen, weltmännisch, sexy, lässig, geschmeidig einfallen – Ausdrücke, die in ihrer Gesamtheit nur auf ihn zutreffen. Und dieser Trick mit den rotierenden Schallplatten! Wie macht er das nur?

    Sie merkt gar nicht, dass sie mit einem Fuß den Takt mitklopft und sich zum Rhythmus der Musik wiegt, bis Henry »Begin the Beguine« von Artie Shaw auflegt, worauf sie buchstäblich ihre eigene Beguine beginnt, indem sie allein zu tanzen anfängt. Henrys Hepcat-Jive, der Anblick so vieler weißhaariger, violett getönter und kahlköpfiger Menschen, die über die Tanzfläche gleiten, Alice Weathers glückstrahlend in den Armen keines anderen als des schwermütigen Thorvald Thorvaldsens, Ada Meyerhoff und »Tom Tom« Boettcher, die sich mit ihren Rollstühlen umkreisen, der mitreißende Beat der Musik, der alles unter der einschmeichelnden Strahlkraft von Artie Shaws Klarinette verschmelzen lässt, alle diese Dinge vereinigen sich plötzlich auf magische Weise zu einer Vision irdischer Schönheit, die Rebecca brennende Tränen in die Augen treibt. Sie hebt lächelnd die Arme, dreht sich und wird im nächsten Augenblick mit erfahrenem Griff von Tom Toms

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