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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Wolff
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kann ihr in Dienst und Fron große Erleichterungen gewähren, kann sie hier auf dem Abtshofe bei euch wohnen lassen –«
    »Mit dem unauslöschlichen Makel der Hörigkeit wie mit einem ihr vom Henker aufgebrannten Schandmal gezeichnet,« fiel der Bürgermeister wieder heftig werdend ein.
    »Ein unsichtbares, nur eingebildetes,« sagte der Freiherr. »Es ist keine Strafe und keine Schande, wie auch eine alte Narbe von einem Schwerthieb kein Schimpf ist, sondern eine Ehre.«
    »Dieter, du bist ein freier Herr, und ich bin ein freier Bauer,« sprach Christoph. »Wir haben beide für unser Vaterland mit dem eingedrungenen Feinde gekämpft und können von ehrenvollen Narben reden. Wunden, die das Wildfangrecht schlägt, verharschen niemals.«
    »Ja, Chrischtoph, – mehr, als ich gesagt habe, kann ich nicht tun,« erwiderte der Freiherr achselzuckend.
    »Das seh ich noch nicht ein,« sprach der Bürgermeister. »Wozu hast du deine fast unbeschränkte Vollmacht?«
    »Am Gesetz findet sie ihre unübersteigbare Schranke.«
    »Du nennst das ein Gesetz; ich nenn es eine frevelhafte Willkür, eine unerhörte Tyrannei.«
    »Ich habe dir schon versprochen, Chrischtoph, die Willkür zu mäßigen soviel ich nur irgend vermag.«
    »Wohl! das weiß ich dir Dank, Dieter! aber – –«
    »Noch ein Aber?«
    Christoph nickte. »Das traurigste muß ich dir nun noch offenbaren.«
    Dietrich von Remchingen blickte den Freund erwartungsvoll an.
    »Unsere Trudi und der älteste Sohn Gersbachers lieben sich und wollten sich heiraten. Das ist nun nicht möglich, Franz Gersbacher kann keine Hörige freien. Das Wildfangrecht macht alle ihre Hoffnungen jämmerlich zunichte, sie müssen ihrem Glück entsagen.«
    »Chrischtoph, wenn ich ein junger Bursch wäre und liebte ein Mädchen, so nahm' ich's zum Weib, auch wenn's hörig wäre,« kam es fast jugendlich aus des Freiherrn Munde.
    »Und würdest damit selber hörig,« warf der Bürgermeister ein. »Unfreie Hand zieht die freie nach sich.«
    »Wer sagt das?«
    »Der Schultheiß Gottfried Bosinger, und der muß es wissen.«
    »Das ist ein Irrtum, eine falsche Auslegung der Bestimmungen.«
    »'s ist eben Wildfangrecht,« bemerkte der Bürgermeister mit beißendem Spott.
    »Nein, das ist nicht Wildfangrecht,« widersprach der Freiherr, »wenigstens steht diese Klausel nicht in dem jüngst proklamierten Edikt. Vor hundert oder zweihundert Jahren mag das so gehandhabt worden sein; heute gilt das meines Wissens nicht mehr.«
    Christoph erhob sich. »Das gibt der Sache ein anderes Gesicht,« sagte er freudig aufatmend. »Aber wenn auch,« fuhr er schnell wieder ernüchtert fort, »Florian Gersbacher läßt es nicht zu, daß sein Sohn eine Hörige nimmt.«
    »Wenn er sich weigert, so beruft euch auf mich und auf das, was ich dir zugestanden habe,« tröstete ihn der Freiherr. »In ihrer Liebe soll Trudi frei sein; bis ins Herz hinein soll das Wildfangrecht nicht greifen, das laß ich nun wieder nicht zu. Steht eure Niftel in meiner Gewalt, so steht sie auch unter meinem Schutz. Also macht euch keine unnützen Sorgen, Alter!« schloß er und erhob sich ebenfalls.
    »Unnütze, Dieter? mit all deinem Troste kannst du sie mir nicht verscheuchen,« sprach der Bürgermeister. »Was in dem Edikt steht oder nicht steht, weiß ich nicht, aber aufgehoben wird die Bestimmung über die Verheiratung eines Wildfanges nicht sein, also gilt sie noch, damit man statt eines gleich zwei Überrumpelte in der hinterlistig gelegten Schlinge hat. Trudi, meine Niftel, hörig und leibeigen! es ist mir wie ein Schlag vor den Kopf.«
    »Chrischtoph, du wirst bei ruhiger Überlegung anders davon denken und dann die Sorgen von dir abschütteln,« sagte der Freiherr, aber es klang matt und unsicher; er glaubte offenbar selber nicht an seine Worte. »Jetzt laß mir den Gaul bringen, 's ist Mittagszeit, und grüß' mir deine Frau Eheliebste.«
    Bald scharrte das Pferd auf dem Hofe. Nach einem festen Händedruck der beiden alten Freunde saß Dietrich von Remchingen auf und ritt finsteren Gesichtes ab.
    Als er schon zum Tore hinaus war, stand Christoph Armbruster, in Sinnen versunken, noch immer auf den Stufen vor der Tür. Dann schüttelte er hoffnungslos das Haupt, wandte sich und ging langsam ins Haus.

Sechzehntes Kapitel.
    Das Frühmahl bei Armbrusters verlief am nächsten Morgen stiller als sonst. Christoph sowohl wie Madlen saßen da, als hätten sie über Nacht das Reden verlernt, und die Mädchen tauschten mehrmals einen

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