Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Titel: Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
Vom Netzwerk:
überwältigendes Verlangen nach mir ihn alles andere vergessen ließ. Weil er seine Aufdringlichkeit mir gegenüber für einen Ausdruck seiner Liebe hielt, dachte er wohl, ich müsse es als Ehre auffassen und hinnehmen.«
    »Er hätte sich bestimmt prächtig mit Darken Rahl verstanden«, murmelte Cara. »Die beiden wären glänzend miteinander ausgekommen.« Plötzlich fragte sie verwirrt: »Ihr seid doch eine Hexenmeisterin. Wieso habt Ihr den Hundesohn nicht einfach mit Euren magischen Kräften in einen Haufen Asche verwandelt?«
    Niccis Seufzer kam aus tiefstem Herzen. Wie erklärte man mit einfachen Worten eine lebenslange, allumfassende Gehirnwäsche?
    »Ich glaube, es vergeht kein Tag, an dem ich mir nicht wünsche, ich hätte diesen widerwärtigen Kerl umgebracht. Aber da ich nun mal – genau wie er – mit den Lehren der Glaubensgemeinschaft der Ordnung aufgewachsen bin, war ich der festen Überzeugung, moralische Unbescholtenheit sei nur durch Selbstaufopferung zu erlangen. Ihren Lehren zufolge ist man den Bedürftigen verpflichtet. Gebote wie diese werden stets entweder im Namen des Allgemeinwohls, der Verbesserung der Menschheit oder des pflichtschuldigen Gehorsams gegenüber dem Schöpfer ausgesprochen.
    Der Ideologie dieses Ordens entsprechend sollen wir uns nicht etwa für diejenigen aufopfern, die in unseren Augen die anständigsten Vertreter der Menschheit sind, sondern für die Allerübelsten – nicht etwa, weil sie es verdient hätten, sondern gerade, weil sie es nicht verdient haben. Das, so die Lehre des Ordens, ist der Kern der Moral und unsere einzige Möglichkeit, uns im Leben nach dem Tod die Aufnahme in das ewige Licht des Schöpfers zu verdienen. Das Opfer der Tugendhaften besteht darin, sich in die Knechtschaft der Niederträchtigen zu begeben.
    Jagangs irdische Bedürfnisse kreisten allein um seinen Unterleib. Ich besaß, was er zu brauchen meinte, also war es meine moralische Pflicht, mich seinen Bedürfnissen zu opfern.
    Wenn Jagang mich schlug, bis ich halb bewusstlos war, und mich anschließend auf sein Bett warf, um sich nach Belieben an mir zu vergehen, dann tat ich nicht nur, was man mich als rechtens gelehrt hatte, sondern ich erfüllte meine selbstlose moralische Pflicht. Ich hasste mich sogar dafür, dass es mich zutiefst anwiderte.
    Und weil ich mich wegen meines Eigennutzes für schlecht hielt, war ich sogar überzeugt, ich hätte all die Schmerzen, die man mir in dieser Welt zufügte, sowie die ewige Strafe, die mich in der nächsten erwartete, verdient. Ich war gar nicht fähig, einen Mann zu töten, der mir, entsprechend dem mir von der Glaubensgemeinschaft des Ordens eingetrichterten Kredo, durch die Tugendhaftigkeit seiner Begierden moralisch überlegen war. Wie hätte ich einem Mann etwas antun können, dem zu dienen man mir beigebracht hatte? Wie hätte ich mich über das Leid beklagen sollen, das man mir zufügte, wo ich doch jedes bisschen und sogar noch mehr verdient hatte? Wem hätte ich meine Klage vortragen sollen, ja, worüber hätte ich mich überhaupt beklagen sollen? Etwa über mangelnde Gerechtigkeit? Das ist der ausweglose, elende Teufelskreis dieser Lehren über die Pflicht, sich dem Allgemeinwohl unterzuordnen.«
    Schweigend schlenderten sie dahin, während Nicci eine ganze Flut schrecklicher Erinnerungen über sich ergehen ließ, bis Cara nach einer Weile schließlich fragte: »Wodurch hat sich das geändert?«
    »Durch Richard«, erwiderte Nicci sanft. In diesem Moment war sie froh, dass es bereits dunkel war. Obwohl ihr die Tränen über das Gesicht liefen, reckte sie stolz das Kinn vor. »Die Lehren der Imperialen Ordnung können nur durch brutale Gewaltanwendung überdauern. Richard dagegen zeigte mir, dass niemand ein Recht auf mein Leben hat, weder auf das Leben als Ganzes noch auf Teile davon. Er zeigte mir, dass ich das Recht habe, über mein Leben selbst zu bestimmen, das niemandem außer mir allein gehört.«
    Cara betrachtete sie mit einer Art wissendem Mitgefühl. »Ich denke, da hattet Ihr eine Menge mit den Mord-Sith unter der Herrschaft Darken Rahls gemeinsam. D’Hara war damals ein Ort der Finsternis, etwa vergleichbar mit dem Leben unter der Imperialen Ordnung jetzt. Richard hat nicht nur Darken Rahl getötet, er machte auch Schluss mit diesen krankhaften Lehren, die in D’Hara galten, und gab uns zurück, was er auch Euch gegeben hat: das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.
    Ich vermute, dass Lord Rahl uns deswegen so gut verstehen

Weitere Kostenlose Bücher