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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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heraus.
    »Mörder!«, schrie sie wie besessen, stolperte und fiel auf die Knie. Ihr pelzverbrämter Mantel troff förmlich vor Blut. Es schien überall zu sein, im weißen Schleier, auf dem Gesicht und auf ihren Händen, die sie hochhielt und in Horror anstarrte. Sie schrie und schrie und wollte nicht aufhören.
    Thore und ich standen starr vor Schreck.
    Fulko dagegen hatte gleich sein Schwert in der Faust und lief auf die Kirchentür zu. Das wurde ihm zum Verhängnis, denn just, als er sie erreichte, tauchte dort ein Mann mit bluttriefender Waffe auf. Bevor wirs uns versahen, hatte unser Freund eine Schwertklinge im Leib. Mit einem Stöhnen ließ er die eigene Waffe fahren und sackte in die Knie.
    Als ich Fulko fallen sah, packte mich eine unbändige Raserei. Ich hörte weder die Frauen an den Marktständen schreien, noch Gaitelgrima, die in sich zusammengesunken wimmerte. Stattdessen sah ich nur noch den verfluchten Kerl, der ihn abgestochen hatte. Ohne Rücksicht auf mich selbst, der keinen Panzer trug, warf ich mich auf den Mann, bevor er entkommen konnte. Unsere Klingen stoben Funken. Den Schock konnte ich bis hoch in die Schulter spüren. Aber ich ließ nicht ab und bedrängte ihn mit weiteren Angriffen, denen er sich durch schnelle Seitwärtsschritte und Flucht zu entziehen suchte.
    Ich setzte nach und trat ihm in die Füße. Und als er stürzte, versetzte ich ihm einen gewaltigen Hieb in die Schulter. Er schrie wie ein frisch kastrierter Eber. Das Blut schoss aus der Wunde und dampfte purpurrot im Schnee. Aber mir war es nicht genug. Ich holte abermals aus. Diesmal fuhr ihm die scharfe Klinge in den Schädel und beendete jäh sein Schreien.
    Einen Augenblick lang sah ich verwundert auf das Schwert in meiner Hand, mit dem ich den Kerl umgebracht hatte. Dann wandte ich mich um. Ein zweiter Mann lag im Schnee und winselte um sein Leben, während Thore mit erhobenem Schwert über ihm stand. Vielleicht wäre der Kerl lebendig nützlicher als tot, fuhr es mir plötzlich durch den Sinn.
    »Warte!«, brüllte ich. Aber da hatte Thore sein Werk schon beendet. Ein heftiger Blutschwall, der sich in den Schneematsch ergoss, ein Röcheln und auch der zweite Gegner lag still.
    Um uns herum schrien immer noch die Frauen, griffen nach ihren Kindern und machten, dass sie davonkamen. Andere glotzten wie gelähmt zu uns herüber. Langsam senkte sich eine angsterfüllte Stille über den Platz. Nur Gaitelgrimas Schluchzen war zu hören.
    »Komm«, rief ich Thore zu und wandte mich zur Kirchentür, bebend vor Furcht, was wir finden würden.
    Vorsichtig und mit dem Schwert zuerst traten wir über die Schwelle. Niemand verwehrte uns den Eintritt. Innen mussten wir uns erst an die Dunkelheit gewöhnen, die nur von ein paar flackernden Kerzen durchdrungen war. Dann sahen wir das wüste Durcheinander. Umgestürzte Bänke, Männer auf dem Boden, und aus einer Ecke drang ein grässliches Stöhnen, wo einer von Drogos Wachen sich den Leib hielt. Ich kannte den Mann. Neben dem Altar hockte der alte Priester mit vor Schreck geweiteten Augen. Er wenigstens schien unversehrt zu sein.
    Und dann fanden wir ihn.
    Drogo lag auf dem Rücken, einen blutigen Dolch in der Hand, den Kopf leicht zur Seite gedreht. Er stierte mit glasigen Augen auf das Kreuz über dem Altar. Sein Mund war wie zum Schrei verzerrt. Dunkles Blut sickerte zwar noch aus einer tiefen Wunde am Hals, aber er bewegte sich nicht mehr. Auch nicht, als ich meinen Arm unter seine Schultern schob und versuchte, ihn hochzuheben.
    »Der ist tot, Mann«, flüsterte Thore hinter mir. »Nichts mehr zu machen.«
    Als ich begriff, dass er recht hatte, schossen mir Tränen in die Augen. Es war wohl eher Wut als Trauer. Ich hatte Drogo nicht besonders gemocht. Aber er war ein Hauteville gewesen. Einer von Tancreds Söhnen. Einer von uns.
    Mit dem Ärmel wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Sanft drückte ich ihm die Augen zu und ließ ihn vorsichtig wieder auf den Boden gleiten. Dann erhob ich mich. Es war Zeit, sich um Fulko und um Gaitelgrima zu kümmern.

Der neue Mann
    A ls wir wieder ins Freie traten, stand Gaitelgrima mitten auf dem Platz, die Arme wie zum Schutz um den Leib geschlungen, und starrte mit wilden Augen um sich. Sie schien jederzeit einen erneuten Angriff auf ihr Leben zu erwarten, aber da waren nur die Bauern an ihren Ständen, nicht weniger verängstigt.
    Als sie uns sah, rannte sie auf mich zu und warf sich an meine Brust. »Du musst mich hier wegbringen«,

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