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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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ich mich für meine bösen Gedanken schämte. Selbst wenn sie Drogos Tod gewünscht hätte, sie war einfach nicht kaltblütig genug.
    *
    Wir waren nun alle vier in der Burg untergebracht. Thore gefiel das nicht, aber er nahm es hin wie ein guter Soldat. Fulko war vom Feldscher versorgt worden und hatte ein ruhiges Plätzchen in Roberts alter Kammer gefunden. Seine Wunde hatte heftig geblutet, aber es schien nichts Lebenswichtiges verletzt worden zu sein. Wir hofften, dass er sich rasch erholen würde und kein Fieber bekam. Ich teilte die Kammer mit ihm, allerdings nur zum Schlafen, denn die meiste Zeit hielt ich mich in Gaitelgrimas Nähe auf.
    Wenn es unter Drogos Herrschaft häufig Streit unter den Baronen gegeben hatte, so schienen sich jetzt die Fronten zu verhärten. Gaitelgrima war nicht die Einzige, die eine Verschwörung unter den Normannen vermutete. Wie es oft so ist, zeigte einer auf den anderen, besonders Hugo Tubœuf, der mit Drogo befreundet gewesen war, beschuldigte Pierron aufs heftigste. So jedenfalls erfuhren wir aus Gerüchten, die sich in Windeseile verbreiteten. Leute aus Pierrons Umfeld dagegen ließen wissen, Drogos eigener Starrsinn sei für seinen Tod verantwortlich. Vermutlich habe er jemanden mal wieder bis zur Weißglut gereizt.
    Und so riefen die Barone ihre Gefolgsleute zusammen und ließen ihre Häuser wie Festungen bewachen. In der Stadt kam es zu handfesten Prügeleien, die nicht ohne Verletzungen abliefen. Es war, als ob ganz Melfi verrückt geworden wäre. Neben den gegenseitigen Beschuldigungen erzählte man sich an jeder Ecke auch noch andere Geschichten. Aufständische Kleinadelige aus dem Umland sollten es gewesen sein, oder Lombarden aus Gargano, die den Raub des heiligen Michael sühnen wollten, vielleicht sogar gedungene Mörder des Papstes oder des Kaisers. Natürlich wurde auch über Pandulf geredet und Byzanz. Und unter den Weibern der Stadt hielt sich besonders hartnäckig die Vermutung, es müsse sich um eine Tat aus Leidenschaft gehandelt haben. Gaitelgrima, so hieß es hinter vorgehaltener Hand, habe seine Untreue nicht länger ertragen. Nur, wer die vermeintliche Rivalin sein sollte, wusste niemand zu sagen. Aber man würde es schon noch herausfinden.
    Ich hätte etwas über Arichis sagen können. Aber wer hätte mich schon ernst genommen? Nein, nur Onfroi hatte ich vor es zu erzählen. Er würde wissen, was zu tun sei. Wenn er doch nur endlich käme, denn Boten müssten ihn längst erreicht haben.
    In der Zwischenzeit standen wir Posten vor Gaitelgrimas Kammer, und ich versuchte, so gut es ging, sie zu beruhigen, denn ihre Stimmungen schwankten zwischen ohnmächtigem Zorn, übertriebener Angst und Selbstmitleid. Es war mühsam zu beobachten und doch eine Lehre für mich, denn es zeigte, wie kleinmütig selbst eine große Fürstin sein konnte. Meine Gerlaine, obwohl ein einfaches Mädchen, hätte mehr Stärke bewiesen. Es zeigte vor allem, dass Titel und Adelswürden gar nichts über einen Menschen aussagen und dass man sich nicht davon blenden lassen sollte. Am Ende zählt nur der Mensch.
    Endlich, nach drei Tagen, tauchte Onfroi auf. Er trat in das Turmgemach, als ich mir gerade erneut Gaitelgrimas Klagen anhören musste. Sie sprang sogleich auf und flog in seine Arme.
    »Endlich bist du da, cognato «, schluchzte sie. »Die Stadt ist schrecklich unsicher geworden. Wir leben hier, als würden wir belagert.«
    Onfroi, dieser Bär von einem Kerl, strich ihr beruhigend übers Haar und hielt sie in seinen Armen mit einer Sanftheit, die mich überraschte. Sie blickte zu ihm auf.
    »Hast du ihn gesehen? Sie haben ihn unten aufgebahrt.«
    Onfroi nickte. »Ich war bei ihm, bevor ich heraufkam. Ich kann es immer noch nicht fassen. Bis vor kurzem waren wir noch zusammen in Venosa gewesen. Und nun muss ich schon den zweiten Bruder begraben.« Man merkte, dass Drogos Tod ihm naheging, obwohl er sich beherrschte.
    »Du musst die Zügel in die Hand nehmen, Onfroi, sonst zerfleischen die sich da draußen. Außerdem droht Krieg.«
    Er legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie zu ihrem Lieblingsstuhl.
    »Setz dich erst mal, Bruderweib«, sagte er fürsorglich. »Es hilft nicht, wenn du dich verrückt machst.« Sein Blick fiel auf mich, und er nickte mir zu. »Hab schon gehört, dass du die Mörder erledigt hast«, meinte er. »Ihr müsst mir erst einmal alles ganz genau erzählen.«
    Zuerst redete Gaitelgrima. Über den Streit mit Asclettin, über ihre Versöhnung mit Drogo,

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