Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
paar Huren heimlich nachts in die Burg, was die Stimmung der Männer sichtlich hob. Es ging uns also gar nicht schlecht. Nur dass fünf weitere an diesem verfluchten Fieber erkrankten, einer sogar tödlich, und die Hoffnung auf reiche Beute immer noch in weite Ferne gerückt schien.
Wieder machte sich Lando als Kundschafter auf den Weg. Er nahm ein paar Maultiere mit, um sich als Ölhändler auszugeben. Diesmal begleitete ihn Ivain, der mit seinem kleinen Wuchs und mausgrauen Haaren nicht unbedingt wie ein Normanne aussah.
Eines Tages kam eine Abordnung der Bauern zu uns, die über Viehdiebe klagten. Die Tatsache, dass sie Robert um Hilfe baten, zeigte, dass wir Fortschritte machten.
»Fremde«, sagten sie und zeigten auf die bewaldeten Höhen. Wer diese Fremden waren, konnten wir ohne Lando aber nicht aus ihnen herauskriegen.
Robert stellte eine Truppe zusammen, und wir ritten in die Berge. Zwei Tage lang durchsuchten wir die Wälder in den Schluchten des Pollino, bis wir Spuren entdeckten und bis zu einer Höhle verfolgten. Dort fanden wir bärtige, abgerissene Gestalten, die klug genug waren, sich uns nicht entgegenzustellen, denn es mangelte ihnen an ordentlicher Bewaffnung. Die Gruppe bestand aus einem guten Dutzend junger Männer, einigen Frauen und einer Handvoll Kinder, die uns furchtsam aus großen Augen ansahen. Viel später erst erfuhren wir, dass sie in einem alten Fischerboot übers Meer gekommen waren. Irgendeine Blutfehde in ihrem Land hatte sie vertrieben. In Cassano hatten sie gesagt, es seien Slawen. Später lernten wir, dass es sich um Albaner handelte, was auch immer das bedeutete, denn beide Rassen waren mir fremd. Jedenfalls verständigten sie sich nur durch Zeichensprache. Ihr Anführer nannte sich Skender, was so viel wie Alexander bedeutet.
»Was wirst du mit ihnen anstellen?«, fragte Rainulf. »Sie vertreiben?«
»Wir brauchen Krieger«, schlug Fulko vor, »und die Männer sehen doch kräftig genug aus, was meint ihr?«
Rainulf machte ein besorgtes Gesicht. »Mit denen und den neuen Knechten zusammen zählen wir dann fast einhundert Seelen. Wie sollen wir die alle ernähren?«
»Es wird schon gehen«, sagte Robert, dem Fulkos Gedanke sichtlich gefiel. Mehr Krieger war der Schlüssel zu allem anderen.
Zuerst hatten sie Angst und sträubten sich, doch als Robert und Fulko beruhigend auf sie einredeten, ergaben sie sich ins Unvermeidliche, rafften ängstlich ihre Sachen zusammen und folgten uns mit eingeschüchterten Gesichtern. Erst als wir ihnen in Scribla zu essen gaben und den Männern zeigten, wo sie ihre Hütten außerhalb der Palisade errichten sollten, begannen sie, ihre Furcht zu verlieren, und machten sich an die Arbeit.
Vor der Burg steckten wir einen Kampfplatz ab, und täglich hatten die, die nicht mit anderen Aufgaben beschäftig waren, dort ihren Umgang mit Waffen zu üben. Fulko und Ragnar waren die Lehrmeister im Reiterkampf, Thore bildete die Bogenschützen aus.
Auch die Albaner stellten sich nicht dumm an. Nur einer von ihnen mochte kein Krieger sein. Dafür ging er dem Schmied zur Hand und lernte, wie man Lanzen fertigte. Zwischen Griechisch, Lombardisch, Fränkisch und Albanisch hätte das Sprachengewirr auf der Burg nicht schlimmer sein können, dennoch klappte es mit der Verständigung von Tag zu Tag besser.
Aber es ging nicht immer alles friedlich zu. Als Thore begann, einer der Albanerinnen nachzustellen, gab es mächtig Streit. Ihr Ehemann lauerte ihm auf und verprügelte ihn, bis er nicht mehr aufstehen konnte. Als andere ihm zu Hilfe eilten, drohte ein blutiger Kampf auszubrechen. Zum Glück gelang es Rainulf, noch rechtzeitig einzuschreiten und zusammen mit Rollos Fäusten für Ruhe zu sorgen.
»Hab ich es nicht gesagt«, krähte Hamo. »Eines Tages erwischt ihn so ein Hahnrei. Und dann setzt es was.«
Die Sache hatte auch ihr Gutes, denn fortan hatten wir mehr Respekt vor den Albanern und behandelten sie nicht mehr wie halbwilde Tiere oder einfältige Kinder. Und Thore selbst vertrug sich wieder mit dem Mann, der Dardan hieß und später sein bester Schüler wurde.
Endlich, es war noch vor der Erntezeit, kehrten Lando und Ivain nach Scribla zurück.
»Wir haben uns einige Zeit in Bisignano aufgehalten«, berichtete Lando, als Robert gleich seinen Kriegsrat einberufen und mich dazugeholt hatte. »Ivain hat meinen taubstummen Gehilfen gespielt.«
»Das ist ihm bestimmt nicht schwergefallen«, grinste Rainulf. »Der sagt auch sonst kaum ein
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