Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
gedenkt, endlich wieder aufzutauchen.«
    Der Zwischenfall mit Tristan hatte mich mehr als geärgert. Ich war wütend auf diesen Kerl, aber auch wütend auf Gerlaine, auf Girard, genauso wie auf Drogo und überhaupt auf alle. Hatte Gerlaine sich mit diesem Tristan vergessen? Gewiss war sie beeindruckt gewesen, dass ein Baron ihr Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Dabei griffen die Bastarde doch allen Weibern unter die Röcke. So von ihr zu hören, hatte mich tief getroffen.
    Ich goss einen Schluck von dem rauhen Landwein in mich hinein. Der wärmte wohlig Kehle und Magen. Kaum hatte ich den Becher geleert, füllte Hermelinda nach. Was für ein herzallerliebstes Lächeln sie doch hat, dachte ich und schüttete den nächsten Becher hinunter.
    »Trink nur, Bruder«, lachte Thore. »Ist alles nicht so wichtig.«
    Langsam entspannte ich mich. Auch die beiden Frauen verloren ihre Schüchternheit. Wir brachten sie zum Lachen mit Geschichten aus unserer Zeit in Kalabrien. Und während wir dem Wein zusprachen, verwöhnten sie uns mit Leckerbissen. Thore hatte nicht übertrieben, selbst die einfachsten Dinge schmeckten herrlich. Duftendes Brot und goldgelbe Butter. Käse, von dem man gar nicht mehr lassen wollte. Dann brieten sie kleine Spießchen mit Hammelfleisch, die sie in eine Kräuterknoblauchsoße tunkten und uns in den Mund schoben. Zuletzt noch eingelegtes Obst in gesüßter Ziegenmilch. Ich wusste bald nicht mehr, wie viel ich getrunken hatte. Nur noch, dass mir die Beine schwer wurden und der Kopf ganz leicht. Und dass Hermelinda immer schöner wurde, je länger der Abend andauerte.
    Die Kienspäne waren längst erloschen, der Raum lag in tiefem Halbdunkel. Lediglich das heruntergebrannte Feuer warf noch einen schwachen Schein auf unsere vom Wein geröteten Gesichter. Wir waren träge und zufrieden, hatten schon lange geschwiegen und den Augenblick der Ruhe und Verbundenheit genossen. Hermelinda saß mir zu Füßen, mit dem Kopf auf meinem Knie. Ich strich ihr sanft durch die dunklen Locken. Im Dämmerlicht bekam ich schemenhaft mit, wie Geretrudis ihr Hemd abstreifte und Thore sich vorbeugte, um ihre Brüste zu küssen. Sie gab dabei kleine Wohllaute von sich, was mich ungemein erregte. Es war schön, und ich konnte nicht wegsehen.
    Vielleicht war es der viele Wein, aber in diesem Augenblick und in dieser Nacht kam mir alles wie die naturgegebene Vollendung eines magischen Abends vor.
    Dazu gehörte auch, dass Hermelinda sich leise erhob, mich bei der Hand nahm und zu einem der einladenden Bettkästen führte. Fast hätte ich es nicht geschafft und wäre unterwegs umgefallen. Dann lag ich auf weichen Kissen und schloss die Augen. Als mich sanfte Hände entkleideten und zärtlich über meine nackte Haut strichen, da kam mir der irre Gedanke, so müsse das Paradies der Christen sein.
    *
    Ich bin jemand, der meist früh auf den Beinen ist. Das bringt das Kriegerleben mit sich, bei dem man oft im Freien lagert und in der Nacht mit halbem Ohr auf Gefahren lauert. Schon beim ersten Vogelruf, lang vor dem Morgengrauen, ist man für gewöhnlich wach.
    Nicht so an diesem Morgen.
    Als ich langsam zu mir kam, war meine erste Wahrnehmung der süße Mädchenduft, der mich umgab. Und ein Gewicht auf meiner Brust, das zu einem Arm gehörte und einer Hand, die mein Gesicht streichelte. Ich öffnete vorsichtig ein Lid und blickte direkt in Hermelindas dunkle Augen, die mich verschmitzt musterten. Sie beugte sich vor und küsste mich. Trotz eines unbestimmten Schuldgefühls regte sich bei der sanften Berührung ihrer kleinen Brüste ein äußerst dringliches Verlangen in mir, so dass ich meine Arme um sie schlang und mich dichter an ihren Leib drängte.
    Da fiel mir Gerlaine ein, und es durchfuhr mich heiß. Was hatte ich in diesem Bett zu suchen? Ich hatte das Versprechen gebrochen, das ich ihr gegeben hatte.
    »Was ist?«, flüsterte Hermelinda und schmiegte sich dichter an mich. Ihre Finger glitten jetzt über meinen Bauch.
    Aber ich war nicht mehr bei der Sache. Und auf einmal merkte ich, dass schon seit einer ganzen Weile die Kirchenglocken läuteten. Verdammt, es musste heller Tag sein, und ich hatte eine Verabredung mit keinem Geringeren als Drogo, dem Grafen von Apulien. Auch wenn er noch nichts davon wusste. Es war eine Gelegenheit, in Ruhe mit ihm zu sprechen, ohne dass er von einer Horde von Gefolgsleuten umgeben war. Ich musste ihm von Arichis’ Warnung berichten. Und vielleicht konnte ich ihm auch von unseren Nöten in

Weitere Kostenlose Bücher