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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Menschen, dass die Götter unter ihnen auf Erden lebten. Auf der Spitze des Berges Xandos sollte Perins mächtige Festung liegen, und von Kernios glaubte man, dass er in den Höhlen des Südens wohnte, obwohl offenbar andere Überlieferungsstränge behaupten, er wohne etwas näher bei uns, nicht wahr?« Er sah Chert bedeutungsvoll an.
    Was meint er? Weiß er etwas über die Mysterien?
Chert sah Opalia an, doch die betrachtete den Hofarzt mit einer Miene, die Chert beunruhigend fand, so als ob sich gefährliche neue Gedanken in ihrem Kopf einnisteten. Aber warum sollte sich Opalia, die bodenständigste Person in der ganzen Funderlingsstadt, der Fels, auf den Chert sein ganzes Leben gegründet hatte, so für Chavens obskure Studien interessieren?
    »Später dann«, fuhr Chaven fort, »als tapfere oder frevlerische Männer schließlich den wolkenverhangenen Xandos bestiegen und keine Spur von Perins Festung fanden, kamen neue Ideen auf. Ein weiser Mann in Hierosol, Phelsas mit Namen, begann von den Vielen Welten zu künden, womit er meinte, dass die Welten der Götter sowohl mit der unseren verbunden als auch von ihr getrennt seien.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Chert. »Verbunden, aber getrennt? Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Unterbrich ihn nicht, Alter«, sagte Opalia. »Er versucht es ja zu erklären, wenn du nur zuhören würdest.«
    Chaven Makaros schien sich ein wenig dafür zu schämen, dass er der Grund für eine solche Missstimmung war. Obwohl er nun schon mehrere Tage in diesem Haus wohnte, hatte er noch immer nicht gemerkt, dass das nun mal Cherts und Opalias Art des Umgangs miteinander war — vor allem Opalias Umgang mit Chert, eine scheinbare Brummigkeit, die jedoch ihre wahren, wesentlich herzlicheren Gefühle nicht verbarg, zumindest nicht vor Chert, wenn auch Außenstehende das manchmal anders sehen mochten.
    »Habe ich zu viel geredet?«, fragte der Hofarzt. »Es ist wirklich schon spät ...«
    »Nein, nein.« Chert bedeutete ihm fortzufahren. »Opalia erinnert mich nur daran, dass ich ein Schwachkopf bin. Sprecht weiter — ich bin fasziniert. Es ist gewiss das erste Mal, dass in diesem Hause über ein solches Thema geredet wird.«
    »Ich weiß, es ist schwer zu verstehen«, sagte Chaven. »Ich habe viele Jahre bei meinem Meister damit verbracht, diese Dinge zu studieren, und habe sie immer noch nicht gänzlich durchdrungen, und es ist auch nur eine mögliche Weise, den Kosmos zu betrachten. Die Schule des Phelsas behauptet, der Fehler liege darin, unsere Welt und die Welt der Götter als feste Materie zu denken — als riesige Massen aus Erde und Stein. In Wahrheit, meinen die Phelsasianer, seien die Welten — und es gebe deren mehr als nur zwei, behaupten sie, wesentlich mehr — eher wie Wasser.«
    »Aber das ergibt doch keinen Sinn ...!«, setzte Chert an, bemerkte dann aber Opalias Blick. »Verzeiht. Bitte, fahrt fort.«
    »Das bedeutet nicht, dass die Welt aus Wasser besteht«, erklärte Chaven. »Ich will es kurz ausführen. Vor der Küste meines Heimatlandes Ulos im Süden gibt es eine kalte Strömung im Wasser — kalt genug, um sie mit der Hand zu spüren, und sogar von leicht anderer Farbe als der Rest des Hesperischen Meeres. Diese kalte Strömung zieht von den Verbotenen Landen nördlich von Settland herab, fließt entlang der Küsten von Perikal und Ulos nach Süden und schwenkt dann ins Meer hinaus, um schließlich in den Wassern draußen vor der Westküste des fernen Xand zu verschwinden. Bewegt sich dieses Wasser durch ein irdenes Rohr, so wie eine Wasserleitung in Hierosol, die Wasser über Hunderte von Meilen in die Stadt befördert? Nein. Es fließt durch anderes Wasser — es
ist
selbst Wasser — und behält dennoch seine charakteristische Kühle und Farbe.
    Ebenso, sagt die Schule des Phelsas, verhält es sich mit den Welten, unserer Welt, der Welt der Götter und anderen. Sie berühren sich, durchdringen einander und bewahren doch das, was sie ausmacht. Sie nehmen fast denselben Ort ein, sind aber nicht ein und dasselbe, und die meiste Zeit ist es nicht möglich, von einer in eine andere überzuwechseln. Die meiste Zeit vermag man die anderen nicht einmal wahrzunehmen.«
    Chert schüttelte den Kopf. »Sonderbar. Aber was haben die Spiegel damit zu tun?«
    Erstmals seit Beginn des Gesprächs schien Opalia seinen Einwand gelten zu lassen. »Ja bitte, Doktor. Was ist mit den Spiegeln?«
    Ihr Gast zog unbehaglich die Schultern hoch. Auch nach mehreren Tagen war es noch

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