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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu sagen. Jeder Tuani kennt den Namen des Edlen Shaso, und an jedem Feuer wird von seinen Ruhmestaten gesprochen. Die Leute streiten natürlich immer noch über Shasos Entscheidung — so heftig, dass der alte Tuan jede Diskussion darüber verboten hat, weil schon Leute im Streit umgekommen sind.«
    Briony schüttelte den Kopf. »Shasos ... Entscheidung?«
    »Ja.« Idite wandte sich den anderen Frauen zu und sagte etwas auf Tuani. Briony hörte den Namen Shaso heraus. Die Frauen nickten alle mit ernster Miene, und einige murmelten
»sesa, sesa«,
was Briony inzwischen als »ja, ja« entschlüsseln konnte.
    Es war ein seltsamer Gedanke, dass zu Shaso eine eigene Lebensgeschichte gehörte — eigene Mythen sogar, die sich die Leute erzählten —, obwohl sie natürlich wusste, dass er in jüngeren Jahren ein hoch geachteter Krieger gewesen war. »Welche Entscheidung, Idite? Im Moment dürft Ihr doch sicher darüber sprechen, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen. Er ist doch gleich nebenan.«
    Idite musste lachen, »Das gilt in Tuan. Hier in Marrinswalk gibt es kein Gesetz.« In ihrer eigentümlichen Aussprache klang es wie »Mah-riens-u-walke«, ein exotischer Name, der auch den Ort, den er bezeichnete, für Briony einen Moment lang exotisch machte. »Aber es gibt die Sitten, und die sind manchmal genauso streng wie das Gesetz. Seine Entscheidung war es, einen Treueschwur zu halten, den er auf dem Schlachtfeld einem ausländischen König geleistet hatte. Das bedeutete, dass er sein Land verlassen und im Land dieses Königs leben musste. Nicht einmal, als uns der Autarch von Xis überfiel, durfte Shaso zurückkehren und für uns kämpfen. Manche behaupten, ohne seine starke Hand und ohne die Furcht, die er als Heerführer fremden Armeen einflößte, habe der Große Tuan von vornherein keine Chance gegen Xis gehabt.«
    Briony brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, wovon Idite sprach. »Ihr meint die Geschichte, wie er in die Dienste meines Vaters kam? Wie er nach Südmark kam?«
    »Ja, natürlich — fast hätte ich es vergessen.« Idite hob erschrocken die Hände. »Ihr seid ja die Tochter des Olin« —
Oh-lien
in ihrem Zungenschlag. »Ich wollte Euch nicht verletzen.«
    »Ihr habt mich nicht verletzt. Ich will nur ... sprecht weiter. Erzählt mir davon.«
    »Aber ... das müsst Ihr doch alles wissen.«
    »Ich weiß aber nicht, was es für Euer Volk bedeutete.« Jetzt war die Verlegenheit auf Brionys Seite. »Ich habe mir nie Gedanken über Shasos Leben gemacht. Natürlich auch deswegen, weil er so verschlossen ist. Bis vor ein paar Monaten wusste ich nicht einmal, dass er eine Tochter hatte.«
    »Ja, richtig, Hanede.« Idite schüttelte den Kopf. »Sehr traurig.«
    »Ich habe gehört, sie starb, weil ... weil Dawet sie ins Verderben getrieben hat. Er hat bei ihr gelegen und sie dann im Stich gelassen. Stimmt das?«
    Jetzt schien Idite beunruhigt. Einige der anderen Frauen waren offenbar durch die langen Gesprächsabschnitte in Brionys Sprache gelangweilt oder verwirrt und drängten auf eine Übersetzung. Idite brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Ich kenne die Tatsachen nicht. Ich bin nur die Frau eines einfachen Kaufmanns, und es kommt mir nicht zu, über Edle wie dan-Heza und dan-Faar zu sprechen. Sie stehen so weit über mir wie die Sterne — wie auch Ihr, Herrin.«
    »Unsinn. Ich stehe über niemandem. Seit fast einem Monat trage ich geliehene Kleidung. Ich habe kein eigenes Zuhause und lebe von der Gastfreundschaft anderer Menschen. Im Augenblick bin ich einfach nur dankbar dafür, dass Ihr mich hier aufgenommen habt.«
    »Nein, es ist uns eine Ehre, Briony-
zisaya

    »Euer Volk ... hasst es meinen Vater? Dafür, was er Shaso angetan hat?«
    Idite betrachtete sie mit weichen, braunen Augen voller bodenständiger Klugheit. »Ich will ehrlich zu Euch sein, Prinzessin, weil ich glaube, dass Ihr es wirklich so wünscht. Ja, nicht wenige aus meinem Volk haben Euren Vater gehasst, aber wie so vieles im Leben ist auch dies ein wenig komplexierter — komplizierter? Einige achteten ihn dafür, dass er seine eigenen Gefolgsleute zwang, Shaso zu verschonen, aber einen Diener aus dan-Heza zu machen, empfanden sie dennoch als schändlich. Dass Euer Vater ihn dann mit Land und Würden ausstattete, das überraschte, und viele hielten Olin deshalb für einen sehr klugen Mann. Aber dann erboste es die Leute, dass Shaso nicht zurückkehren durfte, um gegen den alten Autarchen (möge er alle sieben Höllen

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