Das verhängnisvolle Experiment
will, daß sie im Zusammenhang mit seiner Existenz das Wort »Leben« verwendet.
Sie aber steht auf, holt zwei Stühle herbei und geht aus dem Zimmer. Und während sich die beiden Fremden setzen, ist es Yahiro, als sei es dunkler geworden in dem kleinen Raum.
Zuerst begreift er nicht, was die beiden von ihm wollen, zumal anfangs ohnehin nur der eine von ihnen, der Schlankere, redet, und zumal es den Anschein hat, daß dieser nicht wagt, bis zum Kern der Sache vorzudringen.
Zwar betont er immer wieder, daß er seine Fragen so zu stellen gedenke, daß Yahiro nur mit Ja oder Nein zu antworten brauche, durch zwei Pfiffe in unterschiedlicher Tonhöhe also, aber dann stellt er keine Fragen, dann verbreitet er sich über die Möglichkeiten, einen verstümmelten Körper zu rekonstruieren, wobei seine abschließende Bemerkung nicht gerade dazu angetan ist, Hoffnungen zu wecken.
»Selbstverständlich ist Professor Menura in der Lage, dir einen neuen Körper zusammenzubauen. Und wohl auch einen, der allen an einen Menschen zu stellenden Anforderungen gerecht werden könnte…«, sagt der Fremde, doch es ist, als sei der Satz noch nicht vollendet, als müsse noch ein großes Aber folgen.
Der andere, ein breitschultriger Blonder mit blassem Gesicht, ist zunehmend unruhiger geworden. Jetzt wischt er mit der Hand durch die Luft. Bis hierher und nicht weiter, scheint die Geste zu sagen. Jetzt sollten wir endlich zur Sache selbst kommen. »Ich sehe da eine andere Möglichkeit«, beginnt er. Seine Stimme ist gleichförmig, ohne Betonung, er reiht die Worte fast ohne Pausen aneinander. »Und wie mir scheint, eine wesentlich bessere. Von dem, was einst der Pilot Yahiro war, ist nicht viel übriggeblieben. Das dürfte dir in der Zwischenzeit klargeworden sein, Vamos.«
Yahiro lauscht der Stimme nach, die nur unwesentlich wärmer klingt als die Worte, und er versucht herauszufinden, ob er den Satz als Frage aufzufassen hat. Da der Blonde aber jetzt schweigt, stößt er einen hohen Pfiff aus: »Ja.«
Die beiden zucken zusammen. Dann nickt der Blonde verstehend. »Na also!« Er legt die Handflächen aneinander, konzentriert sich einen Moment lang und beugt sich schließlich vor. »Wir haben dir einen Vorschlag zu unterbreiten, Vamos. Willst du ihn hören?«
Ein hoher Pfiff. »Ja!« Fast unabsichtlich hat er ihn ausgestoßen. Er blickt hinüber zu seiner Frequenzkurve. Sonja Menura wäre im Augenblick nicht sehr zufrieden mit den Werten.
»Ich nehme an, dir ist einiges über die Forschungen Professor Hastons bekannt«, sagt der Blonde und blickt hinauf zur Zimmerdecke.
Yahiro weiß nicht mehr als die meisten anderen auch. Um sich mit einer solchen Theorie, wie Haston sie aufgestellt hat, ernsthaft zu beschäftigen, muß man in einer anderen Welt geboren worden sein. In einer, in der der Mensch nicht Mittelpunkt aller Vorgänge ist, sondern Mittel zum Zweck. Die Menschen an alle nur denkbaren Bedingungen einer deformierten Umwelt anpassen zu wollen, das ist blanker Hohn, das ist die Negierung des intelligenten Wesens Mensch an sich. Nicht die Menschen muß man anpassen, sondern man muß die Bedingungen, unter denen sie leben, menschgemäß gestalten. Die von Haston vorgeschlagene Alternative ist unsinnig und inhuman. Soll er Tierchimären schaffen, soviel er mag, aber er soll seine Finger von den Menschen lassen.
Worauf will der Blonde nur hinaus mit seiner Frage? Yahiro überlegt lange, ehe er per Pfiff zu erkennen gibt, daß ihm Hastons Theorie zumindest nicht ganz unbekannt ist.
Der Blonde nickt. »Du bist Pilot, Vamos. Und ich nehme an, daß du deinen Beruf sehr gern ausgeübt hast. Ist das richtig?«
»Ja!«
»Du möchtest also eines Tages wieder fliegen. Ist das ebenfalls richtig?«
Das ist eine gewagte Frage. Er, Yahiro, und wieder fliegen? Nachdem kaum noch etwas von ihm übriggeblieben ist? Mankov vielleicht, Peter Mankov ist um einiges besser weggekommen. Aber er? Er wird wohl niemals wieder fliegen können. Auch dann nicht, wenn er es sich mit allen Fasern seines Seins wünscht.
Trotzdem stößt er den hohen Pfiff aus: »Ja!«
»Ein Pilot ist erheblichen Belastungen ausgesetzt, höheren als die meisten anderen Menschen. Ist dir das klar?«
Wer wußte das besser als er? Schließlich ist er jahrelang geflogen. Vor einem Jahrzehnt als blutjunger Pilot im Erdorbit, dann vor fünf Jahren Umstieg auf Zubringer und Transporter, wie es gerade kam, zumeist auf träge reagierenden Fähren, deren Beherrschung ein
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