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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wie Wachs in den Händen seines Beichtvaters. Doch etwas in ihm flüsterte ihm zu, dass die Summe, die er für die Mohrin ausgegeben hatte, etwas arg hoch war für ein paar Augenblicke, die er bei einer Wirtsmagd für einen halben Denga hätte bekommen können.
    Daher schüttelte er nach einem kurzen Nachdenken den Kopf.
    »Ersäufen wäre vielleicht nicht die richtige Strafe, ehrwürdiger Vater. Dieses schwarze Geschöpf hat meine Sinne so verwirrt, dass ich viel Geld verloren habe. Ich glaube, ich sollte es an die Tataren weitergeben. Diese sind Söhne des Teufels und wissen mit dem Hexenweib umzugehen.«
    Fürst Dimitri dachte an seine Leibgarde, die aus Tataren bestand und vor den Toren Pskows auf ihn warten musste, weil die furchtsamen Bürger der Stadt die gefährlichen Krieger nicht in ihren Mauern hatten sehen wollen. Es war wohl besser, wenn er die Schwarze diesen Männern überließ und ihnen befahl, sie nicht zu hart herzunehmen. Dann konnte er die Mohrin das eine oder andere Mal selbst benutzen und hatte auf diese Weise noch etwas von dem für sie ausgegebenen Geld.
    Pantelej sah, wie das Gesicht seines Fürsten einen trotzigen Ausdruck annahm, und wusste aus schmerzhafter Erfahrung, dass er nicht weiter in ihn dringen durfte. »Es sei, wie du befiehlst, mein Fürst«, sagte er daher nur und nahm dem zurückkehrenden Dienerdie beiden gefüllten Becher ab, reichte einen dem Fürsten und setzte den anderen selbst an die Lippen.
    »Möge Gott dir noch viele glückliche Jahre auf dem Thron von Worosansk geben!«
    Dimitri stürzte den Wein hinunter, ohne den Trinkspruch zu erwidern, und schleuderte den leeren Becher durch die offen stehende Tür. »Wie kann ich glücklich sein, wenn der Schatten Moskaus wie ein alles vergiftender Nebel über mir liegt?«
    »Vorsicht, Herr! Wir sind hier nicht in Worosansk, und selbst dort haben die Wände Ohren.«
    »Du meinst die Spione, die meinem hocherhabenen Vetter alles zutragen? Der Teufel soll sie holen und Wassili dazu.«
    Der Pope schüttelte resignierend den Kopf. Die undiplomatische Art des jungen Fürsten stellte ein ebenso großes Problem dar wie seine ungezügelte Gier nach Frauen und Wein. Während das Letztere für einen Mann seines Standes hingenommen und mit Bußübungen und Fasten bestraft werden konnte, war es gefährlich, allzu deutlich über den Großfürsten von Moskau zu reden. Wassili II. Wassiljewitsch saß nicht unangefochten auf seinem Thron, und Gerede dieser Art konnte ihn – oder besser gesagt seine Vormunde – zu Reaktionen verleiten, die Dimitri die Herrschaft und damit auch den Kopf kosten konnten. Als Beichtvater des Fürsten würde er dessen Schicksal teilen, daher musste er alles tun, um seinen Herrn zur Vernunft anzuhalten.
    Obwohl Pantelej es nicht gutheißen konnte, dass Großfürst Wassili, der Sohn des großen Dimitri Donskoj, die Krone und die Herrscherwürde seinem noch kindlichen Sohn übergeben hatte und nicht, wie Brauch und Sitte es geboten hätten, seinem nächstälteren Bruder Juri, so hätte sein Herr dennoch alles tun müssen, um Moskau nicht zu reizen. Worosansk war eines der kleinsten russischen Teilfürstentümer, und seine bisherigen Herren hatten ihre Macht nicht zuletzt durch Klugheit und Umsicht bewahrt und dadurch, dass sie sich stets rechtzeitig auf dierichtige Seite gestellt hatten. Derzeit aber suchte Dimitri Michailowitsch zu sehr die Nähe von Juri Dimitrijewitsch, des Fürsten von Galic, der seinem Neffen Wassili das Recht auf die Großfürstenwürde abstritt und diese für sich forderte. Die Macht Moskaus war inzwischen jedoch so gewachsen, dass sie den restlichen Teilfürstentümern Russlands selbst dann würde widerstehen können, wenn sich diese einig waren, zumal Vytautas, der Fürst Litauens, Moskaus engster Verbündeter war. Eine Tochter des Litauers war die Mutter des jungen Großfürsten Wassili, und diese Tatsache vermehrte Moskaus Einfluss. Die Angst der Pskower vor diesen beiden Mächten war so groß, dass Fürst Vytautas’ Wort hier mehr galt als das der Stadtherren.
    »Trink, mein Herr! Dann sollten wir entscheiden, welche Strafe dieses Teufelsgeschöpf dafür erhalten soll, dass es dich in seinen Bann geschlagen hat.« Der Pope hoffte, die Gedanken des Fürsten in andere Bahnen lenken zu können, und hatte Erfolg.
    Dimitri hasste den Gedanken, gesündigt zu haben wie ein gewöhnlicher Mensch, und fand es angenehm, dem schwarzen Mädchen die Schuld dafür geben zu können. Er ließ sich einen

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