Das vertauschte Gesicht
Sonnenuntergang. »Entweder hat er mittendrin das Interesse verloren, oder er hat es so von Anfang an geplant. Warte mal... «
»Wie soll ich bloß weiterkommen in dieser Ermittlung?«
»Denk über den Text nach«, sagte sie, »den Text, der an der Wand stand.«
»Ist das jetzt ein wichtigerer Leitfaden? Wall Street?«
»Ich glaube, ja.«
»Ich weiß nicht recht.« »Versuch ihn zu verfolgen.« »Verfolgen?«
»Das ist keine Ablenkung von ihm.«
»Ob er noch einen Versuch machen wird?«
»Die gleiche Art Verbrechen? Nein. Das glaub ich nicht. Jetzt nicht mehr.«
»Warum nicht?«
»Erinnerst du dich, was ich über eine Welt, die von Gott gelenkt wird, und eine Welt, die vom Satan gelenkt wird, gesagt habe?«
»Das werde ich nie vergessen.«
»In der Welt ist etwas passiert, in seiner Welt.«
»Etwas passiert? Was ist passiert? Hat jemand alles übernommen?«
»Vielleicht.«
»Wer? Gott?«
»Eher... der andere.«
»Der Teufel? Der gehört doch zu einer Welt ohne Hoffnung, hast du damals gesagt.«
Sie nickte, kehrte zum Stuhl zurück und setzte sich. Winter hatte die Schreibtischlampe angeknipst. Der Schreibtisch war leer.
»In einer Welt ohne Hoffnung ist der Kampf sinnlos geworden«, sagte sie. »Da erreicht er nichts mehr. Es spielt keine Rolle mehr, was er tut.«
»Er hört also auf?«
»Vielleicht.«
»Unsere Hoffnung steht also gegen eine Welt ohne Hoffnung, die vom Satan gelenkt wird?«
Ringmar hatte Kontakt zu Sveriges Television aufgenommen. In der Stadt wurde ein Film gedreht, in dem es um Verbrechen und Strafe ging.
»Die sind schon eine ganze Weile dabei. Einige Monate, mit Unterbrechungen. Das Interessante daran ist, dass insgesamt vierzig Polizisten dazugehören. In Uniform.«
»Vierzig? Vierzig Schauspieler?«, fragte Winter.
»Nein, Statisten.«
»Sind sie jetzt grad dabei?«
»Ja, ich hab mit dem Aufnahmeleiter gesprochen, der also die Aufnahmeleitung hat.«
»So, so.« Winter lächelte.
»Ich meine... er ist für die Besorgung der Sachen zuständig.«
Sie konnten zu Fuß zum Drehort gehen, und das taten sie. Das Team arbeitete auf dem großen Parkplatz vor dem Gamla Ullevi-Stadion. Die Allee entlang türmte sich der Schnee in zwei Meter hohen Wällen. Überall Kameras und Mikrofone, zwei Frauen gaben Anweisungen über Megafone. Einige Polizisten lümmelten auf einem Polizeiwagen. Statisten, dachte Winter.
Ringmar ging weg und kam mit einem großen Mann mit grüner Mütze und Koteletten zurück. Er trug eine braune Lederjacke und hielt einen Ordner in den Händen.
»Nett, dass Sie sich ansehen wollen, was wir hier machen.« »Wieso nett?«, fragte Winter.
»Tja... es geht um einen Kommissar und seine Abenteuer in dieser Stadt.« »Aha.«
»Einen Mann in Ihrem Alter etwa.«
»Gibt es nicht«, sagte Ringmar. »Winter ist der Jüngste.« »Dies ist ein Film«, sagte der Aufnahmeleiter. »Na klar.«
»Sie drehen also einen Film über einen Kommissar«, sagte Winter.
»Eine Fernsehserie über die harte Wirklichkeit in Göteborg und Schweden.«
»Wann wird sie gesendet?«
»Wird in etwa einem Jahr ausgestrahlt.«
Winter sah sich am Drehplatz um.
»Was passiert hier gerade?«
»Im Augenblick drehen wir eine Szene, in der der Kommissar ein Fernsehteam aufsucht, um einige Fragen zu stellen, die mit seinen Ermittlungen zu tun haben, haha.«
»Okay«, sagte Winter und sah in eine Kamera, die in der Nähe stand. »Dann fangen wir mal an.« Er schaute zu dem Polizeiauto und den Statisten, die sich darum herum bewegten. »Haben Sie die Uniformen besorgt?«
»Ja. Aber nicht von Ihnen.«
»Klar, versteh ich.«
»Die Göteborger Polizei ist hoffnungslos, wenn es um so was geht.«
»Und das zu Recht«, sagte Ringmar.
»Und woher kommen diese?«, fragte Winter.
»WedIn, dem Lager in Södertälje.«
»Wie viele haben Sie dort bestellt?«
»Einundvierzig, um genau zu sein, eine in Reserve.«
»Haben Sie die Uniformen unter Kontrolle?«
»Wie meinen Sie das?«
»Es kann keine gestohlen werden?«
»Alles kann gestohlen werden«, sagte der Aufnahmeleiter. »Jeder hat doch Zutritt zum Kostümlager. Aber wenn wir fertig sind, kontrollieren wir natürlich die Anzahl, bevor wir die Sachen nach Södertälje zurückschicken.« Er schaute zu dem Auto in der linken Parkplatzecke. »Ich hab schon mal alles kontrolliert. Nach der ersten Runde. Jetzt filmen wir die zweite.«
»Wie lange werden Sie jetzt arbeiten?«
»Bis wir fertig sind.« Er sah Winter in die Augen. Sie waren
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