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Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]

Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]

Titel: Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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allerdings auch.«
    »Redet nicht dumm rum, hebt lieber die Arme hoch!« Sie sah ihn mit blitzenden Augen an. »Ich fürchte mich nicht so schnell, und dankbar bin ich Euch vielleicht, wenn Ihr mich in Sicherheit gebracht habt. Zurzeit sitzen wir ohne Feuer und Nahrung auf einem kahlen Felsen mitten im reißenden Strom, und ich frage mich, nun, wo ich Eure geschwollene Schulter auch noch sehe, wie Ihr uns ans Ufer bringen wollt. Könnt Ihr den Arm überhaupt richtig bewegen?«
    »Nicht so ganz.«
    »Mist, verfluchter!«
    Er lachte unwillkürlich auf. »Habt Dank für Euer Mitgefühl.«
    »Ihr wollt Mitgefühl? Kommt ein anderes Mal wieder! Das benötige ich zurzeit für mich selbst.«
    Den Eindruck hatte er allerdings auch. Die Hände, die den Verband knüpften, waren eiskalt, und er spürte deutlich ihr Zittern. Eigentlich war er sogar erstaunt, wie gelassen sie zumindest nach außen hin ihre Lage hinnahm. Er war sich ziemlich sicher, dass jede andere Frau, die er kannte, gejammert und gezetert hätte. Schließlich war ihre Umgebung alles andere als gastlich.
    Er wurde abrupt aus seinen Überlegungen gerissen und keuchte auf. »Nicht so fest! Ich krieg ja kaum noch Luft.«
    »Dann ist es richtig. Atmet einfach flach!« Ihr Gesicht zeigte Belustigung. »Fertig.«
    »Danke!« Unwillkürlich musste er an Lucio denken, der diese Worte auch benutzt hatte, vor gar nicht allzu langer Zeit, die trotzdem eine Ewigkeit her zu sein schien. Sein Freund und Weggefährte langer Jahre war jetzt tot. Es starb sich so furchtbar leicht in dieser Zeit. Er bückte sich steif und reichte ihr sein Hemd. »Mehr an Wärme kann ich Euch im Augenblick leider nicht bieten.«
    Auf ihren erstaunten Ausdruck hin, ergänzte er: »Ich trage stattdessen doch Euer halbes Unterkleid. Das ist nur recht und billig. Was macht der Fuß?«
    Sie zog sich ohne weitere Umstände das Hemd über und zuckte dann die Achseln. »Der ist so kalt, dass ich die Schmerzen kaum noch spüre. Ich spüre noch nicht einmal mehr meinen Fuß. Vielleicht solltet Ihr für eine Weile ganz ins Wasser tauchen, so wie Ihr ausseht.«
    »Juna, Ihr seid die Liebenswürdigkeit in Person.«
    »Ich versuche nur, Euch am Leben zu erhalten, damit Ihr mich ans Ufer bringen könnt. Wie Ihr Euch dabei fühlt, ist mir in der Tat herzlich gleichgültig.«
    »Eine sehr gesunde Einstellung!«
    »Nicht wahr!« Sie sah erneut um sich herum. »Glaubt Ihr, wir schaffen es, ans Ufer zu kommen?«
    »Ich hoffe es zumindest.«
    »Habt Ihr eine Ahnung davon, wo wir hier so ungefähr sind?«
    »Nicht die allerkleinste. Die Strömung ist so gewaltig, wir könnten heute schon die Grenze von Kambala überquert haben.«
    »Es ist beruhigend, in Begleitung eines großen Kriegers zu reisen«, bemerkte sie bissig. »Man fühlt sich so unglaublich geborgen.«
    Derea lachte auf. »Als wenn ausgerechnet Ihr Geborgenheit nötig hättet. Legt Euch schlafen, Juna! Wir finden schon einen Weg.«
    »An Eurer Seite habe ich tatsächlich keine Angst«, erwiderte sie mit ausdrucksloser Miene. »Ich muss jetzt meinen Fuß aus dem Wasser nehmen, diese Kälte ertrage ich nicht mehr länger.«
    »Habt Ihr noch ein Stück von Eurem Unterkleid übrig? Ich könnte Euch damit zumindest nasse Umschläge machen.«
    Jetzt lachte Juna hell auf und schüttelte ungläubig den Kopf. »Ihr seid wirklich unübertroffen. Das würdet Ihr auch noch tun? Ihr mögt mich doch gar nicht, Hauptmann.«
    »Das ist hier und jetzt doch unerheblich, oder? Und, ob Ihr’s glaubt oder nicht, ich halte mich selbst auch nicht für das Maß aller Dinge. Gebt Ihr mir nun etwas Stoff?«
    »Selbstverständlich gern!« Sie zupfte, ohne sich im mindesten daran zu stören, dass sie dabei ihre langen, wohlgeformten Beine entblößte, die Reste ihres Unterkleides heraus und drückte sie ihm in die Hand.
    »Als Nächstes müsst Ihr nun allerdings Eure Hose opfern. Mehr werde ich nämlich nicht hergeben. Gute Nacht, Heerführer Derea.« Noch während sie sprach, legte sie sich auf die Seite, bettete ihren Kopf auf die Hände und schloss die Augen.
    »Schlaft gut, Hexentochter!« Er wässerte den Stoff, umwickelte den derb geschwollenen Fuß und dachte trübsinnig über ihre Lage nach. Sie hatten heute schon nichts gegessen, und ihre Insel bot nichts, was dem in Zukunft Abhilfe verschaffen konnte. Morgen würden sie ans Festland müssen, wenn sie überleben wollten. Er wusste nur nicht, wie. Und wenn sie es doch schafften … was dann? Sie konnte nicht laufen, und er

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