Das war eine schöne Reise
einem hellblauen Bikini aus der Umkleidekabine kam, lachte Tränen, und als Otto Lobedanz die Geschichte draußen auf dem Floß auf ihr Drängen noch einmal zum besten geben mußte, rollte Herr Blumm, ein mittelmäßiger Schwimmer, aber ein ganz miserabler Taucher, vom Floß und bekam soviel Wasser in den
Hals, daß er unfehlbar abgesoffen wäre, wenn Herr von Berg ihm nicht nachgesprungen wäre und ihn wieder auf die Planken gezogen hätte. Dieses Floß, das an seiner dem offenen Meer zugewandten Seite einen kleinen Sprungturm trug, lag etwa fünfhundert Meter vom Strand entfernt verankert. Das Wasser war hier schon so tief, daß man einen Kopfsprung wagen konnte. Sie hielten sich, um sich nicht gleich am ersten Tage einen schmerzhaften Sonnenbrand zu holen, nur eine knappe Viertelstunde auf den Planken auf, aber diese wenigen Minuten genügten Otto Lobedanz, zu erkennen, daß er mit seinen Schwimmkünsten, mit denen er Fräulein Sonntag zu imponieren gehofft hatte, gegen Herrn von Berg der reine Stümper und Anfänger war. Dazu kam noch, daß Herr von Berg die durch hartes body-building erworbene Figur eines Superathleten besaß, mit strotzenden Muskelpaketen auf Armen, Schultern und Schenkeln. Wenn er vom Turm in die sanfte Dünung hechtete, auf tauchte, das Wasser mit einem scharfen Ruck aus dem Scheitel schüttelte und sich wieder auf das Floß emporstemmte, bot das Spiel seiner Muskeln unter der gebräunten Haut einen Anblick, der den Damen den Atem verschlug. Fräulein Lenz verfolgte ihn mit sehnsüchtig verzückten Augen, und Herr Blumm, der sie beobachtete, blinzelte Otto Lobedanz trüb zu: »Dagegen sehen wir nicht besonders gut aus, wie?«
»Dafür haben wir innere Werte ...«, murmelte Otto Lobedanz. Er schielte zu Fräulein Sonntag hinüber, die auf dem Floß eine Italienerin getroffen hatte, mit der sie im vergangenen Sommer im selben Hotel in Cattolica gewohnt hatte.
»Schwimmen wir noch ein Stück hinaus, Herr Blumm?«
Aber Herr Blumm winkte ab, er begann die Wirkung von Sonne und Salz auf dem Rücken zu spüren und trat den Rückweg an. Fräulein Lenz riß sich vorm Anblick Herrn von Bergs los und folgte Herrn Blumm zum Strande. In dem Moment, in dem Otto Lobedanz ins Wasser sprang, verabschiedete sich Fräulein Sonntag von ihrer Urlaubsbekanntschaft und lief über das schlingernde Floß auf Herrn von Berg zu: »Wo ist Herr Lobedanz und wo sind die anderen?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich sind sie zurückgeschwommen. Und ich meine, es wird auch für uns Zeit, den Schatten aufzusuchen. Kommen Sie mit?«
Sie zögerte — und entdeckte Otto Lobedanz’ Schopf dreißig oder vierzig Meter vom Floß entfernt im Wasser. Die Hände zum
Sprachrohr formend, rief sie ihm zu, daß er warten solle. Er hörte ihren Ruf, winkte ihr zu und sah, daß sie, anstatt ins Wasser zu springen, einen kleinen Schmerzenslaut ausstieß und, den linken Fuß in beiden Händen haltend, auf einem Bein vor Herrn von Berg herumhüpfte, der sie schließlich in seinen Armen auffing.
»Was haben Sie, Fräulein Sonntag?«
»Ich glaube, daß ich mir einen Splitter in den Fuß gerissen habe...«
»Setzen Sie sich zuerst einmal nieder, ich werde versuchen, das Ding herauszukriegen.«
Sie ließ sich nieder und streckte ihm den Fuß entgegen. Ein Holzspan von der Größe und Stärke eines Zündhölzchens war Fräulein Sonntag unterhalb der mittleren Zehe etwa drei Zentimeter tief unter die Haut gedrungen, zum Glück aber so günstig abgebrochen, daß man das freie Ende fassen und herausziehen konnte.
»Das sieht nicht sehr schön aus«, murmelte Herr von Berg, »und es wird verdammt weh tun...«
»Machen Sie schon!« befahl Fräulein Sonntag aus zusammengebissenen Zähnen, »viel schlimmer, als es ist, kann es nicht werden.«
Otto Lobedanz kam dazu, als Herr von Berg den Splitter mit den Nägeln von Daumen und Zeigefinger wie mit einer Pinzette faßte und mit einem scharfen Ruck aus der Wunde zog, die sofort heftig zu bluten begann, denn der Splitter war ziemlich tief ins Fleisch eingedrungen. Fräulein Sonntag biß sich auf die Lippen und wurde blaß. Otto Lobedanz nahm Herrn von Berg den dolchartigen, blutigen Holzspan ab.
»Schmeißen Sie bloß das Ding weg«, bat Fräulein Sonntag und schloß die Augen, »sonst wird mir noch schlecht...«
Am liebsten hätte er den Holzspan in die Reißverschlußtasche seiner Schwimmhose gesteckt und als Andenken aufbewahrt, und er beneidete Herrn von Berg glühend darum, daß er Fräulein
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