Das zarte Gift des Morgens
Said« und »Aladins Tischtuch«, ein Praktikum in Marokko in der »Orientalischen Schule« des Kochs Fayum Ahmed, Träger des Michelin-Sterns ehrenhalber, Praktikum im Hotel »Holiday Inn« in Tanger.
Die Dienstlisten der beiden Köche waren beeindruckend. Zur Kellnerin Worobjowa gab es keine weiteren Informationen – verständlich, das war ein anderes Niveau. Hinter dem Namen Maria Potechinas stand nur eine kurze Anmerkung: Besitzerin des Restaurants, Anfrage an die Steuerbehörde ist unterwegs.
Katja wollte schon Nikita rufen – jetzt hätte sie ihrerseits ihm eine interessante Neuigkeit mitteilen können. Aber da fiel ihr Blick auf das letzte Blatt. Es war ebenfalls ein Computerausdruck, von Kolossow mit einem ungewöhnlichen Vermerk versehen: »Hinter den Kulissen«. Katja verstand den Sinn zunächst nicht. Sie las den Familiennamen: Gussarow, Dmitri Walentinowitsch. Es folgte eine ellenlange Auflistung, in der zwischen den Namen bekannter Pop-Gruppen und Schlagersänger auch solche bemerkenswerten Einsprengsel wie »Produzent einer musikalischen Unterhaltungsshow«, »Kommerzieller Direktor eines Video-Art-Projektes«, »Sponsor eines TV-Musikwettbewerbs«, »Leiter des Teams Werbung und Finanzen« auftauchten. Darunter hatte Kolossow mit schwarzem Filzstift folgenden Kommentar gesetzt: »Ex-Mann von Aurora, seit Juli dieses Jahres offiziell von ihr geschieden«.
Katja suchte noch nach einem Blatt mit Informationen zum Mordopfer Studnjow selbst. Damit hätte ja eigentlich diese ganze Sammlung »kompromittierenden Materials« beginnen sollen, aber zu Maxim Studnjow fand sie nur die ihr schon durch Kolossow bekannten Daten zur Person – Alter, Adresse, Autokennzeichen, sonst nichts.
Kolossow kehrte nach rund zwanzig Minuten allein zurück.
»Hat sich dieser Flegel aus Stolby verkrümelt?«, fragte Katja.
»Sag so was nicht. Natürlich, Konstantin ist ein bisschen ungehobelt, aber trotzdem . . .« Kolossow gab sich den Anschein, als sei er durch Katjas Angriffslust unangenehm berührt. Aber seine Augen sagten das genaue Gegenteil: Zum Teufel mit Kostja, er war hier sowieso mehr als überflüssig.
»Ist er weggefahren?«, fragte Katja.
»Nein, ich habe ihn nur in die Kantine gebracht. Er hat noch nicht zu Mittag gegessen«, antwortete Kolossow. »Hast du dir die Ausdrucke angesehen?«
»Was macht dein Auge? Tut es noch weh? Zeig mal.« Katja reckte sich zu ihm hoch. »Oje, das sieht ja scheußlich aus, Nikita!«
»Ist es sehr abstoßend?«
»Ganz furchtbar. Bist du etwa so im Restaurant gewesen?«
»Ja, allerdings. Aber ich glaube, es war nicht so schlimm -wir haben Pfefferminztee nach marokkanischer Art getrunken und gemütlich geplaudert.«
»Ich habe dein Material durchgelesen. Hier gibt es eine unklare Stelle.«
»Wo?« Er beugte sich tief zu ihr hinunter. Katja tippte blindlings auf ein Blatt und traf genau auf den unterstrichenen »Iwan Grigoijewitsch«. Schnell senkte sie den Kopf-Kolossow machte ein Gesicht, als wolle er sie im nächsten Moment küssen.
»Was ist dort unklar?«, fragte er.
»Nein, dein Auge sieht wirklich gruselig aus«, rief Katja. »Du musst dringend zum Arzt.«
Ein Funke war aufgesprüht – und erloschen.
»Ach, du meinst Poljakow«, sagte Nikita langsam und ignorierte ihre letzte Bemerkung, »das werden wir überprüfen. War das alles, was du mich fragen wolltest, oder gibt es noch etwas?«
»Es gibt noch etwas«, wiederholte sie seine Worte. Obwohl sie selbst den Funken erstickt hatte, tat es ihr um den verlorenen Augenblick irgendwie Leid. »Ich habe eine Neuigkeit für dich.«
»Nämlich?«, fragte Kolossow und platzte unwillkürlich heraus: »Kommt dein Mann etwa schon wieder zurück?«
Katja musste lächeln – wunderliche männliche Logik.
»Ich glaube, ich kann dir bei diesem Fall helfen«, erklärte sie mit optimistischer, munterer Stimme.
»Du hilfst mir auch so schon, allein deine Anwesenheit inspiriert mich.«
»Ich meine es ernst. Die Sache ist nämlich die, eine Person von deiner Liste ist eine gute Bekannte von mir.«
»Wer soll das sein?«, fragte Kolossow.
»Anfissa Berg. Sie arbeitet mit Schura Semjonow zusammen, und das ist ein dicker Freund von Michailowski, du weißt schon, für den Meschtscherskis Reisebüro die Tour nach Nepal organisiert hat. Schura Semjonow ist Fotograf, er hat an der Ausstellung ›Der Tourismus im neuen Jahrtausend‹ teilgenommen. Er hat Michailowski eingeladen, und der wiederum Meschtscherski. Und Sergej hat mich
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