Das zweite Königreich
William und Matilda erwirkt, als Alexander Papst wurde?«
Lanfranc neigte den Kopf ein klein wenig, es war nicht wirklich ein Nicken. »Ich fange an zu verstehen, warum der König ungern auf Euch verzichten will …«
»Und was war vor der Eroberung? Die Delegation zum Papst, die heiligen Reliquien, das ganze Gefasel vom Heiligen Krieg …«
»Na, na«, machte Lanfranc mißbilligend. Doch dann lächelte er. »Ihr habt schon recht. Gute Beziehungen nach Rom sind mit keinem Geld der Welt zu bezahlen … Und jetzt dreht Euch um. Der König harrt ungeduldig Eurer Aufmerksamkeit.«
Cædmon fuhr herum, und als William ihn zu sich winkte, trat er näher. »Ich bin sicher, Ihr wollt Euch bald zurückziehen, aber zuvor möchte ich Euch noch den jüngsten Neuzugang meines Haushalts vorstellen … Da ist er schon.«
Verwirrt sah Cædmon Lucien de Ponthieu auf sich zukommen. Vor dem König hielt er an, verneigte sich, trat dann beiseite und gab den Blick auf den halbwüchsigen Knaben frei, der ihm gefolgt war.
Cædmon vergaß alle Etikette. »Eadwig!« Er zog ihn an sich, noch eheder Bruder Gelegenheit hatte, seine formvollendete Verbeugung vor dem König zu beenden. Als Cædmon spürte, wie der Junge sich versteifte, ließ er ihn los und trat einen Schritt zurück. »Wie … was …« Er schüttelte mit einem seligen Lachen den Kopf. »O mein Gott, Eadwig, welcher Zauber bringt dich hierher?«
Eadwig lächelte scheu, zog ihn ein Stück beiseite und berichtete. Von seiner Todesangst, nachdem er in Metcombe den Dänen in die Hände gefallen war, von den Ketten, den derben Späßen und Schlägen. Von seinem Heimweh und dem schlechten Gewissen, das ihn quälte, wenn er an Cædmon und an seine Mutter dachte. Von seiner abgrundtiefen Furcht vor der Sklaverei und seinem unversöhnlichen Haß auf die Dänen. Und wie sich alles geändert hatte, als der dänische Prinz ihn zu sich nahm. Dann berichtete er von der Nacht, als Hyld und Erik plötzlich in Axholme erschienen waren, und alles, was sich bis zu ihrer Rückkehr nach Helmsby zugetragen hatte.
Sie hatten die Köpfe zusammengesteckt und redeten lange. Cædmons Brust zog sich zusammen, als er hörte, daß all die Schrecken, die er in Northumbria erlebt hatte, auch Eadwig und Hyld nicht erspart geblieben waren.
»… und dann erschien der König vor zwei Wochen in Helmsby«, schloß Eadwig. »Ich habe Mutter noch nie so aufgeregt erlebt. Er hat lange mit ihr gesprochen. Dann mit Alfred, und in Alfreds Begleitung hat der König die Burg bis in den letzten Winkel inspiziert. Er war sehr zufrieden, das sag’ ich dir. Er blieb über Nacht, hat in deinem Bett geschlafen, nebenbei bemerkt, und am nächsten Morgen sprach er wieder mit Mutter und mit Hyld, und dann kam Alfred und sagte, Leif und ich sollten uns reisefertig machen, der König wolle uns mit an seinen Hof nehmen.«
»Eriks Bruder?« fragte Cædmon fassungslos. »Der Bruder eines dänischen Piraten ist Knappe am königlichen Hof?«
Eadwig schüttelte ungeduldig den Kopf. »Der Großneffe des ehemaligen norwegischen Königs.«
»Ach, richtig.« Cædmon rieb sich die Stirn und überdachte die Neuigkeiten. »Arme Hyld. Wie furchtbar muß es sie getroffen haben, als der kleine Olaf starb.«
Eadwig schlug die Augen nieder und nickte. Sie sagten eine Weile nichts. Dann bemerkte er: »Aber sie ist wieder schwanger. Und seit Olaf tot ist, redet Mutter wieder mit ihr. Es ist ganz seltsam, weißtdu …« Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Plötzlich hat sie ihr verziehen. So als hätte Hyld auf einmal irgendeine Schuld beglichen.« Eine sehr scharfsinnige Beobachtung für einen vierzehnjährigen Jungen, dachte Cædmon.
»Ich hoffe nur, Erik kommt aus dem Krieg zurück«, sagte Eadwig leise. »Sei unbesorgt. Das wird er bestimmt. Erik ist wie ein falscher Penny, er kommt immer zurück, darauf möcht’ ich wetten.«
»Du hältst nichts von ihm?« fragte Eadwig besorgt.
»Doch. Ich fürchte, ich halte sogar eine Menge von ihm, auch wenn ich ums Verrecken nicht sagen könnte, warum eigentlich.« Er grinste ein bißchen verschämt und wechselte das Thema. »Und wie kommst du hier zurecht? Bist du stolz, daß der König dich ausgewählt hat?«
Eadwigs Augen leuchteten auf. »Natürlich!«
Richard war unbemerkt zu ihnen getreten. »Mir ist unbegreiflich, was er an dem Leben hier findet. Lucien de Ponthieu schikaniert ihn von früh bis spät.«
Cædmon legte dem Prinzen kurz die Hand auf die Schulter. »Richard! Wie
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