Dave Duncan
sich genau deswegen die ganze Zeit Sorgen gemacht hatte, und er war von dieser – dieser alten Frau so verhext gewesen?
»Hä?«
Rasha zuckte die Achseln. »Über Geschmack läßt sich nicht streiten, oder?« Sie setzte sich wieder in Bewegung, schien durch das Fensterbrett zu schweben und verschwand. Auch die neblige Helligkeit verschwand, und ein Wirbel aus polaren Winden schlug in die Kammer und brachte Kälte und Schneeflocken und Dunkelheit mit sich.
Rap rappelte sich schwankend auf und versuchte gleichzeitig, Kopf und Ellbogen zu reiben. Little Chicken brüllte wütend auf. König Holindarns braune Robe schien aus eigener Kraft aufzustehen, also befand sich der unscheinbare, impische Jugendliche immer noch darin. Die Truppen hinter der Tür wurden mit lautem Geheul wieder lebendig.
4
Die Legionäre stritten sich kurz, dann wurde der bedrohliche Arm zurückgezogen. Rap drehte sich rechtzeitig um, als Thinal, der seine Robe mit beiden Händen hochhielt, auf das immer noch geöffnete Fenster zulief. Rap, dessen Kopf immer noch schmerzte, schnitt ihm den Weg ab.
»Wohin gehst du?«
Der Kragen stand so hoch über Thinals Ohren, daß es aussah, als starre sein schwer zu beschreibendes, pickeliges Gesicht, blaß im Dämmerlicht des Morgens, daraus hervor. Die Robe schien ihn zu verschlucken.
»Ich will sehen, ob ich hinunterklettern kann, Rap.«
Sagorn hatte erzählt, Thinal sei eine menschliche Fliege. Rap und Little Chicken waren das nicht.
»Ruf Sagorn!« schrie Rap. »Er hat uns in diese Schwierigkeiten gebracht. Vielleicht kann er uns jetzt wieder hinaushelfen!«
Der junge Imp schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Er ist jetzt zu gebrechlich. Wir können nicht sein Leben riskieren.«
Rap ergriff die schwächlichen Schultern des Diebs und schüttelte ihn, bis seine Zähne klapperten. »Ruf Sagorn!«
Thinal stolperte rückwärts und wäre beinahe über seine Robe gefallen. »Tu das nicht!« kreischte er.
»Was?«
»Schikanier mich nicht! Ich bekomme leicht Angst, Rap.«
»So?« Rap trat wieder auf ihn zu.
»Ich könnte Darad herbeirufen!« winselte Thinal, der beinahe in Tränen ausbrach. »Es ist zu einfach! Ich könnte mir selbst vielleicht nicht helfen!«
Rap holte tief Luft. »Tut mir leid«, brummte er – und dann »Oh, Dämonen!«
Er wirbelte wieder zur Tür herum. Die Imps hatten sich wieder draußen vor der Tür versammelt; erneut drang der Arm durch das Loch. Doch der Riegel war von dem Loch zu weit entfernt, um von einer Hand erreicht werden zu können, und das Holz war zu dick. Der große Imp steckte also seinen ganzen Arm bis zur Schulter hinein. Bevor Rap noch etwas sagen konnte, rannte Little Chicken durch das Zimmer, machte einen Satz und sprang mit beiden Füßen auf den hervorstehenden Arm. Er prallte ab und landete wie eine Katze auf den Füßen, während der Schrei des Imps den ganzen Turm zu erschüttern schien.
Großartig! Dahin war jede Hoffnung auf eine gnädige Behandlung. Die Legionäre halfen ihrem verletzten Kameraden, seinen zerschmetterten Arm aus dem Loch zu ziehen und brüllten wütend herum. Ein anderer Riese ergriff die Axt, und die Tür erzitterte unter seinen Hieben.
»Und was machen wir jetzt?« Raps Kopf schmerzte. Er hatte Inos enttäuscht, aber es sah nicht so aus, als müsse er sich lange über seine Unzulänglichkeit ärgern. »Wir könnten immer noch die Worte teilen«, schlug er vor.
Thinal stahl sich erneut zum Fenster. »Nicht genug. Zwei ergeben nur einen Adept. Vielleicht könnten wir auf das Dach klettern und warten, bis sie fort sind?«
»Sie werden das Fenster schließen!«
»Wir könnten zuerst ein oder zwei Scheiben zerbrechen.« Thinal schob sich ein wenig weiter vor – die menschliche Fliege.
»Man wird uns von unten sehen; es ist beinahe Tag.« Rap seufzte und fühlte, wie Erschöpfung seine Ängste wie dicker Schnee zudeckte. »Ich glaube, das ist das Ende! Ich hätte nicht so stur sein und so lange diskutieren sollen. Die Magie sagte mir, ich solle ein Magier werden, aber ich habe nicht gehorcht.«
Er hatte dem ersten Befehl seiner Monarchin nicht gehorcht, oder zumindest hatte er Widerworte gegeben. Hätte er prompt seine Pflicht erfüllt, wäre er ein Magier geworden und hätte ihr dienen können, indem er die Imps fortgeschickt und die Bewohner der Stadt gezwungen hätte, Inos zu akzeptieren – wieviel konnte ein Magier überhaupt bewirken? Nun, das war jetzt sowieso egal.
Er zwang sich, den entsetzten
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