Dave Duncan
Imps überlassen!«
Rasha ging weiter die Stufen hinunter, ohne zu antworten. Die untere Kammer war genauso mit Möbeln überladen wie die obere, hauptsächlich mit unzähligen Kommoden und Tischen in den verschiedensten Stilen. Zwei Fenster konnten das Licht, das von der Treppe hereinfiel, kaum verstärken. Die Wände waren daher schlecht beleuchtet, aber dennoch mit verzierten Spiegeln und farbenfrohen Tapeten ausgestattet, die in den Schatten kaum auseinanderzuhalten waren. Moschus und Blumendüfte hingen wie Sirup in der Luft.
Trotz ihrer Sorge um Rap und die anderen, trotz ihrer totalen Erschöpfung war Inos von diesen exotischen, fremdartigen Zimmern fasziniert. Sie waren ganz anders als alles, was sie bis dahin gesehen hatte, selbst in der Sammlung von Lithographien, die sie beim Herzog von Kinvale betrachtet hatte; eine Sammlung, die er aus dem ganzen Impire zusammengetragen und mit der er sie mehrere stumpfsinnige Nachmittage lang gelangweilt hatte. Weder in der Kunst noch in Wirklichkeit hatte sie jemals derart fremdartig ausgestattete Räume gesehen. Doppeltüren so groß, daß eine Kutsche durch sie hindurchfahren konnte; an der gegenüberliegenden Seite stand ein riesiges Bett, das größte Himmelbett der Welt, breit und hoch, mit einem durchsichtigen Gazevorhang. Dann hatten sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt, und die wahre Natur einiger Statuen drang in ihren vernebelten Verstand. Sie warf einen ungläubigen Blick auf die Malereien an den Wänden und war plötzlich überaus froh, daß sie nur so spärlich beleuchtet waren. Kade würde einen Herzanfall bekommen.
Hastig richtete Inos ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Zauberin. Sicher hatten die Legionäre inzwischen die Tür aufgebrochen?
»Ihr müßt sie retten!«
Rasha wirbelte herum. »Muß? Ihr sagt müssen zu mir, Kind?« »Es tut mir leid, Eure Majestät! Aber ich bitte Euch – bitte, rettet sie!« »Warum sollte ich?« Die Zauberin lächelte gemein.
»Weil sie s0nst getötet werden!«
»Besser als das, was man Euch angetan hätte, wenn ich Euch dort gelassen hätte! Ihr wißt, was Männerbanden mit hübschen Mädchen machen?«
»Nein!« Inos hatte noch niemals über so etwas nachgedacht. Imperiale Legionäre? Eine Bande von plündernden Jotnar, natürlich, aber nicht die Armee des Imperators! Es war Rap gewesen, der in Gefahr war, und auch der Kobold –nicht sie! »Doch nicht so etwas!«
»Doch, so etwas!« antwortete die Zauberin, und ihr Mund verzog sich zu einem Ausdruck, den Inos nicht deuten konnte. »Ich weiß mehr über Männer, als ihr jemals erahnen könnt, süßes Mädchen. Glaubt mir, ich weiß Bescheid!«
Inos stand immer noch einige Stufen über ihr und starrte voller Entsetzen auf sie hinunter. Vermutlich dachte die Zauberin, daß Inos ihr nicht glaubte, denn sie wurde plötzlich um zwanzig Jahre jünger und verwandelte sich wieder zu dem mit Edelsteinen geschmückten, zarten jungen Mädchen, das Rap so verhext hatte, und ihr Fleisch schimmerte glühend heiß und verführerisch unter ihren Kleidern.
Sie lächelte spöttisch zu Inos hinauf. »Alles, was Männer tun müssen, ist sterben, und das müssen sie schließlich auch, oder? Das ist nichts im Vergleich zu dem, was Frauen bekommen könnten. Was schulde ich ihnen? Was schuldet überhaupt eine Frau einem Mann?« Ihr Blick fiel auf einen Punkt hinter Inos, vermutlich auf Azak. »Nun, Wunderhengst?«
Als sie keine Antwort bekam, lachte sie leise in sich hinein und wandte sich ab und schlenderte mit wiegenden Hüften auf das große Bett zu; ihr rötliches Fleisch und das rotblonde Haar schimmerten durch ihre Kleider, die durchsichtiger wirkten als je zuvor und einen Körper umhüllten, der noch wollüstiger schien.
Inos hatte von Frauen gehört, die sich so kleideten und so benahmen – hatte von ihnen meistens in der Küche des Schlosses gehört, wo man im Flüsterton über sie sprach. Sie hätte niemals gedacht, daß eine Königin so etwas tun würde.
Zitternd stieg sie die letzten Stufen der Treppe hinunter, kämpfte gegen die Tränen und versuchte, die allerletzten Überreste ihrer Kraft zusammenzukratzen. Ihre Knie zitterten vor Erschöpfung. Ihr Kopf sagte ihr, daß der Palast der Sultana leise schwankte, wie ein Schiff, doch das war nicht sehr wahrscheinlich. Schon bald würde sie einfach zusammenklappen. O Rap! Rasha mußte eine sehr mächtige Zauberin sein, aber vielleicht war sie auch verrückt. War ihr Haß auf Männer echt? Hatte sie die
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