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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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hatte. Cushing tippte darauf, dass es irgendwann in den 20ern auf Kiel gelegt worden war.
    »Lassen Sie uns zurückfahren«, bat Elizabeth.
    Aber Cushing hatte noch nicht die Absicht zu gehen. Er stand neben ihr im Sumpfboot, eine der langen, abgeplatteten Ruderstangen in der Hand. »Was wissen Sie über den Kahn da?«, fragte er.
    »Nur ein Wrack wie alle anderen.«
    »Nein, das stimmt nicht. Ich sehe es in Ihren Augen – das Schiff ist anders. Was hat es damit auf sich?«
    Sie stand einen Moment lang nur da, als versuchte sie, sich eine glaubwürdige, unverfängliche Antwort einfallen zu lassen, damit sie von hier verschwinden und zur Mystic zurückkehren konnten. Dann seufzte sie. »Das ... das ist das Schiff des Eremiten.«
    »Des Eremiten?«
    Sie nickte. »Ein alter Mann. Er ist schon hier gewesen, als wir ankamen. Er verabscheut andere Menschen. Und er hat eine Waffe.«
    Aus irgendeinem Grund kaufte Cushing ihr das nicht ab. »Haben Sie schon mal mit ihm geredet?«
    »Er ist verrückt.«
    »Und schon hier gewesen, als Sie kamen?«
    »Ja.«
    Das lieferte natürlich ein weiteres Argument für Cushings Zeitverzerrungstheorie. Wenn Elizabeth und die anderen aus dem Jahr 1907 gekommen waren und dieses Schiff schon hier gelegen hatte, ein Schiff, das aussah, als sei es frühestens in den 20er-Jahren gebaut worden – dann passte das doch zusammen, oder?
    »Ich möchte gerne an Bord gehen«, sagte Cushing. »Ich möchte mit diesem Eremiten reden.«
    »Mr. Cushing, bitte ...«
    »Sie müssen nicht mitkommen.« Cushing lächelte.
    Elizabeth runzelte die Stirn.
    Wie es da so in den Algen ruhte, eingehüllt in Nebelschleier, sah das Schiff wirklich wie ein Spukhaus auf einem überwucherten, vernachlässigten Grundstück aus. Groß, unheimlich und lautlos lag es da, die Fenster des Ruderhauses verbarrikadiert, der Bug mit einer Haut aus Algen behangen. Die Decks trugen einen Kranz aus Schatten, und eine Schimmeldecke wuchs über die Streben und Winden. Auf dem Vordeck lag viel Gerümpel herum – Metall und geschmolzenes Plastik und jede Menge Müll, der aussah wie angekokelt.
    Cushing betrachtete es ausgiebig, nahm alles in sich auf. Ein Schiff wie jedes andere, und doch war er davon überzeugt, dass es ihm etwas mitteilen wollte.
    »Sehen wir es uns einmal an.«
    Elizabeth schüttelte resignierend den Kopf. Gemeinsam stakten sie durch das Tangmeer, bis sie sich weit genug genähert hatten, dass Cushing das Schanzkleid des Schiffs ergreifen und das Sumpfboot längsseits ziehen konnte.
    Cushing zog sich hoch und über die Reling. Das Deck war nass und glitschig, und beinahe hätte er sich hingelegt. Die Planken knarrten unter seinem Gewicht, hielten aber. Elizabeth warf ihm eine Leine zu, mit der er das Sumpfboot an der Reling vertäute. Er half ihr an Bord, aber sie war stark und gelenkig und schien seine Hilfe gar nicht nötig zu haben. Sie machte einen nervösen und unbehaglichen Eindruck. Mit der rechten Hand umklammerte sie den Griff der Machete, die sie am Gürtel trug.
    »Es wird ihm nicht gefallen, dass wir herkommen.«
    Cushing spürte das Schiff unter sich und um sich herum und glaubte mit Sicherheit zu wissen, dass es unbewohnt war. Hier gab es nichts mehr außer Erinnerungen. Er konnte es fühlen.
    Er lief nach vorne, um den Mast herum und die kurze Treppe zum Ruderhaus hinauf. Er klopfte an die Tür. Wartete. Klopfte noch einmal. Nichts – nur das Echo seines Klopfens im Inneren, sonst nichts. Er schob die Tür auf. Sie öffnete sich mit einem kratzenden, ächzenden Geräusch. Drinnen war es stockfinster. Er fand eine Lampe und zündete sie an. Schon besser. Der Eremit hatte offenbar im Ruderhaus gewohnt. Eine Liege stand an der Wand, Bücher stapelten sich auf dem Boden und in Regalen. Ein mit Papieren übersäter Schreibtisch, ein weiterer Tisch voller Karten. Es roch wie in einer alten Bibliothek, nach muffigen Seiten und modrigen Einbänden.
    Cushing ging zum Kartentisch.
    Sie zeigten hauptsächlich den Atlantik, insbesondere die Region um Kap Hatteras. Ein handgezeichnetes Exemplar fiel ihm auf. Im Schein der Lampe studierte Cushing es aufmerksam. Je länger er sie betrachtete, desto aufgeregter wurde er. »Sie wissen, was das ist, stimmt’s?«, fragte er.
    Elizabeth warf einen Blick auf die Karte. »Ja.«
    Es handelte sich um eine sorgfältig mit Tinte angefertigte Karte des Schiffsfriedhofs. Sehr detailliert, wenn auch unvollständig, wahrscheinlich die Arbeit von Jahren. Offenbar hatte der Eremit

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