Deadline - Toedliche Wahrheit
Stellungnahme gibt es noch nicht, aber Talking Points hat ein Interview mit Direktor Swenson bekommen … «
Ich schnaubte. Talking Points ist eine lausige Website, die in dem Ruf steht, Berichte nachzubearbeiten, um den Wünschen des Meistbietenden entgegenzukommen. Ihnen ein Exklusivinterview zu geben war etwa das Gleiche, wie wenn man einen Werbeplatz zur besten Sendezeit kaufte: Eine großartige Investition und ein schreckliches Verbrechen an der Wahrheit.
Alaric kniff die Augen zusammen. »Darf ich weitermachen?«
»Tut mir leid.« Ich deutete mit meinem Becher auf ihn. »Ich bin ganz Ohr. Keine Unterbrechungen mehr, versprochen.«
»Das glaube ich, wenn ich es sehe«, brummte Alaric und fuhr dann fort: »Er hat die Geschichte von dem Laborunfall wiederholt und ein nettes kleines ›wenn sie sich nicht irgendwie in einen Sicherheitsbereich verirrt hätten, dann hätten sie auch nicht die Nottunnel benutzen müssen‹ hinzugefügt, um den Eindruck zu erwecken, dass du und Becks unachtsam gewesen wärt oder dass ihr euch, schlimmer noch, in einem gesperrten Bereich herumgetrieben hättet.«
»Wie haben wir darauf reagiert?«
»Mahir hat euer Videomaterial ohne Ton hochgeladen, alles von dem Zeitpunkt an, als der Direktor euch im Konferenzzimmer zurücklässt, bis zu dem, an dem das Licht ausgeht. Der Zeitstempel ist ununterbrochen zu sehen. Wenn ihr irgendwo wart, wo ihr nicht hättet sein sollen, dann deshalb, weil der Direktor euch dort sitzen lassen hat.«
»Erinnere mich daran, sein Gehalt zu erhöhen!«
»Wie wäre es, wenn du uns andere erst einmal aus der Schusslinie bringst?« Alarics Tonfall klang unwirsch, fast schon giftig. Ich hatte ihn noch nie so mit jemandem reden hören. Nicht einmal, nachdem ich ihm die Nase gebrochen hatte, weil er angedeutet hatte, dass mein anhaltendes Bedürfnis danach, mit George zu sprechen, ein Anzeichen von Geisteskrankheit sei. Ich weiß das selbst, und damals wusste ich es auch schon. Ich bin nur der Meinung, dass die Alternative zum Verrücktwerden darin besteht, dass es einem noch schlechter geht.
Ich stellte meinen Becher ab und musterte Alaric stirnrunzelnd. Er sah müde aus, aber das war nicht weiter verwunderlich. Wir sahen alle müde aus, und aus gutem Grund. »Mann, was ist los? Hat dir jemand ins Müsli gepisst oder was?«
»Ich bin mir bloß nicht sicher, ob deine Prioritäten noch klar verteilt sind. Weiter nichts.« Alaric schaute mich fest an, die Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst. »Schließlich kann an diesem Punkt keiner von uns mehr kündigen, nicht wahr? Nicht, wenn man Gebäude in die Luft jagt, um uns vom Nachstochern abzuhalten.«
»Wie, und du findest, dass das meine Schuld ist?« Ich wedelte mit dem Arm Richtung Eingangstür. »Ich habe den Doc nicht darum gebeten, hier aufzutauchen, und sobald diese Leute auch nur die geringste Ahnung hatten, wo sie sich aufhielt, haben sie angefangen zu schießen, weißt du noch? Das kannst du nicht mir anhängen, Alaric. Wenn du auf jemanden sauer sein willst, dann bitte auf sie.«
» Sie hat uns den Aufhänger für eine Story über die größte Verschwörung unserer Generation mitgebracht! Du willst einfach nur Rache! Es geht nicht immer alles um dich, Shaun. Es ging nie alles um dich. Du bist nicht der Einzige, der belogen wird, und du bist nicht der Einzige, der jemanden verloren hat. Ich schätze, ich bin es einfach leid, dass du dich so aufspielst.«
Ich blinzelte. »Dass ich … was?«
»Du hast mich schon verstanden.«
»Ich habe nie behauptet, dass dieser Kampf nicht uns alle anginge.«
»Tja, dann hab ich mich wohl vertan.«
Ich knallte die Hand so fest auf den Tisch, dass der Kaffee in meinem Becher überschwappte. Alaric zuckte zusammen. »Verdammt noch mal, Alaric, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Zickenkrieg zu spielen! Was zum Henker ist dir über die Leber gelaufen? Hat dich jemand im Forum genervt? Sind deine Anteile runtergegangen? Gefällt dir dein Gästezimmer nicht? Was ist?«
»Gibt es einen bestimmten Grund, warum Rebecca, als sie heute Morgen die Treppe zu den Gästezimmern runtergekommen ist, aussah, als hätte sie kein Auge zugetan, und sich bei der ersten Gelegenheit verdrückt hat?« Alarics Tonfall war so scharf, dass man Stahl damit hätte schneiden können. Er machte seinen Laptop zu und fuhr fort: »Du hast da noch geschlafen. Vielleicht ist sie deshalb so schnell abgehauen. Um einer unangenehmen Begegnung auszuweichen.«
»Oh Kacke!«
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