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Deathkiss - Suess schmeckt die Rache

Deathkiss - Suess schmeckt die Rache

Titel: Deathkiss - Suess schmeckt die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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erreicht, ein schmuckloses Gebäude, dessen pastellgrüner Fassadenanstrich durch zu viele Jahre in der Sonne Blasen geworfen hatte.
    Das Dach musste erneuert werden, und die enge Zufahrt war von Unkraut und Gras überwuchert, das ebenso vertrocknet und ausgebleicht war wie der Rasen vor dem Haus.
    »Soll ich Sie begleiten?«
    »Ich komme schon allein zurecht.«
    »Dann warte ich hier.«
    »Das ist nicht nötig.«
    »Ich weiß. Trotzdem.«
    Shannon wollte widersprechen, doch sein entschlossener Gesichtsausdruck verriet ihr, dass es zwecklos wäre. Er würde es sich nicht ausreden lassen. Außerdem hatte sie jetzt weder die Kraft noch die Zeit für Diskussionen.
    Sie sah unbehaglich zum Haus hinüber. Das Unvermeidliche ließ sich nicht länger hinauszögern. »Darf ich noch einmal Ihr Handy benutzen?«, fragte sie.
    »Bitte.«
    Sie tippte die Nummer ein. Ihre Mutter meldete sich bereits nach dem zweiten Klingeln. Sie klang verschlafen, aber dennoch angespannt – als sei ihr trotz ihrer Schläfrigkeit klar, dass ein Anruf um diese Zeit nichts Gutes bedeuten konnte. »Hallo?«
    »Hi, Mom, ich bin’s, Shannon.«
    »Shannon? Was ist passiert?« Ihre Stimme klang jetzt angstvoll, alarmiert. Shannon sah vom Wagen aus, wie sich das Schlafzimmerfenster ihrer Mutter im ersten Stock erhellte – sie hatte die Nachttischlampe eingeschaltet. »Ist alles in Ordnung mit dir? Was machen die Kopfschmerzen?«
    »Ich stehe hier bei dir vor dem Haus. Mach bitte die Tür auf.«
    »O mein Gott, was ist denn los?«, fragte Maureen, und Shannon sah jetzt hinter der Jalousie den Schatten ihrer Mutter, die aufstand und den Bademantel vom Pfosten am Fußende des Bettes nahm.
    »Lass mich rein, Mom, dann erkläre ich dir alles.«
    »Herrgott, was ist denn nur schon wieder passiert?«
    Shannon beendete das Gespräch, gab Travis das Handy zurück und stieg aus dem Wagen. Als sie gerade den Rasen überquert hatte, ging auf der Veranda das Licht an, das Schloss klickte, und hinter dem Insektenschutzgitter öffnete sich die Haustür. Maureen Flannery, klein und zerbrechlich, das rote Haar von einer Art Netz zusammengehalten, stand in einem abgetragenen Chenille-Bademantel vor der Gittertür. »Was ist passiert?«, fragte sie wieder eindringlich, mit angstvoller Miene, während sie den Riegel der Insektenschutztür löste.
    Shannon hatte sich bereits zurechtgelegt, was sie sagen wollte. »Es geht um Mary Beth, Mom. Es hat einen Unfall gegeben.« Sie schlüpfte ins Haus, in dem der Geruch von Staub, Reinigungsmittel, Bratfett und Zwiebeln hing. Sofort stiegen in ihr Erinnerungen an ihre Kindheit mit ihren lauten, ungestümen großen Brüdern auf: wie Shea und Robert das Treppengeländer hinunterrutschten, wie Aaron heimlich von der Veranda aus mit seiner Steinschleuder auf das Vogelhäuschen zielte, wie Neville und Oliver im Apfelbaum im Garten ein Baumhaus bauten, es dann jedoch halbfertig aufgaben, um lieber auf dem Dachboden ein Fort zu errichten. Und sie, Shannon, war bei all dem immer mit von der Partie gewesen. Obwohl ihre Mutter versucht hatte, ihr Interesse am Kochen und Nähen, an Gartenarbeit oder sogar am Schreiben zu wecken, war sie immer die Erste, die drängelte, wenn es darum ging, in einem Pappkarton die Treppe hinunterzurutschen oder eine Wasserbombenschlacht zu schlagen, in der sie grundsätzlich den Schlauch bediente.
    Wie oft hatte Maureen ihr Haus als ›Tollhaus‹ bezeichnet.
    Jetzt war alles ordentlich aufgeräumt, jedes Buch stand an seinem Platz im Regal. Das einzige Geräusch war das Ticken der Kuckucksuhr im Eingangsflur.
    »Was ist mit Mary Beth? Ist sie verletzt? Nun erzähl schon«, drängte Maureen.
    Shannon musste sich überwinden weiterzusprechen. »Mary Beth ist verunglückt, Mom. Sie ist tot.«
    »Tot? Nein!« Alle Farbe wich aus Maureens Gesicht.
    »Doch, Mom, es ist leider wahr.«
    Maureen begann zu zittern. Sie lehnte sich mit der schmalen Schulter an den Türrahmen. »Aber ich habe sie erst kürzlich noch … O Gott …« Sie schwieg einen Moment lang fassungslos, dann setzte sie mit aufsteigender Panik hinzu: »Und die Kinder?«
    »Elizabeth und RJ geht es gut. Sie sind bei Mary Beths Schwester Margaret.«
    »Und …«
    »Auch Robert ist wohlauf.« Das war eine Lüge. Er mochte körperlich unversehrt sein, aber emotional war er am Boden zerstört.
    »Aber wie ist das denn nur passiert?«
    »Es hat gebrannt.«
    »Gott im Himmel!« Maureen bekreuzigte sich. »Schon wieder ein Brand?«, flüsterte sie.

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