Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
jemandem Bescheid geben muss. Mir schwirrt der Kopf.«
»Kein Problem.«
Er reichte ihr sein Handy, und sie tippte eine Nummer ein.
Sie saß noch immer neben ihm, einen Fuß aufs Trittbrett gestützt, die verblichene, abgetragene Jeans straff gespannt. »Hey, bist du noch am Schauplatz …? Ja, wirklich grauenhaft … Ich kann es mir nicht vorstellen, und Robert… Ich weiß. Hör zu, ich war bei Mom, und sie war ziemlich fertig, aber Oliver ist gekommen, um mit ihr zu beten oder was auch immer, und ich schätze, sie kommt zurecht … Hmm … Sag mal, würdest du mir einen Gefallen tun? Kannst du meinen Pick-up einparken? Ich konnte ihn vorhin nicht wegfahren, er war zugeparkt. … Ich habe mich nach Hause bringen lassen … von Settler.« Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu, dann nickte sie, als ob der Bruder am anderen Ende der Leitung sie sehen könnte. »Keine Sorge. Ich komme klar … Der Schlüssel steckt im Zündschloss. Wir sehen uns morgen. Danke, Aaron.« Sie klappte das Handy zu und gab es Travis zurück. »Mission erfüllt.« Shannon stieg aus, dann drehte sie sich zu Travis um und sah ihm ins Gesicht. »Danke.«
»Kein Problem.«
»Nein, ich meine: für alles.« Sie schenkte ihm den Hauch eines Lächelns, eine Spur von Wärme. Ihr sonst so schönes Gesicht war eine Maske von Kummer, Schmerz und völliger Erschöpfung.
»Gern geschehen.«
»Ich würde Sie ja hereinbitten«, sagte sie, hob eine Hand und ließ sie wieder sinken. Sie sprach den Satz nicht zu Ende, aber Travis verstand dennoch.
»Ein anderes Mal. Ich komme morgen her. Beziehungsweise heute, nachher.«
»Um zu sehen, ob die Hunde Witterung von Dani aufnehmen können.«
Er nickte ernüchtert bei dem Gedanken an seine vermisste Tochter. Mit leisem Schrecken wurde ihm bewusst, dass er immer deutlicher Shannons Ähnlichkeit mit Dani erkannte. Er warf einen Blick zum Haus. »Haben Sie jemanden, der auf Sie aufpasst?«
»Ich habe Khan.« Sie lächelte. Das erste echte Lächeln, das er bei ihr sah. Etwas in seiner Miene veranlasste sie anscheinend, noch mehr zu lächeln.
»Sie Meisterdetektiv«, spottete sie. »Sie sind doch derjenige, der in meinem Privatleben herumwühlt, um mein Haus herumschleicht, mir mit dem Fernglas nachspioniert. Nun, habe ich wohl jemanden, der auf mich aufpasst?« Sie schlug die Wagentür zu und sah ihn durchs offene Fenster an. »Sagen Sie’s mir. Morgen frage ich Sie ab.«
Sie hob zum Abschied die Hand, ging zur Haustür, schloss sie auf und schaltete außen und innen das Licht ein, bevor sie sich zu ihrem Hund niederbeugte. Khan wedelte mit dem Schwanz und winselte freudig. Nachdem Shannon ihn begrüßt hatte, lächelte sie Travis noch einmal zu, dann verschwand sie im Haus, und er hörte, wie sie die Tür abschloss.
Travis ließ den Motor an. Wo mochte Santana sein? Schon neulich bei dem Brand war er nicht da gewesen, warum ließ er sie wohl in dieser Nacht schon wieder allein?
Während Travis seinen Pick-up auf dem Kiesplatz wendete, hielt er Ausschau nach einem weiteren Fahrzeug, doch der Parkplatz war leer. Möglich, dass Santanas Wagen in der Garage stand, aber Travis hatte so ein Gefühl, dass der Kerl sich nicht auf der Ranch aufhielt. Er warf einen Blick auf die Uhr. Es war spät, Stunden nach Mitternacht. Wo steckte Santana? Und wo war er in der Nacht gewesen, als Shannon überfallen wurde?
Nachdenklich ließ er den Blick über die Wirtschaftsgebäude schweifen, bis er an den rußgeschwärzten Überresten des Schuppens haften blieb.
Wer steckte hinter diesen Taten?
Herrgott, wo war Dani?
Verzweiflung und Angst bohrten in ihm. Mit einem leisen Fluch trat er aufs Gas, dass der Kies aufspritzte.
Die Zeit lief ihm davon. Das Monster, das seine Kleine in der Gewalt hatte, wurde immer dreister und gefährlicher. Jetzt war eine weitere Frau tot, und Travis war verdammt sicher, dass der Mord an Mary Beth Flannery in einem Zusammenhang mit Danis Entführung stand.
Er konnte nur hoffen, dass seine Tochter noch lebte.
Oliver war allein.
Die Kathedrale war menschenleer, geradezu gespenstisch leer.
Hastig schlug er das Kreuzzeichen und kniete auf dem kalten Steinboden nieder. Dabei schmerzten seine Knie, die Folge einer alten Sportverletzung.
Er nahm die Schmerzen an. Wünschte sich, er könnte mehr ertragen. Dann würde das Böse vielleicht auf ewig aus seiner Seele verbannt.
Doch es blieb, ein düsteres Krebsgeschwür, das langsam um sich griff.
»Vergib mir, Vater, denn ich habe
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