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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Klavierspielen.« Die Hand fiel ihm in den Schoß, als habe ein Marionettenspieler die Schnüre durchtrennt. »Nachbarn kamen, haben gesagt, alles ist wahr.«
      »Nathan, willst du damit sagen, daß du versucht hast, ihre Haustür einzuschlagen? Und die Nachbarn sind gekommen?«
      Nathan lächelte, als habe Adam eine brillante Schlußfolgerung gezogen. »So isses. Muß gebrüllt haben. Kann mich nicht erinnern.«
      »Hat jemand deine Hand untersucht? Du solltest zu einem Arzt gehen.«
      »Is’ doch egal«, murmelte Nathan, dann richtete er sich in seinem Sessel ein wenig auf und schien den Blick auf Adams Gesicht zu konzentrieren. »Ist egal«, erklärte er bedächtig. »Nichts spielt mehr eine Rolle.«
      Großer Gott, dachte Adam. Er war ein Idiot, ein blinder Idiot gewesen. Nathans verschleierte Andeutungen über jemanden in seinem Leben, seine nervöse Erregung. Und der Ausdruck auf Vic McClellans Gesicht, als er Nathans Namen erwähnt hatte.
      »Es tut mir so leid, Nathan. Ich hatte keine Ahnung.«
      Nathan rutschte plötzlich in seinem Sessel nach vorn und stieß sein Glas vom Beistelltisch. Es fiel auf den Teppich und rollte mit einem sanften >Klick< gegen den Kaminsockel. »Ich muß sie sehen«, sagte er klar und deutlich, als habe die Verzweiflung seinen Alkoholnebel vorübergehend gelichtet. »Verstehst du? Ich muß sie im Arm halten, berühren, damit ich weiß, daß es wahr ist. Ich habe Jean gehalten, bis sie nicht mehr Jean war. So hab ich’s begriffen.« Er sah Adam stirnrunzelnd an, streckte erneut die Hand nach seinem Whiskyglas aus und starrte verdutzt auf den leeren Fleck auf dem Tisch.
      Adam stand auf und holte das Glas. Als er zum Tisch zurückkam, sah er, daß die Flasche Whisky fast leer war. Wie voll war sie anfangs gewesen, fragte er sich. Mußte er eine Alkoholvergiftung seines Freundes fürchten?
      »Komm Nathan, ich bringe dich jetzt ins Bett«, drängte er sanft.
      Nathan schenkte den letzten Whisky in sein Glas und kippte ihn weg. »Will nich’ schlafen. Dann muß ich nämlich aufwachen, kapiert?« Er legte den Kopf gegen die Rücklehne des Sessels und schloß die Augen. »Geh heim, Adam. Gibt nichts zu tun.« Nach wenigen Sekunden wiederholte er wie zu sich selbst: »Nichts zu tun.«
      Adam blieb, beobachtete ihn, bis sich der Rhythmus seines Atems änderte. Ob Nathan eingeschlafen war oder das Bewußtsein verloren hatte, vermochte er nicht zu beurteilen. Aber seine Atemzüge waren tief und regelmäßig, und er reagierte nicht, als Adam leise seinen Namen rief.
      Adam kniete vor dem Kamin nieder und häufte das Feuer auf. Dann befestigte er den Funkenschutz. Er nahm die Decke, die über seinem Sessel hing, und breitete sie über Nathans reglose Gestalt. Als es nichts mehr zu tun gab, verließ er das Haus.
      Erst, als er in der tristen Stunde vor dem Morgengrauen in seinem Bett im Pfarrhaus aufwachte, wurde ihm klar, was er im flackernden Schein des Kaminfeuers bei Nathan kurz gesehen hatte: das alte Schrotgewehr von Nathans Vater, das im Schatten hinter der Gartentür gestanden hatte.
     
    Als Kincaid in die Carlingford Road einbog, sah er Gemma im Widerschein der Straßenlaterne. Sie trug Jeans und den alten Marine-Kolani, den sie bei Ausflügen am Wochenende benutzte, und saß auf den Stufen vor dem Eingang seines Wohnhauses, die Arme um die Knie geschlungen, als sei ihr kalt.
      Zuerst empfand er grenzenlose Erleichterung. Nur zu wissen, daß sie lebte und es ihr gutging, daß sie ihm nicht auch noch genommen worden war, beruhigte ihn. Bis sich in die Erleichterung jene sinnlose Wut mischte, die man einem Kind entgegenbrachte, das gerade einem Unglück entronnen war.
      Er fuhr den Rover in eine Parklücke am Straßenrand, stieg aus und ging zu ihr. »Warum bist du nicht raufgegangen?« fragte er. »Du bist ja halb erfroren.«
      »Ich bin drinnen gewesen«, antwortete sie. »Aber ich konnte nicht stillsitzen.« Sie stand auf. »Der Chef hat mir das mit Vic erzählt, Duncan. Es tut mir so leid.«
      In diesem Moment wurde ihm klar, daß er alles ertragen konnte, nur ihr Mitgefühl nicht, daß er bei jedem Versuch einer Antwort seine so mühsam aufrechterhaltene Beherrschung endgültig verlieren würde. Er wandte den Blick ab. »Gehen wir rauf und trinken wir ein Glas.«
      Gemma hatte bereits die Lichter in der Wohnung und die Heizung angemacht. Nachdem er zwei Gläser Scotch eingeschenkt hatte, setzte er sich zu ihr aufs Sofa. Sid

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