Deep Secrets - Berührung
er, während er auf dem Stuhl mir gegenüber Platz nimmt. »Ich habe eine Wohnung in Paris, aber ich teile meine Zeit zwischen hier und dort. San Francisco regt meine Kreativität an. Ich kann die Stadt nicht lange missen.«
Dass er hier lebt, begeistert mich, und ich möchte ihn am liebsten zu seiner Arbeit ausfragen, aber Avas Bemerkung, dass er zurückhaltend sei, lässt mich zögern. Außerdem ist der Tisch klein, und ich kann den gleichen erdigen, männlichen Geruch von Mittwochabend riechen. Die Wirkung ist betörend. Ich bin mir nicht sicher, ob ich intelligente Fragen stellen kann, daher begnüge ich mich mit unbefangenem Smalltalk. »Ich hatte keine Ahnung, dass Sie aus San Francisco stammen, aber andererseits habe ich mich während der letzten Jahre ziemlich weit von der Kunstszene entfernt.«
»Und jetzt sind Sie zurückgekommen.«
»Für den Rest des Sommers«, stimme ich zu und beobachte ihn genau, als ich hinzufüge: »Oder bis Rebecca wiederkommt.«
Er legt die Stirn in Falten. »Sie kommt zurück?«
»Glauben Sie nicht?«
Er zuckt die Achseln. »Keine Ahnung. Ich habe sie kaum gekannt. Aber sie ist schon so lange fort, dass ich angenommen habe, sie hätte einen neuen Job gefunden.«
»Mark sagt, sie sei lediglich in Urlaub. Soviel ich verstanden habe, hat irgendein reicher Kerl sie zu einer Weltreise eingeladen.«
»Und Sie haben keinen Schimmer, wie lange es dauern wird, bis sie wiederkommt?«
»Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich bin so lange hier, bis sie wieder da ist.« Oder bis ich bewiesen habe, dass ich würdig bin zu bleiben, wenn sie zurückkehrt, rufe ich mir ins Gedächtnis.
»Hmmm«, murmelt er. »Dieser Urlaub mit offenem Ende ist ziemlich … merkwürdig.«
»Sie muss eine ungewöhnliche Angestellte sein.«
»Offenbar.«
Mir entgeht der Anflug von Sarkasmus nicht, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er Mark ebenso wenig mag wie Mark ihn.
»Über Wein?«, fragt er und deutet mit dem Kinn auf das Buch auf dem Tisch.
»Anscheinend reicht es nicht, Kunst zu kennen, um Kunst zu verkaufen. Ich muss auch über guten Wein, Opern und klassische Musik reden können, alles Themen, von denen ich keine Ahnung habe. Ich werde getestet, und weil ich gern hier und da ein Glas Wein trinke, scheint es mir als Thema nicht ganz so Furcht einflößend zu sein.«
Seine Lippen werden schmal vor Missbilligung. »Sie brauchen nichts als Kunst zu kennen, um Kunst zu verkaufen.«
»Sosehr ich Ihnen zustimme, bin ich eine Sklavin von Marks Forderungen.« Rebeccas Satz spult sich in meinem Kopf ab und erwischt mich kalt.
Du weißt, dass ich dich bestrafen muss.
Ich fühle mich sofort unbehaglich, und mein nervöses Geschwafel beweist, dass es in mir arbeitet, und zwar mächtig. »Meine Kenntnisse der Oper oder der klassischen Musik sind gleich null, und offen gesagt, ich mag keins von beiden.«
Mein Fauxpas erschreckt mich zutiefst, kaum dass ich ihn ausgesprochen habe, und ich kann spüren, wie das Blut aus meinen Wangen weicht. Sein Vater war ein berühmter klassischer Pianist. »Oh Gott. Es tut mir leid. Ihr Vater …«
»… war brillant«, unterbricht er mich, und seine Miene ist undeutbar, sein Tonfall gleichmütig. »Aber wie alle Dinge kann man sich Musikgeschmack aneignen. Wie ›ahnungslos‹ sind Sie in Bezug auf Weine?«
Ich blinzle und bin so neben der Spur, dass ich offensichtlich die Fähigkeit verloren habe, meine Kommentare zu filtern. »Ich weiß, wie man auf den Namen auf der Speisekarte zeigt, und der Kellner bringt den Wein.«
Chris’ grüne Augen blitzen amüsiert, er wirkt nun nicht mehr ernsthaft, sondern entspannt. »Und Sie wählen den Wein, auf den Sie zeigen, wie aus?«
»Es ist eine höchst komplexe Methode«, erkläre ich. »Zuerst ist da meine Stimmung. Will ich roten oder weißen? Sobald diese Entscheidung getroffen ist, bewege ich mich zu der Entscheidung, ob gekühlt oder nicht gekühlt. Schließlich, Schritt Nummer drei, läuft es darauf hinaus – was ist das billigste Glas Wein, das den vorherigen Kriterien entspricht.« Er lächelt, lacht mich aber nicht aus, und ich bin entzückt und gleichzeitig froh.
»Sie wissen doch, dass wir in einer Weingegend leben, oder?«, neckt er mich. Da liegt der Anflug eines Flirts in seiner Stimme, von dem ich hoffe, dass ich ihn mir nicht nur einbilde.
»Weder mein Appartement noch die Schule, in der ich unterrichte, haben Weinberge hinterm Haus. Ich nehme an, ich bin höchst unkultiviert.«
Er wird
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