Deep Secrets - Berührung
alles.«
»Also ist die Antwort ja. Er hat dich dazu gebracht, Dinge zu tun, die du nicht tun wolltest.« Es ist keine Frage.
Ich reiße die Augen auf. »So war er, und er behandelte mich, als sei ich sein Besitz und nur zu seiner persönlichen Befriedigung auf dieser Erde.«
Er mustert mich, seine Miene leidenschaftslos, die Züge wie in Stein gemeißelt. »Und welche Gefühle wecke ich in dir?«
»Ich fühle mich lebendig«, flüstere ich, ohne zu zögern. »Einfach lebendig.«
Eine warme Decke der Erkenntnis hüllt uns ein. »Ich mich auch, Sara.«
Chris’ unerwartetes Geständnis stellt seltsame Dinge mit meinem Magen an. Ich gebe ihm das Gefühl, lebendig zu sein?
»Ihre Bestellung«, verkündet der Kellner mit einer energischen Zurschaustellung von gutem Service zur falschen Zeit.
Mein Salat, der gigantisch ist, wird serviert, und dann stellt der Kellner Chris’ Burger vor ihm ab. Ich nippe an meinem Wein, und die Kühle hilft die Hitze zu lindern, die durch meinen Körper wallt.
»Sie haben hier eine beeindruckende Weinkarte«, bemerkt Chris. »Und sie haben in ihrem Personal eine Weinführerin. Wenn du willst, kann ich es arrangieren, dass sie morgen früh ein wenig Zeit mit dir verbringt.«
»Das würde mir gefallen«, erwidere ich und bin mir bewusst, wie sehr er mich in meinem Job unterstützen möchte. Das bedeutet mir etwas. Chris tut Dinge, die mir etwas bedeuten.
Wir machen uns über unser Essen her, und er erwähnt einige interessante Fakten über den Weinanbau in der Region und interessiert mich damit weit mehr für Wein, als ich es selbst mit dem Auswendiglernen von Namen und Weingütern vermocht habe.
»Um Wein zu verstehen, muss man die Regionen kennen, in denen er produziert wird. Italienischer Wein wird wegen der Erde und des Klimas geschätzt. Napa ist einer der wenigen Orte, der sich mit italienischen Weingegenden vergleichen lässt, zumindest meiner Meinung nach. Das Klima hier wird als ›mediterran‹ klassifiziert. Nur zwei Prozent der Erde sind mediterran. Denke dir Sommer und milde Winter hinzu, dort gedeihen Trauben jedes Jahr.«
»Das Erdreich lässt die Trauben wachsen, aber wirkt es sich auch auf den Geschmack aus?«
»Absolut. Vor zehn Millionen Jahren schufen die Bewegungen der Erdoberfläche die Berge und dieses Terrain, zusammen mit einer Vielzahl von Vulkanausbrüchen. Das Ergebnis sind mehr als hundert verschiedene Böden, und jeder verleiht dem Wein einen anderen Geschmack und eine andere Beschaffenheit.«
Beeindruckt von seinem Wissen stelle ich Unmengen von Fragen, während wir essen. »Woher weißt du so viel über Weine?«
Es liegt ein leichtes Knistern in der Luft, eine subtile Spannung. »Mein Vater war ein hervorragender Weinkenner, und wie dir aufgefallen sein wird, haben Wein und Kunst ziemlich viel miteinander zu tun.«
Sein Vater. Ich spüre seine Anspannung, wenn das Gespräch auf ihn kommt, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er auch der Grund ist, warum Chris Bier Wein vorzieht.
»Ihr Wagen ist eingetroffen, Mr Merit«, verkündet der Kellner, der an unserem Tisch erscheint.
»Wir werden gleich draußen sein«, antwortet Chris. »Stellen Sie die Rechnung aufs Zimmer aus.«
Ich bin überrascht. »Du fährst nicht selbst?«
»Es ist leichter, den Wein zu genießen, wenn uns ein nüchterner Fahrer zurück zum Hotel fährt.« Chris erhebt sich und kommt auf mich zu, dann zieht er meinen Stuhl heraus und hilft mir auf die Füße. Plötzlich bin ich an ihn gepresst, seine Hand drückt mich an seinen Körper, und er fügt leise hinzu: »Leichter, dich zu genießen.«
Wir treten nach draußen, und ich fühle mich daran erinnert, dass eine Reisestunde einen drastischen Einfluss aufs Wetter haben kann. Wo San Francisco Ende August den kühlen Wind vom Ozean hat, hat Calistoga hier in der Napa-Region das nicht.
Eine Limousine parkt vorm Eingang, und es überrascht mich nicht zu erfahren, dass sie für uns bestimmt ist. Obwohl ich noch nie an einem Ausflug zu Weingütern teilgenommen habe, bin ich mir darüber im Klaren, dass die Limousinenfahrt zwischen den Weinkellereien ziemlich alltäglich ist. Was nicht alltäglich ist, ist die Tatsache, dass der Hotelpage mir einen gefalteten und fein mit Perlen besetzten cremefarbenen Schal reicht.
»Für den Fall, dass Ihnen kalt wird, Ma’am. Ich habe gehört, dass Sie für Ihre Rückreise in die Stadt noch einen Mantel benötigen. Der wird in Ihrem Zimmer auf Sie warten. In der Stadt wird es
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