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Dein ist die Rache

Dein ist die Rache

Titel: Dein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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ob er irgendwelche Leichen im Keller hat.«
    »Sozusagen. Ich bin politischer Berater. Ich buddle. Ich finde heraus, ob es irgendeinen Grund gibt, sich Sorgen zu machen.«
    Im Geiste lässt McAvoy die vielen politischen Skandale Revue passieren, über die er in den vergangenen Jahren in den Boulevardblättern gelesen hat. Er verzieht das Gesicht. »In der Politik gibt es anscheinend immer jede Menge, das später einmal peinlich werden kann.«
    Cocker grinst. »Ich kann ja nicht überall sein.«
    »Und was genau macht Ihnen in Bezug auf Stadtrat Tressider Sorgen?«
    »Stadtrat Hepburn.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Nein. Tun Sie nicht.«
    Cocker greift in die Innentasche seines Jacketts. Er bringt eine zerknitterte Rolle Papier zum Vorschein, eingehüllt in fotokopierte Zeitungsartikel und handschriftliche Notizen.
    »Ich möchte Ihnen etwas vorlesen«, sagt Cocker und räuspert sich. »Falls es Ihnen nichts ausmacht, heißt das …«
    »Wenn es wichtig ist«, meint McAvoy.
    »Wichtig? Möglicherweise. Jedenfalls interessant.«
    McAvoy wartet. Fragt sich, wann der andere Mann endlich zur Sache kommt.
    Cocker liest vor. »Er ist ein Politiker, der sein Vermögen mit der Kaufkraft der Homosexuellen gemacht hat – ein echter Swinger, der nichts auslässt, ob links, ob rechts, oder auch gelegentlich ab durch die Mitte …«
    McAvoy schließt die Augen. »Hochklassiger Stil. Wo stammt das her?«
    Cocker hält inne. »Politischer Blog. Einer von vielen. Die Zeitungen halten sich ein bisschen mehr zurück, aber ein paarmal gab es schon landesweite Schlagzeilen, die an diesen Schund herankamen.«
    McAvoy nickt. »Fahren Sie fort.«
    »Stephen/Steve Hepburn, 47, ein schillernder Paradiesvogel und Homo-Bar-Besitzer, stellt derzeit als unabhängiger Stadtrat das Rathaus von Hull auf den Kopf. Er ist ein Mann, der eine Lücke zu füllen versteht, wenn sie sich vor ihm auftut – und bei seinem Aufstieg zur Macht hat er noch keinen falschen Ton angeschlagen. Als lokale Größe mischte er Anfang der neunziger Jahre in der boomenden Musikszene von Manchester mit und führte verschiedene Bars in London, bevor es ihn vor zehn Jahren nach Hull zurückzog. Hepburn erwarb eine heruntergekommene Schwulenbar nicht weit vom Stadtzentrum, um sie zum größten, ausgeflipptesten und tuntigsten Club in ganz Großbritannien zu machen: das Slammers . Aus dem bürgerlichen Lager schlug Hepburn heftiger Widerstand entgegen, doch trotz aller Versuche, seinen Antrag zu blockieren, genehmigte der Bauausschuss Hepburns Vorhaben. Ja, sie gingen vor ihm auf die Knie und ließen es über sich ergehen. Seit damals will das Gerücht nicht verstummen, dass die Behörden nur Angst hatten, sich dem Vorwurf der Homophobie auszusetzen, und dass Hepburn das während der Beratungen auch weidlich ausnützte. Der publicityträchtige Fall begründete Hepburns Aufstieg, der sich in zahlreichen Rundfunk- und Fernsehinterviews charmant, offen und entschlossen gab – und ausgesprochen humorvoll. Hepburn trieb seinen Interviewern die Lachtränen in die Augen, während er seine Gegner und die Mitglieder des Bauausschusses lächerlich machte: Er imitierte ihre Eigenheiten und stellte ihre Motive voller zweideutiger Anspielungen in Frage. Etliche große Namen aus der Musikszene traten bei der Eröffnung seines Clubs auf, und bekannte Schwulenrechtler bejubelten seinen Erfolg – so dass er landesweit Aufmerksamkeit erregte. Das Slammers ist mittlerweile ein höchst populärer Veranstaltungsort, der Nachtschwärmer aus dem ganzen Land anlockt und einen Ruf des kontrollierten Hedonismus genießt, während die Leute fröhlich auf dem in die Hose gegangenen Vorstoß der Stadträte von Hull herumtanzen …«
    McAvoy bringt ihn mit erhobener Hand zum Schweigen. »Das ist ja widerlich.«
    Cocker breitet die Hände aus. Trinkt einen Schluck. »Das ist Politik.«
    »Ist es nicht. Es ist …«
    »Während des Disputs kam Hepburn offensichtlich auf den Geschmack«, fährt Cocker fort. »Er saugte den Beifall nur so auf. Bei den nächsten Lokalwahlen präsentierte er sich als Mann, der Großes zu bieten hat. Hauptsächlich durch die geringe Wahlbeteiligung und die Tatsache, dass der etablierte Labour-Stadtrat es nicht der Mühe wert fand, die Werbetrommel zu rühren, wurde Hepburn gewählt. Als die damals regierenden Liberaldemokraten eine Extrastimme benötigten, um einen entscheidenden Punkt ihres Programms durchzusetzen, überredeten sie Hepburn zu einer losen Koalition, die

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