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Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter

Titel: Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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mir von der Seite einen sanften Stoß mit der Hüfte und nimmt die Müslischale.
    »Dann hättest du eine Nachricht hinterlassen sollen.«
    Sie lässt Spülwasser einlaufen. Erst jetzt bemerkt sie, dass mein Arm zuckt und mein Bein solidarisch mitkrampft.
    »Was ist das für ein Zittern?«
    »Ich habe Parkinson.«
    »Was ist das?«
    »Es ist eine fortschreitende, degenerative neurologische Störung.«
    Darcy streift sich einen BH-Träger über die Schulter. »Ist es ansteckend?«
    »Nein. Ich zittere. Ich nehme Tabletten.«
    »Das ist alles?«
    »So ziemlich.«
    »Meine Freundin Jasmine hatte Krebs. Sie musste eine Knochenmarkstransplantation machen. Ohne Haare sah sie irgendwie cool aus. Ich glaube nicht, dass ich das gekonnt hätte. Ich würde lieber sterben.«
    In diesem letzten Satz liegt die ganze rücksichtslose Übertreibung der Jugend. Nur Teenager können aus Pickeln Katastrophen und aus Leukämie eine modische Verlegenheit machen.
    »Heute Nachmittag spreche ich mit der Direktorin deiner Schule …«
    Darcy öffnet den Mund zum Protest, aber ich schneide ihr das Wort ab. »Ich werde ihr sagen, dass du der Schule ein paar Tage fernbleiben wirst - bis zur Beerdigung, oder bis wir entschieden haben, was du machen willst. Sie wird Fragen stellen und wissen wollen, wer ich bin.«
    Darcy antwortet nicht, sondern wendet sich wieder dem Abwasch zu.
    Mein Arm zittert. Ich muss duschen und mich anziehen. Auf der Treppe höre ich ihre abschließende Bemerkung.
    »Vergessen Sie nicht, Ihre Tabletten zu nehmen.«

    Ruiz kommt um kurz nach elf. Sein alter forstgrüner Mercedes ist an den Stoßstangen und Türen schlammbespritzt. Es ist die Sorte Wagen, die nach Inkrafttreten der neuen Schadstoffnorm verboten werden wird, weil mit jeder Tankfüllung ganze Pazifikatolle verschwinden.
    Ruiz hat zugenommen, seit er im Ruhestand ist, und sich die Haare bis über die Ohren wachsen lassen. Ich kann nicht sagen, ob er zufrieden ist. Glück ist etwas, das ich nicht mit Ruiz assoziiere. Er stellt sich der Welt entgegen wie ein Sumoringer, der sich auf die Schenkel klopft und sein massiges Gewicht in den Kampf wirft.
    Zerknittert und abgehärmt wie eh und je gibt er mir einen Knochen zermalmenden Händedruck. Nach wie vor kein Anflug von Zittrigkeit. Ich beneide ihn.
    »Danke, dass du gekommen bist«, sage ich.
    »Wofür hat man Freunde?«
    Das meint er ganz ohne Ironie.
    Darcy steht am Tor und sieht in dem Kleid aus wie ein Elfenmädchen. Bevor ich sie Ruiz vorstellen kann, hält er sie für Charlie, packt sie an der Hüfte und wirbelt sie herum.
    Sie wehrt sich. »Lassen Sie mich los, Sie alter Bock!«
    Ruiz setzt sie abrupt ab und sieht mich an.
    »Du hast gesagt, Charlie wäre gewachsen.«
    »So viel nun auch nicht.«
    Ich weiß nicht, ob es ihm peinlich ist. Woran erkennt man das? Darcy zupft an ihrem Kleid und streicht sich eine Haarsträhne aus den Augen.
    Ruiz lächelt und verbeugt sich knapp. »Nichts für ungut, Miss. Ich habe Sie für eine Prinzessin gehalten. Ich kenne ein paar, die hier in der Gegend wohnen. In ihrer Freizeit verwandeln sie Frösche in Prinzen.«
    Darcy sieht mich verwirrt an, hat das Kompliment jedoch nicht überhört. Die leichte Röte in ihrem Gesicht ist jedenfalls nicht auf die Kälte zurückzuführen. Derweil kommt Emma den Weg heruntergerannt und wirft sich in Ruiz’ Arme. Er hält sie
hoch in die Luft und sieht sie an, als würde er schätzen, wie weit er sie werfen könnte. Emma nennt ihn Dooda. Ich habe keine Ahnung, warum. Seit sie sprechen kann, hat sie ihn bei jedem seiner Besuche so angeredet. Und auch wenn sie sonst gegenüber Erwachsenen eher schüchtern ist, war das mit Ruiz nie ein Problem.
    »Wir müssen los«, sagt er. »Ich habe vielleicht jemanden gefunden, der uns helfen kann.«
    Darcy sieht mich an. »Kann ich mitkommen?«
    »Du musst auf Emma aufpassen. Nur für ein paar Stunden.«
    Ruiz ist schon beim Wagen. An der Beifahrertür bleibe ich noch einmal stehen und sehe mich zu Darcy um. Obwohl ich das Mädchen kaum kenne, vertraue ich ihr meine jüngste Tochter an. Julianne hätte bestimmt einiges dazu zu sagen. Dieses Detail erzähle ich ihr wohl lieber nicht.
     
    Wir fahren über die Küstenstraße nach Portishead Richtung Bristol, vorbei an der Severn-Mündung. Die über den Dächern kreisenden Möwen stemmen sich gegen den böigen Wind.
    »Sie ist ein hübsches Ding«, sagt Ruiz und lässt die Finger über das Lenkrad baumeln. »Wohnt sie bei dir?«
    »Für ein paar

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