Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
indianische Schulung erhalten. Wenn er in dieser Weise schnaubte, das heißt, wenn er durch die weit geöffneten und vorgestreckten Nüstern die Luft so prüfend einsog und dann in einzelnen, möglichst leisen Absätzen wieder ausstieß, dann war ganz sicher >Etwas nicht richtig im Staate Dänemark<.
Ich zog also die beiden Revolver hervor und begann, das Haus an seiner Außenseite zu untersuchen. Es war einstöckig und lang gestreckt. Die Thüre war verschlossen. Ich klopfte mehrere Male vergebens. Links von ihr fand ich drei ebenfalls verschlossene Fensterläden, in dieser Gegend eine Seltenheit. Rechts von ihr fand ich eine zweite, viel breitere Thüre, welche mit einem Hängschlosse versehen war. Daneben aber standen und lagen verschiedene landwirthschaftliche und andere Gegenstände, welche mir die Gewißheit gaben, daß das Haus eine Schmiede sei.
Ich ging weiter – um die Ecke hinum. Ich fand aufgehäuftes Holzwerk, welches jedenfalls zum Verbrennen bestimmt war. Hinter dem Hause gab es ein kleines Viereck, eingezäunt mit Pfählen, welche in die Erde gestampft waren, so wie man es in deutschen Dörfern für Schweine oder Gänse herzustellen pflegt. Das Viereck schien leer zu sein, denn es war nicht die mindeste Bewegung zu bemerken.
Und dennoch schnaufte grad hier mein Rappe weit mehr und ängstlicher als vorher. Er schien sich zu scheuen, ganz an die Umzäunung heran zu treten.
Ich will nicht sagen, daß dies mir geradezu verdächtig vorgekommen sei, aber es war mir doch eine Veranlassung, meine Vorsicht zu verdoppeln. Das Haus war verschlossen, also bewohnt. Sollte man aber eine Wohnung in solcher Gegend und des Nachts ohne alle Aufsicht lassen? Es war leicht möglich, daß hier wenigstens etwas Ungewöhnliches vorgekommen sei, und ich nahm mir vor, die Sache weiter zu untersuchen.
Da mir das Pferd dabei nur hinderlich war und es auch leicht in eine unvorhergesehene Gefahr kommen konnte, so mußte ich das werthvolle Thier sichern. Ich hatte zum Anhobbeln weder Pflock noch Lasso, weder Strick noch Riemen; darum ließ ich es mit den Vorderbeinen in die Zügel treten. Es war dadurch so gefesselt, daß es sich nicht weit entfernen konnte, selbst wenn es dies ganz gegen seine Gewohnheit hätte thun wollen. Und sollte es ja während meiner Abwesenheit in irgend einer Weise bedroht werden, so war ich überzeugt, daß es sich mit den Hinterhufen auf das Tapferste zur Wehre setzen werde.
Nun erst trat ich ganz an die Umpfählung heran und zog eines der Wachshölzchen hervor, von denen ich mir in einer Bakkal-dükkiany in Edreneh einen kleinen Vorrath gekauft hatte. Ich brannte es an und leuchtete über die Umzäunung hinein.
Da lag ein Thier, riesig groß und lang und dicht behaart, grad wie ein Bär. Das Flämmchen erlosch; es war nun wieder dunkel. Welch ein Thier war das? War es lebendig oder todt? Ich nahm die Büchse herab und stieß es an. Es regte sich nicht. Ich stieß kräftiger, und dennoch blieb es unbeweglich. Das war nicht Schlaf, sondern Tod.
Ich stieg, da mir die Sache nun doch verdächtig vorkam, über die ungefähr vier Fuß hohen Pfähle, bückte mich nieder und befühlte das Thier. Es war kalt und steif, also todt. Das Fell war an mehreren Stellen klebrig. War das Blut?
Ich betastete den Körper. Ein Bär war es nicht, denn ich fühlte einen langen, zottigen Schwanz. Man sagt zwar, daß es auf den Höhen des Despodo-Dagh, Schar-Dagh, Kara-Dagh und Perin-Dagh noch vereinzelt Bären gebe. Ich will das nicht in Abrede stellen; aber wie sollte sich ein solcher grad hieher verlaufen haben, um in dieser Verzäunung zu verenden? Und wäre er in dieser Umgegend erlegt worden, so hätte man ihn gewiß nicht hier herein geworfen, ohne ihm vorher das Fell zu nehmen, ganz von dem sehr brauchbaren Fleisch abgesehen.
Um zu sehen, mit welcher Art von Thier ich es zu thun habe, fühlte ich nun nach den Ohren. Sapristi! Der Kopf des Thieres war zerschmettert, und zwar so, daß es eines sehr schweren Instrumentes bedurft hatte!
Ich brannte ein zweites Hölzchen an und sah nun, daß das erschlagene Thier ein allerdings wahrhaft riesiger Hund war, wie ich noch keinen gesehen hatte.
Wer hatte ihn erschlagen, und warum war dies geschehen? Der Besitzer des Thieres hatte es jedenfalls nicht gethan. Und ein Fremder, der so Etwas thut, kann dabei keine andere als nur eine böse Absicht verfolgen.
Ich begann zu ahnen, daß hier ein Verbrechen begangen worden sei. Zwar drängte sich mir die Frage auf, was das
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