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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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vorbereitet darauf, daß es ihr gelang, ihre Ruhe rasch wiederzugewinnen. Und so sagte sie denn: »Warum solltest du nicht? Es war einst der Wunsch meines Lebens.«
    » Einst «, wiederholte der Graf mit einem Anfluge von Bitterkeit oder doch Ironie.
    Die Gräfin aber achtete des ironischen Tones nicht und fuhr ihrerseits einfach fort: »Und wen? Aber wozu frag’ ich noch?«
    »Und wie stellst du dich zu meiner Wahl?«
    »Nun, sie hat Chic.«
    »Und du Mißtrauen?«
    »Nein. Ich habe sogar eine Vorliebe für sie.«
    »Gut. Dann bin ich deiner schließlichen Zustimmung sicher, obschon ich, um offen zu sein, vom Allerweltsstandpunkt aus mancherlei Schwierigkeiten und Hindernisse keinen Augenblick verkenne: Geburt und Stand und Konfession.«
    »Ja«, sagte Judith, »das trennt euch, Geburt und Stand und Konfession. Aber, mein lieber Adam, was euch eigentlich trennt, das hast du nicht genannt. Geburt und Stand, sagtest du. Nun wohl, in kleinen Verhältnissen bedeuten sie viel und schaffen vielleicht unübersteigliche Schwierigkeiten; aber das Haus Petöfy darf sich freier bewegen, und in dem Augenblicke, wo das Ja gesprochen ist, ist auch ausgeglichen, was Geburt und Stand vermissen ließen.«
    Er war ersichtlich erfreut, sie so sprechen zu hören, und nickte zustimmend.
    »Also nicht das«, fuhr die Gräfin fort. »Und auch die Konfessionsfrage nicht, die Frage nach der Rechtsgläubigkeit, die mich viel weniger ängstigt, als du vielleicht glaubst. Ich habe das Vertrauen zu der Macht unserer Kirche, der Macht meiner Gebete zu geschweigen, daß sie den mir wünschenswerten Ausgleich, wenn nicht schaffen muß, so doch schaffen kann . Aber eines kann sie nicht ausgleichen: den Unterschied der Jahre.«
    »Welches Wunder auch ungefordert bleibt.«
    »Und doch wäre es gut, es vollzöge sich. Ich wollte, du wärest weniger blind, oder es schärfte sich doch dein Auge.«
    »Blind?« nahm er jetzt erregt und mit einem Anfluge von Überlegenheit das Wort. »Blind. Bin ich es denn? Du verkennst mich beständig, Judith, indem du meine Fehler entweder übertreibst oder sie vielleicht auch in aller Aufrichtigkeit größer siehst, als sie sind. Sieh, ich habe lange den Eitelkeiten dieser Welt gelebt und dabei vieles nicht gesehen, was ich nicht sehen wollte. Wer aber sein Auge schließt, ist noch nicht blind. Ich weiß genau, was siebenzig Jahre bedeuten, und daß sie der Zypresse näher stehen als der Rosenlaube. Der Sprosser im Fliederbusch hat sie für mich ausgeschlagen. Ich weiß das. Glaube mir, Judith. Und weil ich es weiß, so bitt’ ich dich aufrichtig, erspar’ es mir, mich in meinen alten Tagen noch auf irgendwelchem Liebesweg oder wohl gar in Erwartung ausstehender Zärtlichkeiten ertappen zu wollen. Laß dir sagen, wie’s liegt. Ich habe das Einsamkeitsleben satt und habe vor allem auch die Mittel satt, die sonst dazu dienen mußten, dieser Einsamkeit Herr zu werden. Es ist mir klar geworden, daß man die Leere nicht mit Leerheiten ausfüllen oder gar heilen kann, und so steh’ ich denn vor einem neuen und nach einer sehr entgegengesetzten Seite hin liegenden Ausfüllversuche. Du hast es gut gehabt und hast unter Feßlers Assistenz dein Lebensmanna in der Kirche gefunden, und etwas von wirklicher Himmelsfreude hat dein irdisch Dasein durchleuchtet. Ich weiß wohl und weiß es allen Ernstes, daß dergleichen ein Glück ist; aber ich habe nicht das Talent dafür und muß mich mit etwas Irdischerem und Alltäglicherem behelfen. Jeder sucht das Glück auf seine Weise…«
    »Und findet es doch nur da, wo es wirklich liegt…«
    »Ich bitte dich, Judith, nicht das; nichts aus diesem Tone… Begreiflicherweise liegt es mir sehr fern, dich gerad in diesem Augenblicke herausfordern zu wollen, denn ich bedarf deiner Unterstützung, aber was du da für mich hast und mir hinwirfst, das sind Münzen, die der Bettler aufsucht, nicht ich. Es gibt nichts, das mich so nervös macht wie Gemeinplätze, darüber, um ihre Dürftigkeit zu verbergen, irgendein Segen mit irgendeinem Aplomb ausgesprochen wurde. Viel, viel mehr als derartig abständige Christlichkeiten bedeuten mir in diesem Augenblick ein paar heidnische Gottheiten dritten Ranges, kleine Göttinnen, in betreff deren ich nicht einmal weiß, ob sie mythologisch verbürgt und nicht vielleicht bloß Geschöpfe meiner eigenen Erfindung und Ernennung sind.«
    »Und die wären?«
    »Erst die Göttin der Zerstreuung, dann die der Beschwichtigung und Einlullung und endlich die der

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