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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ansichtig wurde, gab er Contredampf, legte noch einmal an und empfing respektvoll die Herrschaften. Franziska sah auf der Stelle, wie beliebt der Graf war und welches Ansehen er bei hoch und niedrig genoß.
    Es war ein glühheißer Tag, aber das ausgespannte Zeltdach, und mehr noch der Wind, der ging, ließen die Hitze nicht unangenehm empfinden. Am wenigsten empfand sie Franziska, die nicht müde wurde, die prächtigen Bilder, die der See bot, in sich aufzunehmen. Wohl war der Gardasee schöner gewesen, aber alles interessierte sie hier mehr, weil sie berufen war, zu dem allem in eine nähere Beziehung zu treten. Der alte Graf las nicht eigentlich, was in ihrer Seele vorging, aber er freute sich doch lebhaft ihrer aufrichtigen und ganz unverkennbaren Teilnahme.
    »Nun glaub’ ich«, hob er an, »wird es an der Zeit für mich sein, den Cicerone zu machen. Sieh, das da drüben ist Szent-Görgey. Und dies hier unten am Abhang mit den zwei Windmühlen, das ist Mihalifalva.«
    »Mihalifalva! Wie schön das klingt!«
    »Und ist doch das Prosaischste von der Welt. Was meinst du wohl, was sich hinter diesem Mihalifalva verbirgt? Mihalifalva heißt Michelsdorf. Alles hierherum ist falva, sehr natürlich, denn falva heißt Dorf. Und damit hast du den Schlüssel, der dir den ganzen poetischen Zauber aufschließt. Das da mit dem Schindelturm ist Iwanifalva. Wundervoll, denkst du. Nicht wahr? Aber, bei Lichte besehen, heißt es Hansdorf.«
    Unter allerlei Fragen, die Franziska tat, wurde der Graf immer beredter und begleitete die Namen der umherliegenden Dörfer und Städte bald auch mit Anekdoten, unter denen einige nicht nur pikant genug, sondern auch ganz darauf berechnet waren, Franziska die Gesellschaftskreise kennenzulehren, in die sie nun binnen kurzem eintreten sollte.
    Gegen sechs legte das Dampfschiff an der weit vorgebauten Landungsbrücke von Szegenihaza an, das Endstation und für die Nordhälfte des Sees genau dasselbe wie Nagy-Vasar für die Südhälfte war. Etwas landeinwärts erhob sich Schloß Arpa steil und mächtig und überblickte den See.
    »Sieh«, sagte der Graf und wies hinauf.
    Andras und Josephine blieben des Gepäckes halber zurück, und in einem leichten Korbwagen, dessen Trittbrett sich nur handhoch über der Erde befand, fuhren jetzt Graf und Gräfin von der Landungsbrücke her auf das Schloß zu. Die Sonne stand hinter einem alten, halb angebrochenen Steinturm, an dem anscheinend zwei nach außen hin an einem Balken oder einer Welle hängende Glocken gezogen wurden und sich schattenhaft hin und her bewegten, während ihr immer mächtiger werdender Klang die Luft erfüllte. Der Weg war wie eine Tenne, zu beiden Seiten stand der Mais über mannshoch, und dazwischen dehnten sich große Beete mit Wassermelonen, die durch einen vom Schloßberg herabkommenden Bach bewässert wurden. Im Flug ging es daran vorüber, die kleinen Pferde schüttelten ihre Mähnen, und in das tiefe Geläut der Glocken klang der Ton ihrer Glöckchen.
    Aber nun kam die Steigung, und die Pferde fielen wie von selbst aus dem Trab in den Schritt. Auch das Läuten oben wurde schwächer und schwieg endlich ganz, so daß der Graf den Kutscher auf ungrisch fragte, was es sei. Bevor dieser aber antworten konnte, begann das Läuten wieder; es waren indes nicht zwei Glocken mehr, die gingen, sondern nur eine.
    Franziska ihrerseits hatte bei der Fülle von Bildern, die sich ihr boten, des Zwischenfalls nicht acht. Alle hundert Schritte waren Laubgirlanden aufgezogen, an denen die Petöfyschen Farben flatterten, und auf einzelnen Felsvorsprüngen standen Männer und Frauen und schwenkten ihre Tücher und Hüte. So kamen sie bis an das Tor und fuhren unter seinem Wappenstein fort in den Schloßhof ein.
    Der Graf sprang aus dem Wagen, bot Franziska den Arm und führte sie von der Rampe her in die große dunkle Flurhalle. Hier hatten zahlreiche Dienerschaften Spalier gebildet und grüßten und knicksten, während Graf und Gräfin an ihnen vorüber in den oberen Stock hinaufstiegen, in dem eine Reihe Zimmer für Franziska hergerichtet war. Der Graf, wie wenn sie sein Gast gewesen wäre, verneigte sich vor der Entreetür und sagte mit einem ihm sonst uneigenen Ernste: »Gesegnet sei dein Ein- und Ausgang!… Ich schicke dir nun Hannah… Sie hat sich, seh’ ich, nicht vordrängen wollen, aber du wirst ihrer bedürfen.« Und nach diesen Worten empfahl er sich und ging in das Erdgeschoß zurück, wo die von ihm bewohnten Räume gerade unter den

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