Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
verführen und abzuknutschen. Was für ein Glück. Papa hätte wahrscheinlich schallend gelacht, ein großes Bestechungsgeld rausgeschlagen und mich ihnen direkt übergeben.
    Erleichtert drückte ich mich in den sandigen Übungsraum.
    »Falco! Alles in Ordnung?« Glaucus wirkte nervös. Er fungierte offiziell als mein Leibwächter. Ich sah ihm das Bedauern an, sich hier mit mir verabredet zu haben.
    »Keine Bange, mit diesen Idioten werde ich schon fertig.« Er glaubte mir. Sein Vater trainierte mich. »Pass du lieber auf dich auf, Glaucus!« Glaucus zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. Er sah gut genug aus, um zur Zielscheibe zu werden, schien sich dessen aber gar nicht bewusst zu sein.
    Bevor er zu mir an die Zuschauerbank kam, beendete er seinen nächsten Sprung. Kein Anlauf; die Kunst liegt im stehenden Absprung. Ich sah zu, als er sich auf dem Absprungbalken vorbereitete. Der Musikant ging in einen starken, rhythmischen Takt über. Glaucus richtete seine Gedanken auf den Sprung. In jeder Hand hielt er ein Gewicht. Er schwang sie zurück, riss dann seine Arme nach vorne und benutzte die Gewichte dazu, sich vorwärtszutreiben. Er war gut. Er flog über den Sand, streckte die Beine aus, beugte sie und bekam eine saubere Landung hin. Ich applaudierte. Genau wie zwei geschmeidige junge Schaulustige, angezogen von diesem gutaussehenden dunkelhäutigen Fremden. Ich winkte sie weg. Mir war es egal, ob sie annahmen, Glaucus und ich seien ein Liebespaar, solange sie nur die Biege machten und uns in Ruhe ließen.
    Gewichte hingen an den Wänden – aus Blei und Eisen, in Paaren, unten meist bootsförmig und oben mit Haltegriffen versehen. Sie waren mir vertraut. Mein Vater verkaufte gefälschte griechische Vasen und Amphoren, von denen er behauptete, sie seien Preise bei den Panathenäischen Spielen gewesen. Seine Diskus- und Speerwerfer waren am beliebtesten, aber es gab auch eine Version, auf der ein Weitsprungwettkampf zu sehen war. Papas Künstler war ziemlich gut in rotfigürigen Griechen, bärtig, mit spitzen Nasen, leicht vorgezogenen Schultern und ausgestreckten Beinen beim Abschluss ihrer Würfe oder Sprünge. Manch ein zu vertrauensvoller Liebhaber antiker Kunst hatte sich zu einem Kauf beschwatzen lassen.
    Glaucus sah, wie ich die ausgestellten Gewichte betrachtete, und schüttelte den Kopf. Er öffnete die linke Hand und zeigte mir das von ihm benutzte Gewicht. Es sah anders aus. Das hier war aus Stein gefertigt, hatte eine doppelendige zylindrische Form wie eine kleine Hantel und Grifflöcher für die Finger. »Wir Modernen benutzen solche, Falco. Die alten Dinger hängen da nur als historische Erinnerungen.« Er gab mir das moderne Gewicht. Meine Hand sackte hinunter. Es musste fünf oder sechs römische Pfund wiegen. »Ungefähr doppelt so viel wie die alten. Und es gibt sogar noch schwerere.«
    »Gehören die dir?«
    »O ja. Ich benutze die, an die ich gewöhnt bin.«
    »Ich weiß, dass Weitsprung schwierig ist – aber machen die das Leben nicht noch schwerer?«
    Glaucus lächelte. »Übung, Falco!«
    »Helfen die wirklich dabei, dich vorwärtszutreiben?«
    »Allerdings. Damit kann man mehrere Fuß weiter springen.«
    »Dich machen sie jedenfalls zum Sandfloh!« Ich applaudierte ihm grinsend. Dann wurde ich ernst. »Ich frag mich, welche Art wohl bei Valeria benutzt wurde.«
    Glaucus war mir voraus. Er bedeutete dem Musikanten, mit dem Gedudel aufzuhören. Das bleiche Bürschchen, unterernährt und mickrig, hatte improvisiert, während wir uns unterhielten. Sein tonloses Gefiepe verriet uns, dass er wohl nur als Ersatz außerhalb der Saison beschäftigt wurde. »Falco, ich möchte dich Myron vorstellen.« Der Musikant begann sich zu verbeugen und verlor dann sein Selbstvertrauen. »Myron, erzähl Falco, was du mir erzählt hast.«
    »Über die Frau, die ermordet wurde?«
    »Valeria Ventidia, eine Besucherin aus Rom. War sie hier in den Übungsräumen bekannt? Hat sie sich bei den Athleten herumgetrieben?«, fragte ich.
    »Nein. Das ist nicht erlaubt.«
    »War um die Zeit in der Palästra viel los?«
    »Dieses Jahr ist es sehr ruhig. Nur ein paar Nachzügler und welche, die auf gut Glück vorbeikommen.«
    »Also erzähl mir von dem Mord. Du hast erfahren, wie es passiert ist? Gehörte das dabei benutzte Gewicht jemand Bestimmtem?«
    »Nein, es wurde hier von der Wand genommen. Danach wurde es in der Vorhalle gefunden, verschmiert mit Blut und Haaren von dem Mädchen.«
    »Erzähl ihm von dem Gewicht,

Weitere Kostenlose Bücher