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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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ein Magistrat in die Ermittlungen eingemischt?«
    »Aquillius. Aus Korinth. Den Göttern sei Dank, dass er wieder dahin verschwunden ist.«
    »Aus dem Stab des Statthalters?«
    »Verdammter Quästor.« Also irgendein Jungspund in der ersten Stellung seiner Ämterlaufbahn. Ja, noch nicht mal in den Senat aufgenommen, sondern auf irgendeinem unbedeutenden Finanzposten, um zu beweisen, dass er für die Wahl geeignet war. Wusste bestimmt überhaupt nichts. Hatte bestimmt alles vermasselt. Würde bestimmt hochnäsig reagieren, falls ich ihm das jemals sagte.
    »Gibt es hier vor Ort jemanden, an den ich mich wenden sollte?«, fragte ich. »Will ja niemandem auf die Zehen treten. Wer hat sich hier dafür interessiert?«
    »Lacheses. In der Altis. Im Haus der Priester.«
    »Oberpriester?«
    »Zeus, nein! Der Oberpriester hat Besseres zu tun.«
    Ich dankte ihm, obwohl mir das schwerfiel, und er verfluchte mich erneut. Ich machte, dass ich rauskam, wobei mir kalter Schweiß über den Rücken rann.
     
    Ich suchte den Priester auf. Das würde so nützlich sein wie das Kratzen eines Mückenstichs mit einer Feder. Trotzdem musste es getan werden.
    Das Haus der Priester lag an der Nordseite der Altis, im Schatten des Kronoshügels, nahe des Prytaneion, wo die Siegesfeiern stattfanden. Es war nicht das Verwaltungszentrum für die Spiele, enthielt jedoch Ratsräume, in denen Treffen abgehalten werden konnten. Vermutlich konnten die Wärter der Schreine es als säkularen Aufenthaltsraum benutzen, wenn sie dienstfrei hatten. Ich war so säkular, dass man mich in der Vorhalle stehen ließ. Es dauerte fast eine Stunde, bis sich Lacheses bequemte, mit mir zu sprechen.
    Er war schlank und halbseiden. Wenige Priester sind so ehrwürdig, wie man es sich vorstellt. Dieser war um die dreißig – irgendein Gewinner der gesellschaftlichen Lotterie, der genauso gut als Steuereintreiber hätte enden können, statt auf einem religiösen Posten. Er trug einen langen Rauschebart, an den Enden hochgezwirbelt, und glaubte tatsächlich, er sehe gut damit aus.
    Ich teilte ihm auf Lateinisch mit, dass ich Vespasian vertrat. Er antwortete auf Griechisch. »Ich bin hier, um zu helfen.« Er benutzte einen besonders schleimigen Ton für das Abwehren von Eindringlingen, die unangenehme Fragen stellten. »Der Tod der jungen Frau war äußerst bedauerlich. Alle haben um sie getrauert. Bitte überbringen Sie dem Kaiser meine Beteuerung, dass alles genau überprüft wurde. Ein hoher Beamter aus Korinth kam zu dem Schluss, es gebe keine Beweise für eine Anklage. Mehr konnte nicht getan werden. Mehr ist dazu nicht zu sagen.« Er sagte es trotzdem. »Wir würden es vorziehen, dass die Heiligkeit dieses besonderen Ortes nun wieder ungestört bleibt.«
    »Das würde ich auch.« Ich hatte aufgegeben und sprach nun ebenfalls Griechisch. In meinem Hals war ein Kratzen. »Ich meine,
ich
würde es vorziehen, dass junge Frauen aus Rom in Ihrem Heiligtum nicht mehr tot umfallen.«
    Er ruckte wieder mit seinem wuschelbärtigen Kinn, als wäre er ein olympischer Kampfrichter auf einer von Papas rotfigurigen Vasen. Wenn er einen langen Richterstock in der Hand gehalten hätte, dann hätte er mich damit gepikt.
    »Haben Sie dafür gesorgt, Lacheses, dass der Platz aufgeräumt wurde, auf dem die Gruppe ihr Lager hatte?« Er blickte indigniert. Ich konnte mich gerade noch zurückhalten, ihn nicht an seinem Priestergewand zu packen und ihm die Kehle zuzudrücken, bis er sich in die Hose pisste. »Beruhigen Sie sich. Mir ist klar, dass der Boden verunreinigt war.« Bestimmt hatte niemand jemals erwähnt, dass die viel stärker verunreinigte Vorhalle und der Skamma in der Palästra für Mitglieder gesperrt werden müssten, bis sie mittels eines Olivenzweigs mit heiligem Wasser besprenkelt worden waren. Nichts beeinträchtige den Sport. »Wurden auf dem Lagerplatz Hinweise gefunden?«
    »Nichts Bedeutsames.«
    »Was war über die junge Frau zu erfahren?«
    »Dass sie sich mit ihrem Mann gestritten hatte.«
    Davon hörte ich zum ersten Mal, wenngleich es mich nicht überraschte. »Und das steht fest?«
    »Mehrere ihrer Begleiter hatten die beiden gehört. Er hat es nicht geleugnet.«
    »Worüber haben sie sich gestritten?«
    Der Priester sah mich erstaunt an. »Ich habe keine Ahnung.«
    »Netter Zug von Ihnen, die Vertraulichkeit des Ehebettes zu wahren! Glauben Sie nicht, dass es bedeutsam sein könnte? Könnte dieser Streit nicht erklären, warum der Ehemann – falls er sie

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