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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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umbrachte – das getan hat?«
    »Niemand beschuldigt den Ehemann«, versicherte mir der Priester plötzlich. Er roch die Gefahr einer Klage wegen Verleumdung oder schlechter Verfahrensführung. »Alles wurde untersucht. Nichts deutete auf einen bestimmten Verdächtigen. In Olympia ist ein ständiges Kommen und Gehen. Es war offensichtlich, dass der Mörder ein Fremder sein musste, der sich in dem Durcheinander nach der Entdeckung der Leiche aus dem Staub gemacht hat.«
    »Besucher der Heiligtümer durften sich zerstreuen?«
    »Oh, wir hätten wohl kaum …«
    »Vergessen Sie es! Niemand erwartet, dass Sie Ihre Pilger zusammenpferchen, nur weil ein kleines römisches Mädchen tot aufgefunden wurde. Erwarten Sie, dass dieser fröhliche Mörder zur nächsten Olympiade wieder hier auftaucht?«
    »Das liegt in den Händen der Götter.«
    Ich verlor die Geduld. »Leider leben wir in modernen Zeiten. Allmählich habe ich das Gefühl, Lacheses, dass meine Rolle darin bestehen wird, die Götter zur Verantwortung zu ziehen. Ihnen bleibt kaum mehr als ein Jahr, bevor Ihr Heiligtum von Menschen überflutet wird. Mein Rat lautet: Nutzen Sie die Zeit, um diesen Mann zu schnappen.«
    Der Priester hob die Augenbrauen, bestürzt über meinen Ausbruch. »Sind Sie fertig, Falco?«
    »Nein. Was ist mit dem
anderen
Mädchen? Was ist mit Marcella Caesia, deren Vater ein Jahr nach ihrem Verschwinden ihre Knochen auf dem Kronoshügel fand?«
    Er seufzte. »Ein weiterer bedauerlicher Vorfall …«
    »Und wie wurde der untersucht?«
    »Das war vor meiner Zeit, fürchte ich.«
    »Furcht ist das richtige Gefühl«, warnte ich ihn. »Diese Todesfälle werden Ihnen direkt ins Gesicht springen wie all das Schlechte aus der Büchse der Pandora.« Ich griff zu meiner eigenen Befriedigung auf Legenden zurück, was jedoch an Lacheses verschwendet war, genau wie meine Wut. »Wenn ich herausfinde, dass irgendjemand in diesem Refugium oder den daran angeschlossenen bombastischen Sportstätten etwas mit dem Tod von Marcella Caesia oder dem von Valeria Ventidia zu tun hatte, wird sich hier heilige Vergeltung ausbreiten wie die Pest – und jeder, der mich belogen hat, wird der Erste sein, der zur Rechenschaft gezogen wird.«
    Ich spürte, dass der Priester kurz davor war, die Wächter zu rufen, also machte ich auf dem Absatz kehrt und ging.
    War es nicht die Hoffnung, die in der Büchse blieb, nachdem Pandora damit herumgepfuscht hatte? Allerdings hatte ich in diesem Fall nicht viel Hoffnung.
     
    XIV
    Der unerfreuliche Morgen hatte wenigstens einen Vorteil gehabt: Jetzt wusste ich aus erster Hand, warum Caesius Secundus das Gefühl gehabt hatte, an der Nase herumgeführt worden zu sein. Ich verstand seine Frustration und Besessenheit. Ich konnte sogar verstehen, warum die Tullius-Familie klein beigegeben und mit ihrem Leben weitergemacht hatte. Bitternis und Wut stiegen in mir auf und schmeckten wie Galle.
    Ich stapfte durch die Altis zur südöstlichen Ecke, wo sich hinter Neros halbfertiger Villa ein Ausgang in der Umfassungsmauer befand. Kurz davor kam ich an einer morschen Holzsäule vorbei. In ihrem schmalen Schatten traf ich auf meine Reisegruppe – die hochgewachsene, weiß gekleidete Gestalt von Helena Justina, Albia, etwas kleiner und lebhafter, der stämmige Cornelius und Gaius, finster blickend wie immer, als würde er planen, sich für sämtliche eingebildeten Beleidigungen der Gesellschaft zu rächen. Ich tat meine Pflicht und begrüßte sie knurrend.
    »Marcus, mein Liebling! Wir haben uns einen Touristen-Vormittag gegönnt und einen ›Pelops‹-Rundgang unternommen.«
    Ich war nicht in der Stimmung für fröhlichen Tourismus und gab dem auch Ausdruck. Helena sah immer noch bleich aus und bewegte sich schleppend. »Ich dachte, du lägst zusammengekrümmt in unserem Zimmer«, maulte ich sie an.
    Sie verzog das Gesicht. »Die Schwester des Pförtners hat vielleicht zu viel Öl und Oregano in ihren Lammeintopf getan. Aber hör zu – im Brief meines Bruders stand, dass Valeria und die anderen Frauen an dem Tag, als Valeria starb, einen Rundgang zu den Pelops-Erinnerungsstücken unternommen haben.«
    Ich stöhnte bei dem Gedanken, gab aber nach. Im Schatten einiger Palmen setzten wir uns im Kreis um Helena auf den Boden.
    »Das hier ist die letzte Säule des Palastes von Oinomaos.« Sie deutete auf den vermoderten Holzrest, bei dem ich sie gefunden hatte. »Es wird euch sicher enttäuschen, dass keiner der abgeschlagenen Köpfe der

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