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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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diesem Garten waren meine Gleichnisse^^*) und viele meiner frühern Gedichte entstanden, hier waren mir sehr angenehme Stunden verflossen, und diese Bäume hatten auch oft meine Tränen gesehen. Ich schied ungern von diesen Erinnerungen meiner Kind-heit und ersten Jugend, aber es mußte sein, das er-kannte ich, und so faßte ich mich mit Ernst und gutem Willen, und ergab mich in das Unausweichbare.
    Das Landhaus wurde verkauft ^^^). Wir bewohnten es, dem Kaufkontrakte gemäß, noch bis zum Winter, und mit wehmütigem Gefühl genoß ich die zwei oder drei letzten Monate, welche es mir daselbst zuzubrin-gen vergönnt war. Kaum aber waren wir weggezogen, so ging auch eine gewaltige Veränderung mit dem Gar-ten vor. Der Strahl des reinsten Quellwassers, das — durch eine, meinem seligen Vater von dem Magistrat in Wien bewilligte Seitenleitung aus der großen Wasserleitung, welche das frische Quellwasser in die Röhrbrunnen der Vorstädte und der Stadt führt^®^) — in unserm Gartenbassin lustig in die Luft sprang, unser Haus und oft die Nachbarschaft mit kösthchem Trink-wasser und den Garten mit hinreichender Feuchtigkeit versorgte, dieser Wasserstrahl wurde sogleich von dem Magistrat zurückgenommen und das Bassin in unserm ehemaligen Garten stand leer. Der Sinn der neuen Besitzer war auch ein ganz anderer, die Anlagen wur-den vernachlässigt, die Gebüsche verwilderten, die kleinen Partien — eine Einsiedelei, ein Wasserfall, zier-Hche Brücken usw. — verfielen, und oft mahnte mich dieses Zurücksinken einer vormals HebHchen Schöpfung in einen Zustand der Verwilderung durch den Tod eines einzigen vorzügHchen Mannes an jene Episode in Wielands Oberen, wie das kleine Paradies, das Titania
    um des greisen Alphons willen in der Wüste hervor-gezaubert hatte, nach seinem Tode sich wieder in eine Wüste verwandelt^').
    Der Winter verging uns in seinem Beginne bis nach dem Karneval ziemlich angenehm. Meine Kleine ge-dieh sichtlich, und es wurde beschlossen, sie nächsten Frühling, den wir schon in unserm neuen Hause in der Alservorstadt zuzubringen gedachten, dort einimpfen zu lassen. Dies Haus, das kürzlich seinen Besitzer, einen der berühmtesten Ärzte Wiens und einen guten Bekannten von uns, durch den Tod verloren hatte, war von ihm, der damals noch in der Blüte seiner Jahre stand, aufs zierlichste eingerichtet worden. Hun-czovsky^^^) (das war sein Name, der gewiß bei manchem in Wien in lebhaftem und dankbarem Andenken sein wird) war ein sehr gebildeter Mann, ein großer Kunst-freund, und, was noch mehr sagen will, und was sein Tod bewies, ein edler Menschenfreund. Die meisten und schönsten Zimmer seines Hauses hatte er seinen Sammlungen gewidmet. Da war eine ansehnliche Bib-liothek, ein ganzes Zimmer voll Handzeichnungen, die an den tiefblauen Wänden desselben in prächtigen Gold-rahmen prangten, ein anderes mit den schönsten Kup-ferstichen, in dem sich überdies eine zahlreiche Mine-raliensammlung in IG—12 höchst eleganten Glas-schränken befand; endlich ein eigens dazu eingerich-teter Saal mit Gemälden. Hier lebte der Besitzer mit einer hübschen, jungen Frau, die er kürzlich geheiratet, umgeben von seinen Kunstschätzen und in der nahen Erwartung, bald Vater zu werden. Da entriß ihm zu-erst der Wille Gottes die Frau, welche, wenn ich nicht irre, bei der Geburt eines Knaben blieb ^^^). Kaum ein oder anderthalb Jahre darauf hatte Hunczovsky einen
    Kranken zu behandeln, der an einem sehr bösartigen Gescliwüre litt. Es sollte geöffnet werden, Hunczovsky war Arzt und ein sehr berühmter Wundarzt zugleich; er schickte sich an, die Operation zu machen und voll-endete sie auch glücklich; aber er verwundete sich da-bei in der Hand, und zwar so, daß er blutete, und zwar in dem Augenblicke, als die Lage seines Kranken ihm nur die Wahl ließ, entweder die Wunde, die er diesem gemacht hatte, fahren zu lassen, wodurch der Kranke aufs Äußerste gefährdet worden wäre, oder zuzugeben, daß die giftige Jauche seine eigene verwundete Hand berühre und in sein Blut übergehe. Hunczovsky wählte das letzte. — Er besorgte und verband seinen Kranken, der wahrscheinlicherweise genaß. Er selbst aber fühlte bald die Folgen seiner großmütigen Auf-opferung. Seine Wunde verschlimmerte sich, die Hand schwoll, endlich der Arm; — das Übel verbreitete sich mit ungeheurer Schnelligkeit im ganzen Körper, und er starb als ein Opfer seiner Menschenfreundlich-keit. Friede sei seiner Asche!
    Vielleicht wird manchem,

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