Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
folgte, wie man sich zu verständigen und zu , besinnen anfing, die schöne Hoffnung auf den Frie-den, der denn auch ein paar Monate später zu Lüne-ville geschlossen wurde. ^
In Wien atmete alles neu auf. Mit der Hoffnung kehrten Ruhe und Frohsinn wieder, unsere Abend-unterhaltungen wurden wieder still und genußreich wie zuvor. Baron Geramb ließ sein Freikorps auseinander gehen, das ihm indessen den Titel und Rang eines kai-serlichen Obersten verschafft hatte, und beschäftigte sich jetzt wieder mit etwas neuem, nämhch ein Gedicht über die Geschichte des Habsburgischeh Hauses von irgend jemand verfassen und in alle europäischen Spra-chen, die türkische nicht ausgenommen, übersetzen, mit stattlichen Vignetten auszieren, und in einer Prachtausgabe in FoHo erscheinen zu lassen. Auch dieses Unternehmen erregte Aufsehen, und wahrschein-lich war dies ein Hauptzweck des Unternehmers, der bald nachher durch ein Duell, dessen Kampfplatz der Ätna oder Vesuv sein sollte, in allen Zeitungen be-
kannt wurde, und seine unruhige Lebensbahn im Kloster La Trappe endete^').
Erzherzog Karl, an dem das Volk mit großer Liebe hing, war im Anfange des Jahres 1801 zum Chef der ganzen Armee und zum Hofkriegspräsidenten er-nannt worden. Bald darauf ergriff ihn sein ge-wohntes Übel mit außerordentlicher Heftigkeit, er wurde nach Wien und ins Batthyanische Haus in der , Schenkenstraße gebracht, das von nun an den ganzen Tag von Haufen Volkes umlagert war, welches Nach-richten von dem Befinden des aUgeliebten Erzherzogs zu haben wünschte. Man zitterte allgemein für sein Le-ben, denn der Anfall war ungewöhnlich stark gewesen, und tausend Gebete und Wünsche stiegen für ihn zum Himmel. Endlich erhörte di-^ser unser einstimmiges Flehen, die Krankheit wich und man durfte mit Zuver-sicht auf Genesung hoffen'^^.
Auch ich gehörte unter die Zahl seiner wärmsten Verehrerinnen, obgleich ich ihn nie anders als von wei-tem gesehen, aber schon seit seiner joyeuse entree in Brüssel, so viel Edles, Schönes und Großes von ihm ge-hört und miterlebt hatte, daß in meiner Seele immer ein Altar für diesen Fürsten stand und noch steht, auf welchem eine nie verlöschende Flamme der Ver-ehrung lodert, und mit allem, was ich Edles und Gro-ßes von ihm vernahm, genährt wird. So war es natür-lich, daß mein Gefühl der Freude über die Genesung dieses Helden sich in einem Gedichte ^^^) aussprach, von dem ich wünschte, daß es vor seine Augen kommen und ihm zeigen sollte, wie sehr und wie aufrichtig er von dem Volke geliebt 'werde, das ihm so viel zu verdanken hatte.
Graf Chorinsky, der Gemahl meiner Freundin, befand sich damals gerade in Wien''"''), er hatte durch
einen Verwandten oder durch seine eigene Persönlich keit, die so äußerst schätzbar war, leichten Zutritt zu dem Erzherzog, ihn bat ich also, es einzuleiten, daß der königliche Held das Gedicht bekomme, und in ihm den Ausdruck nicht bloß nfemer, sondern der Verehrung des ganzen Volkes lese, daß er aber ja nicht glaube, es wäre auf ein Ehrengeschenk dabei abgesehen; denn da-mals und später noch mehr wurde der Erzherzog mit Dedikationen von Büchern und Lobgedichten, für die alle ein barer Lohn erwartet wurde, völlig bestürmt, bis er später dies förmlich verbat und verbot.
Wie ich gewünscht hatte, so ward es mir auch. Gi"af Chorinsky hatte mit feinem Gefühl sich der Sache an-genommen, und ich erhielt das, was mir das Liebste war, ein Handbillett des allverehrten Helden, begleitet von einem verbindlichen Briefe seines, damals viel ge-nannten und von der ganzen Welt beachteten Hof-oder Staatsrates Faßbender*"^).
Das Schreiben des Erzherzogs Karl ist schön an sich und zu teuer für mich, um ihm nicht einen Platz in diesen Blättern einzuräumen, die ja doch nur der Er-zählung der an sich unbedeutenden Begegnisse meines Lebens für sich, und in Verbindung mit den öffent-lichen Ereignissen, so wie den Fortschritten auf meiner schriftstellerischen Laufbahn gewidmet sind.
„Ich bin äußerst gerührt über die schöne und ge-fällige Art, womit Sie mir Ihre Teilnahme an mei-ner Genesung bezeugen, und freue mich, daß Wien eine Dichterin besitzt, die reine Empfindung, leb-hafte Darstellung und richtige Sprache in so voll-kommenem Maße verbindet. Sehr willkommen würde es mir sein, Ihnen etwas Angenehmes zu er-weisen, so wie ich mit Vergnügen die gegenwärtige
Gelegenheit nicht unbenutzt lasse, Sie meiner auf-richtigsten Ergebenheit und ganz vorzüglichen
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