Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
ihrer Verehe-lichung (oben S. 189). — Seine Frau hieß Maria Theresia und war eine geborene v. Leporini. Sie starb am 1. Februar 1798, 44 Jahre alt, an gallichtem Faulfieber, drei Kinder (Albert Joachim Franz, geb. 1787; Heinrich Hermann Josef, geb. 1788 und Maria Antonia, geb. 1790) zurücklassend, von denen Hein-rich der rühmlichst bekannte, spätere österreichische Feldmar-schall ist (vgl. Verlassenschaftsakten im Archiv des Wiener Landesgerichtes, Fasz. V, Nr. 15, ex 1798; Totenprotokolle der Stadt Wien. Handschrift im Wiener Stadtarchiv. Bd. 126, Buchst. H, Fol. 7a).
25^) Zu dieser Zeit wohnte der Regierungsrat v. Heß in der Kärtnerstraße Nr. 1082 (später 1139; Hof- und Staatsschema-tismus, 1791, S. 146; 1793, S. 140). — Diese vielen Briefe wurden unter Richardsons (Grandison) und Hermes (Sophiens Reisen) Einfluß geschrieben, wie die Pichler 1819 der Therese Huber in einem Briefe mitteilte (K. Glossy, Grillparzer-Jahrb. III, S. 286).
256 a) über diesen Frohsinn, der Karoline durchs ganze Leben begleitete, vgl. man auch zwei sehr interessante Briefstellen an die Huber aus den Jahren 1819 und 1820 (K. Glossy, Grillparzer-Jahr-buch. III, S. 289!. und 294).
257) Über die Stoa schrieb Pichler später eine Abhandlung „Zwey Briefe über die Stoa und das Christenthum" (S. W.2 XVIII, S. 211 ff.), die auch einzeln erschien (Über die Stoa und das Christenthum in zwey Briefen. Wien und Leipzig 1822). Es ist dies eigentlich eine autobiographische Skizze, in der sie ihr jugendliches Hinneigen zur Stoa, die ihrer ganzen IndividuaUtät entsprach, deren Lehren mit dem Christentum im allgemeinen übereinstimmten, schilderte, die sie aber im Grunde nicht glücklich machte (S. W. 2 XVIII,-
S. 2i6f.). Das Im tiefsten Grunde ihrer Seele schlummernde wahre Christentum, das sie, ihrer Zeitrichtung folgend, zurück-gedrängt hatte (vgl. oben S. 72!, 85 f., 113 f., 128 f.), machte seine Rechte geltend, und nun kam die Zeit der Zweifel; hie Christentum, hie Stoa war das Losungswort, und an Stelle der stoischen Tugend trat die christliche Demut (S. W. * XVIII, S. 221 ff.). Um ihre Zweifel zu lösen, deckte sie, denn der Name Lucidor ist nur ein Deckmantel, dem altbewährten Lehrer Adrast, wir erkennen in ihm ihren späteren Seelenführer P. Mar-cellian Lunger (vgl. II, S. 65 ff., III), ihren Seelenzustand auf, und dieser wies sie darauf hin, daß die Stoiker, im besonderen Seneca, nicht, was ihre Grundmeinungen betreffe, dem Chri-stentum entgegengesetzte, sondern nur verschiedene Wege wan-deln, wie ein Vergleich von Stellen ihrer Schriften mit christ-lichen Schriftstellen beweise. Den stoischen Geist möge Luci-dor beibehalten, aber mit der christlichen Demut verbinden (S. W. 2 XVIII, S. 264f.). Wenn Karoline Pichler in dieser Ar-beit, die sich im zweiten Brief vielfach mit ihrer Abhandlung über das Gebet (II, S. 343 ff.) berührt, den Stoikern und Seneca Ahnungen des christlichen Geistes zuschreibt, so stimmt sie mit Michael Baumgarten (Lucius Annaeus Seneca und das Christenthum in der tief gesunkenen antiken Weltzeit. Rostock 1895. S. 233) überein, der aber in seiner Übersicht über den Einfluß Senecas in Deutschland (a. a. O. S. 28 ff.) der Pichler nicht gedenkt.
**'*) Die Braut von Messina. 4. Aufzug. 10. Auftritt: Schluß-verse. — Dieser Vers, auch in einem Gedichte der Pichler an Abt Ladislaus Pyrker variiert wiederkehrend (S. W. ^ XVI, S. 136, Str. III, 4, 5) und sonst öfter verwendet (S. W. ^ XVIII, S. 217), bildete den Ausgangspunkt für ihre Romane „Agathokles" und „Frauenwürde" (vgl. 11, S. 107).
*^) Epistel 102: dies iste, quem tanquam extremum reformidas, aeterni nataüs est. Vgl. Clemens Kickh, Gott, Mensch, Tod und Unsterblichkeit. Eine Blütenlese aus den Schriften des L. Annaeus Seneca. Wien 1874. S. 76. Diese Stelle wird von der Pichler auch in ihrer Abhandlung „Über die Stoa und das Christenthum" (oben Anm. 257) zitiert (S. W. « XVIII, S. 255). — Kickh, S. 63 ff. stellt eine große Anzahl Zitate aus Senecas Schriften zusammen, die über den Tod und die Unsterblichkeit handeln. Vieles davon berührt sich mit dem, was die Pichler hier und in ihrer Ab-handlung „Über die Stoa" zum Ausdruck bringt. — Diese zitiert in den „Denkwürdigkeiten" noch öfter Stellen aus Seneca (vgl. das Register im IL Band unter Seneca), denn sie besaß in ihrer Bibliothek dessen „Opera omnia" (Lipsiae 1770 bei Weid-
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manns Erben; Nr. 36 im Verzeichnis ihrer Bücher im Verlassen-schaftsakt);
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