Der 8. Tag
innerlich anspannte. Einen herumschnüffelnden Pressemenschen war das Letzte, was sie im Moment gebrauchen konnte, sie versuchte aber ihr Erschrekken nicht zu zeigen. Sie war schon früher nach ihren Ansichten über ihr Fachgebiet und dessen Entwicklungsmöglichkeiten befragt worden und schon mehr als einmal mit einer neuen Theorie oder Hypothese in Erscheinung getreten. Vielleicht ging es nur darum.
»Ich bin sicher, Sie haben nicht die weite Reise unternommen nur um mir Guten Tag zu sagen«, meinte sie so leichthin, wie es ihr möglich war, klappte ihr Buch zu und legte es neben sich auf die Bank.
»Darf ich?«, fragte er. Als sie nicht widersprach, drehte er das Buch um, sodass er den Titel lesen konnte. Es war ein Band mit Essays über künstliche Intelligenz, die sowohl von Philosophen als auch von Fachwissenschaftlern verfasst waren.
»Nein, nicht nur«, setzte er das Gespräch fort. »Ich weiß um Ihren Ruf und hatte schon immer geplant Sie einmal aufzusuchen. Ich arbeite an einer Reportage, in deren Zusammenhang ihr Name gefallen ist.«
»Wirklich? Mein Name?« Sie war froh, dass ihre Stimme fest, ein bisschen neugierig und sogar ein wenig amüsiert klang.
»Ich will Ihnen erst einmal versichern, dass das, was wir besprechen, unter uns bleibt. Ich werde Sie nicht zitieren, ohne Sie vorher von der Veröffentlichung zu informieren.«
»Vielen Dank«, entgegnete sie. »Ich weiß das zu schätzen.
Erzählen Sie mir von dieser ›Reportage‹.«
Er lehnte sich zurück, legte den Fuß des in Jeans und Stiefeln steckenden Beines auf das andere Knie und nahm damit eine Haltung ein, die Tessa immer als typisch amerikanisch angesehen hatte. Tim Kelly hatte es genauso gemacht.
»Sagen Sie, Dr. Lambert, kennen Sie einen FBI-Mann namens Tim Kelly?«
Sie war von der Frage verblüfft, da sie prompt auf ihre letzten Gedanken folgte, so als ob er diese gelesen hätte.»Ja. Ja, den kenne ich. Warum?«
»Gerüchte besagen, dass eine Gruppe von Leuten am
Caltech und anderswo ihm und dem FBI geholfen haben einen Hacker ausfindig zu machen. Niemand am Caltech macht den Mund auf, aber meine Informationen aus anderen Quellen behaupten, Sie hätten etwas damit zu tun. Stimmt das?«
Sie antwortete nicht gleich, sondern musterte ihn und dann den halb gegessenen Apfel, den sie immer noch in der Hand hielt. »Ganz im Vertrauen, ja?«, fragte Tessa.
Er zog eine Hand aus der Jacketttasche und streckte sie mit der Handfläche in Tessas Richtung aus, als ob er einen Schwur leisten wollte. »Voll und ganz. Ich versuche nicht Sie hereinzulegen oder einen Skandal heraufzubeschwören. Das sind nur Hintergrundinformationen.«
»Hintergrundinformationen für was?«
»Ich bin Wissenschaftsjournalist. Nichts weiter. Wenn jemand sich ein wenig am Rande der Legalität bewegt hat, dann kümmert mich das nicht. Ganz ehrlich. Und ich habe ganz bestimmt nicht vor Namen zu nennen. Doch«, er lächelte sie an und zuckte kurz mit den Schultern, »ich würde gerne schreiben, wie sie es gemacht haben.«
Sie wandte den Kopf ab. Ihr Blick schweifte über die weite, grüne Fläche und die Menschen, die in einiger Entfernung entlangschlenderten. »Ja, es stimmt«, gab sie mit ruhiger Stimme zu. »Ich bin darum gebeten worden, dabei zu helfen, jemanden ausfindig zu machen. Nicht direkt, sondern durch einen engen Freund.«
»Und haben Sie geholfen?«
»Ja, das habe ich. Es gab keinen Grund es nicht zu tun.«
Er nickte, blickte sich eine Weile auf dem Campus um und wandte sich dann wieder Tessa zu. Sie wich seinem Blick immer noch aus.
»Als man Sie darum gebeten hat, da waren Sie doch in Berlin?«
Das brachte sie dazu, ihn sofort und überrascht anzusehen, was sie dadurch zu verschleiern suchte, dass sie von ihrem Apfel abbiss und dann wieder wegsah.
»Ja, ich war tatsächlich in Berlin«, gab sie zurück.
Er beobachtete, wie sie kaute und den Bissen hinunterschluckte, einen weiteren Bissen nahm und versuchte nicht so beunruhigt auszusehen, wie sie ganz offensichtlich war.
»Ich habe heute Morgen schon versucht mit Kelly zu sprechen«, erklärte er. »Ich habe in seinem Hotel nachgefragt, aber er war nicht da. Haben Sie ihn zufälligerweise gesehen?«
»Nicht heute Morgen. Er hat mich gestern Abend besucht.«
»Was wollte Mr. Kelly denn genau von Ihnen, Dr. Lambert?«
»Tut mir Leid«, entgegnete sie, »aber das sollten Sie ihn besser selbst fragen.«
Er studierte sie weiter, ließ sich dabei Zeit und den Druck auf sie wirken.
»Es gibt
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