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Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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nicht geschnappt hatte, würde der Mann ihr gegenüber sich nicht völlig entspannen können.
    »Ich befürchte, dass dieser Ausflug hierher für Sie eine reine Zeitverschwendung ist.«
    »Ich würde nicht sagen eine reine. Zumindest hoffe ich nicht.«
    Sein Tonfall und sein Gesichtsausdruck waren immer noch ernst, doch jetzt wegen etwas anderem, nicht mehr wegen der Verbrechen dieses Mörders und all der anderen Dingen, die zu Hause auf ihn warteten. Seine Augen waren auf Tessa gerichtet und sie bemerkte in ihnen diese unerwartete Schüchternheit, die sie schon vorher einmal bemerkt hatte, so als ob er etwas sagen wollte, sich aber nicht traute. Er schien erleichtert, als der Wein kam und er seine Aufmerksamkeit etwas anderem zuwenden konnte. Er kostete ihn kurz und ohne viel Aufhebens und nickte dann zustimmend. Als ihre Gläser gefüllt waren, prostete er ihr über den Tisch hinweg zu.
    »Es war schön, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Tessa.
    Schade, dass es nur so kurz ist.«
    »Wenn Sie wieder in Kalifornien sind«, meinte sie, »dann müssen Sie mich auf dem Laufenden halten.«
    »Wenn wir ihn gefangen haben, werden Sie davon hören.«
    »Nein, ich meine nicht die Zeitungen oder das Fernsehen.
    Ich will Hintergrundinformationen.«
    Er schien einen Moment darüber nachzudenken. Vielleicht zögerte er nur das zu sagen, was er schließlich doch aussprach.
    »Sie sollten einmal rüberkommen und sich ansehen, wie wir dort arbeiten. Waren Sie schon einmal in Kalifornien?«
    »Ich habe mich schon ein paar Mal mit Leuten aus dem Silicon Valley getroffen. Das war vor drei, nein vier Jahren. Ich hatte einen so engen Terminplan, dass ich nichts gesehen habe als, na ja, Computerchips.«
    »Es ist schon wert sich ein bisschen mehr Zeit zu nehmen, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Los Angeles ist, nun, wie soll man sagen, eine interessante Stadt.« Er dachte noch einmal nach, wobei sich sein Gesichtsausdruck zum Ironischen hin veränderte. »Ja, interessant trifft die Sache. San Francisco würde Ihnen gefallen, es gefällt allen Europäern. Und der Norden, mit den Redwood-Wäldern und den Weinanbaugebieten, ist sehr beeindruckend. Man kann dort eine Woche, sogar mehrere Wochen herumfahren und jeden Moment etwas Neues, Überwältigendes sehen.«
    »Das würde mir gefallen.« Sie drehte ihr Glas mit dem Wein in der Hand, betrachtete die dunkelrote Flüssigkeit, als suchte sie nach einer Erklärung für das, was hier gerade vor sich ging, und einen Hinweis auf die Zukunft. »Es ist so verrückt, dass wir nie Zeit haben zu tun, was wir wollen, nur immer die Zeit das zu tun, was wir müssen.«
    »Es wäre schön, wenn es keinen Unterschied gäbe. Ich meine zwischen dem, was wir wollen und was wir müssen.
    Glauben Sie nicht auch?«
    Sie blickte ihn an. »Ist das bei Ihnen so?«
    Er runzelte die Stirn, als ob er angestrengt darüber nachdenken würde. »Ich glaube, ich war immer der Meinung nur das zu tun, was ich selbst wollte. Doch jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Vielleicht will ich jetzt andere Sachen. Nur weiß ich nicht, welche.«
    Die Vorspeise wurde gebracht und sie unterhielten sich eine Weile über das Essen. Er bestätigte ihr, dass die Küche so gut war, wie sie ihm erzählt hatte, machte aber die Einschränkung, dass er kein großer Experte in solchen Dingen wäre.
    »Erzählen Sie von sich, Tessa«, forderte er sie nach einer Weile auf. »Wie war ihr Leben? Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?«
    Sie konnte sich als Antwort auf seine Fragen eine kurze, belustigte Grimasse nicht verkneifen. »Ich dachte, Ihre Freunde im Geheimdienst hätten Ihnen schon alles gesagt.«
    »Nicht die interessanten Sachen«, gab er lächelnd zurück.
    »Nur die Fakten und da auch nicht besonders viele.«
    Sie gab ihm einen kurzen Überblick über ihr Leben und achtete sorgfältig darauf, den ersten Jahren nicht allzu viel Gewicht beizumessen. Der Schmerz über den Tod ihrer Eltern war tief gewesen, aber schon lange überwunden. Über die Jahre, die sie bei ihrer Tante und ihrem Onkel zugebracht hatte, erzählte sie nicht ausführlich. Sie kam so schnell es ging an den Punkt, wo sie das Glück hatte eine Beschäftigung zu finden, die ihr Spaß machte. Sie hielt sich nicht für jemand Besonderes und wollte auch nicht danach klingen.
    »Und Sie?«, fragte Tessa. »Sind Sie in Kalifornien geboren?«
    »Ich wurde in New York geboren. Mit einem Namen wie Kelly brauche ich Ihnen nicht zu sagen, dass meine Familie irischer Abstammung

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