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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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irgendeines armen Tiers, das ihr als Morgenmahlzeit gedient hatte, aber soeben wischte ihre lange rosa Zunge die letzten Spuren fort. Sie trabte munter auf Simon zu, die Ohren gespitzt, als plane sie etwas ganz Bestimmtes. Aber sie blieb nur kurz bei ihm stehen, um sich kraulen zu lassen, und rollte sich dann an seiner Seite zusammen. Sie hatte lediglich einen Ort für ein Nickerchen gegen einen anderen ausgetauscht. Die Wölfin war so groß, dass sie Simon, als sie sich an sein Bein drückte, fast von seinem steinernen Sitz schob.
    Als Simon fertig gegessen hatte, öffnete er die Klappe seines Rucksacks und suchte seine Wasserflasche. Mit ihr kam ein blaues Knäuel heraus, das sich um die Trageschnur gewickelt hatte.
    Es war der Schal, den Miriamel ihm geschenkt hatte, derselbe, den er auf dem Weg zum Drachenberg um den Hals getragen hatte. Jiriki hatte ihn ihm abgenommen, als er ihn gesund pflegte, den Schal aber mit Simons anderen kargen Besitztümern achtsam wieder verstaut. Jetzt lag er in Simons Hand wie ein Streifen Himmel. Fast hätte er bei dem Anblick brennende Tränen vergossen. Wo in aller Welt war Miriamel? Geloë hatte es ihm bei ihrem kurzen Kontakt nicht sagen können. Wo in Osten Ard mochte die Prinzessin umherirren? Ob sie wohl je an Simon dachte? Und wenn ja – was dachte sie?
    Wahrscheinlich: Warum habe ich einem schmutzigen Küchenjungen meinen schönen Schal geschenkt? Einen kurzen Augenblick genoss es Simon, sich in Selbstmitleid zu ergehen. Aber er war ja schließlich nicht irgendein Küchenjunge. Wie Sludig gesagt hatte, war er ein Küchenjunge, der mit dem Schwert auf Drachen losging und Riesen tötete. Allerdings wäre er gerade jetzt lieber Küchenjunge in einer hübschen warmen Küche auf dem Hochhorst gewesen, als irgendetwas anderes.
    Simon schlang sich Miriamels Schal um den Hals und stopfte die Enden unter den Kragen seines zerfetzten Hemdes. Er trank einenSchluck Wasser und wühlte dann weiter in seinem Rucksack, fand jedoch nicht, was er suchte. Dann fiel ihm ein, dass er es in die Manteltasche gesteckt hatte, und für einen Augenblick bekam er einen furchtbaren Schrecken. Wann würde er lernen, besser aufzupassen? Es hätte hundertmal herausfallen können. Erleichtert und getröstet fühlte er seinen Umriss durch den Stoff und holte nach einigem Herumgraben den Gegenstand heraus ans Sonnenlicht.
    Jirikis Spiegel war eisig kalt. Er wischte ihn mit dem Ärmel ab, hielt ihn dann hoch und betrachtete sein Spiegelbild.
    Seit er sich zum letzten Mal betrachtet hatte, war sein Bart erheblich gewachsen. Das rötliche Haar, im Dämmerlicht fast braun, begann die Linie seines Kinnes zu verwischen; aber über dem Bart stach dieselbe alte Nase hervor, und dieselben blauen Augen sahen ihn an. Ein Mann zu werden bedeutete wohl nur, sich um ein Weniges zu verändern, ein irgendwie enttäuschender Gedanke.
    Immerhin versteckte der Bart den größten Teil seiner Pickel, wofür er dankbar war. Bis auf ein paar Hautunreinheiten auf der Stirn fand er sich einem jungen Mann einigermaßen ähnlich. Er hielt den Spiegel schräg und schaute nach dem weißen Streifen, den das Drachenblut in seine rötlichen Locken gesengt hatte. Machte er ihn älter? Männlicher? Es war schwer zu sagen. Allerdings ringelte sich sein Haar jetzt bis auf die Schultern. Er konnte Sludig oder einen anderen bitten, es ihm kürzer zu schneiden, so wie viele Ritter des Königs es getragen hatten. Aber wozu der Aufwand? Wahrscheinlich würden die Riesen sie alle umgebracht haben, bevor es so lang wurde, dass es ihn störte.
    Er ließ den Spiegel in den Schoß sinken und starrte hinein wie in einen Teich. Unter seinen Fingern begann der Rahmen sich endlich zu erwärmen. Was hatte Jiriki gesagt? Der Spiegel würde nichts anderes als ein gewöhnlicher Spiegel sein, solange Simon nicht in Not war? Das war es. Jiriki hatte gesagt, Simon könne mit ihm sprechen … mit dem Spiegel? Im Spiegel? Durch den Spiegel? Jiriki hatte sich keineswegs klar ausgedrückt, aber einen Augenblick lang hatte Simon die größte Lust, ihn zu Hilfe zu rufen. Der Gedanke kam ungebeten, aber seine Widerhaken ließen sich nicht so leicht abschütteln. Er würde Jiriki rufen und ihm sagen, dass sie Hilfe nötig hätten.Der Sturmkönig war ein Feind, den Sterbliche allein nicht besiegen konnten.
    Aber der Sturmkönig ist nicht hier, dachte Simon, und Jiriki weiß alles über unsere Lage, was er wissen muss. Was sollte ich ihm erzählen ? Dass er wieder in die

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